TÜV Austria eröffnet neue EMV-Prüfhalle in Wien
Elektromagnetische Verträglichkeit auf dem Prüfstand
Erstmals können ganze Fahrzeuge gemessen werden (© TÜV AUSTRIA/Andreas Amsüss) |
Wien (pts018/10.12.2015/13:00) Handy, Geschirrspüler oder Auto: Wo Strom fließt, wird auch elektromagnetische Strahlung emittiert. Damit sich einzelne Komponenten und Geräte nicht gegenseitig stören oder lahmlegen, steht vor der Serienproduktion die Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) auf dem Prüfstand. Heute, Donnerstagabend, eröffnet der TÜV Austria eine neue EMV-Prüfhalle im 23. Wiener Gemeindebezirk, die vor allem der steigenden Nachfrage im Fahrzeugbereich Genüge tun soll.
EMV-Messungen führt der Prüf- und Zertifizierungsdienstleister schon seit mehr als 20 Jahren durch, wie Wilhelm Seier, bei TÜV Austria für Nachrichtentechnik und EMV zuständig, im Gespräch mit APA-Science erklärt. Durch den immer größeren Anteil von elektronischen Komponenten habe sich aber ein zunehmender Bedarf ergeben, nicht nur Komponenten, sondern ganze Fahrzeuge beurteilen zu können. Auch große Hersteller aus dem Automotive-Bereich bis hin zu den Zulieferern hätten aufgrund des verstärkten Innovationsdrucks und ständig neuer Spezifikationen nicht immer die Möglichkeiten, solche Messungen selbst vorzunehmen.
Elektrische und elektronische Geräte emittieren grundsätzlich elektromagnetische Felder, können aber auch von externen Feldern beeinflusst werden. "Wenn es zu Beeinträchtigungen kommt, kann es sein, dass die Funktion des Produkts nicht mehr gewährleistet ist", so der Experte. Kritisch kann das freilich dort werden, wo die Sicherheit von Menschen gefährdet ist, vom ABS-System im Auto bis zum Herzschrittmacher. Eigens festgelegte EMV-Richtlinien sind daher auch Teil der CE-Kennzeichnung, mit der erklärt wird, dass das Produkt allen anzuwendenden Vorschriften der Europäischen Union entspricht.
Komplette Trennung von der Umwelt
"Um die EMV-Eigenschaften eines Produktes, also die Abstrahlung, die an den freien Raum abgegeben wird, zu messen, muss man den Prüfling von der Umgebung trennen", so Seier über die Anforderungen bei der Konstruktion der neuen "multifunktionalen EMV Mess- und Prüfhalle zur Beurteilung von gestrahlten (radiated) Emissions- und Immunitätseigenschaften von Geräten, Anlagen und Komponenten". Gewährleistet wird diese Trennung von diversen äußeren Störquellen - wie (Mobil-)Funk, Radio- und Fernsehwellen - durch Pyramidenabsorber, die über Ferritmaterial angebracht sind und so einen absorbierenden Käfig ergeben.
Entsprechend den Anforderungen ist die Prüfhalle mit einer Grundfläche von 12,5 mal 11,5 Metern und einer Höhe von 6,5 Metern großzügig und flexibel konstruiert: Zentrales Element ist eine Drehscheibe mit sechs Metern Durchmesser und einer möglichen Gesamtbelastung von acht Tonnen. Dadurch sei man in der Lage, nicht nur ein gesamtes Fahrzeug, sondern auch Industrieeinrichtungen mit diesen Ausmaßen bewerten zu können.
Das Verfahren selbst kann sich über mehrere Stunden erstrecken. "Der Prüfling wird um 360 Grad gedreht, eine Messantenne wird in Höhe und Polarisation variiert und dieser Prozess wird über den jeweils zu beurteilenden Frequenzbereich betrachtet", beschreibt Seier das übliche Mess-Setup mit den wohlgemerkt nicht-menschlichen "Prüflingen". Denn wo es darum geht, die elektromagnetische Exposition von Menschen zu prüfen (Elektromagnetische Umweltverträglichkeit, EMVU), braucht man klarerweise keine abgeschirmte Umgebung mehr, sondern misst jeweils an Ort und Stelle, beispielsweise die Hochfrequenz-Feldstärke von Mobilfunksendeanlagen.
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