pts20170921028 Medizin/Wellness, Politik/Recht

Neues Buch: Was die moderne Sozialpsychiatrie leisten kann und was sie dafür braucht

PA zu "Sozialpsychiatrie - theoretische Grundlagen und praktische Einblicke" (Hg. Prof. Schöny)


Linz (pts028/21.09.2017/11:50) "Der Bedarf an sozialpsychiatrischen Angeboten steigt stetig, weil sich immer mehr Menschen in sozial prekären Situationen befinden und generell die Zahl der psychisch erkrankten Menschen zunimmt", diagnostiziert Prof. Univ.-Doz. Dr. Werner Schöny. "Psychische Krankheit und soziales Umfeld sind sehr eng miteinander verbunden. Die Berücksichtigung der Lebensumstände von psychisch Kranken ist für den Ausgang der Krankheiten von größter Bedeutung. Soziale Randstellungen und Benachteiligungen wie Armut, Randgruppenproblematik, Migranten, Arbeitslose sind Hochrisikofaktoren für das Ausbrechen und Weiterbestehen von psychischen Krankheiten." Der multiprofessionelle Ansatz sei deshalb aus Sicht der Sozialpsychiatrie enorm wichtig: "Die Betroffenen benötigen Unterstützung auf allen Ebenen."

Im jetzt erschienenen, von Prof. Schöny herausgegebenen Buch "Sozialpsychiatrie - theoretische Grundlagen und praktische Einblicke" bieten 4 Autorinnen und Autoren (Mag. Dominik Gruber Bakk., Mag. Martin Böhm, MMag. Marlene Hochrainer, MMag. Gernot Koren MAS) ein Update des sozialpsychiatrischen Wissens. Sie analysieren die Beiträge der Sozialpsychiatrie zur tendenziell medizinisch orientierten ursachenbezogenen und epidemiologischen Forschung, zur Versorgungsforschung, zur Betrachtung konkreter Leistungen und ihrer Effektivität, und zum Verständnis des gesellschaftlichen Kontextes von psychischer Gesundheit und Krankheit.

Ein Schwerpunkt ist das "Zukunftsthema" Prävention und Gesundheitsförderung: "Um Fortschritte in der präventiven und gesundheitsfördernden Praxis zu erreichen", so die Annahme der Autorinnen und Autoren, "braucht es Forschung und Innovation in Bezug auf die Vermeidung konkreter krankheitsauslösender Ursachen (Stichwort: Risiko- und Schutzfaktoren), den Aus- und Umbau sozialpsychiatrischer Versorgungsstrukturen und präventiver Interventionen."

Prof. Schöny weiß nicht nur als Wissenschaftler und Jahrzehnte lang tätiger Psychiater und Psychotherapeut, sondern auch als langjähriger Präsident von pro mente Austria wie kaum ein Anderer, worum es in der sozialpsychiatrischen Versorgung geht: pro mente Austria ist ein Zusammenschluss von im psychosozialen und sozialpsychiatrischen Bereich tätigen Institutionen. 26 Mitgliedsorganisationen in den Bundesländern leisten jedes Jahr mit etwa 3.250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Betreuungsarbeit für 80.0000 psychisch kranke Menschen. Geboten werden professionelle Leistungen in Bereichen wie Arbeit, Wohnen, Beratung, Krisenintervention, Freizeit, Suchthilfe, etc.

Allerdings, warnt Prof. Schöny, gerate die Sozialpsychiatrie in Österreich zunehmend unter Druck. Aufgrund des steigenden Bedarfs an sozialpsychiatrischen Leistungen werde für diesen Bereich auch mehr Geld nötig: "Wir wissen, dass zum Beispiel eine regelmäßige Beschäftigung bzw. Arbeit für die Betroffenen sehr wichtig ist, aber es gibt zu wenig Arbeitsangebote und Arbeitsplätze."

Es sei weiterhin sehr wichtig, dass die Sozialpsychiatrie gemeindenah angesiedelt ist und auch die Finanzierung gewährleistet ist. Erstrebenswert sei eine Kooperation auf engster Basis zwischen den unterschiedlichen Auftraggebern und den Anbietern, so Prof. Schöny: "Seit langem empfehlen wir die Verteilung der Gelder für psychisch Kranke aus einer Hand ("Ein-Topf-Philosophie"). Derzeit sind die Ausgaben getrennt zwischen dem Gesundheits- und dem Sozialbereich, welche wiederum getrennt finanziert werden."

Aber auch aus wissenschaftlicher Sicht sei die Sozialpsychiatrie in Gefahr, an den Rand gedrängt zu werden. So wurden sozialpsychiatrische Lehrstühle reduziert, Forschungsgelder werden heutzutage vorwiegend von der Industrie generiert, so Prof. Schöny: "Für die Industrie ist dieses Thema zu wenig profitabel, daher wird nur sehr wenig bis überhaupt kein Forschungsgeld in den sozialpsychiatrischen Bereich investiert. Die betriebswirtschaftliche Denkweise steht hier vor der längerfristig volkswirtschaftlichen Denkweise."

Auch hier will das neue Buch einen Beitrag leisten und eine wissenschaftliche Lücke schließen. Es geht den Autorinnen und Autoren darum, die Sozialpsychiatrie als wissenschaftliche Disziplin aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten und praktische Einblicke zu geben. Darüber hinaus sei das Buch gedacht als "Ergänzung zum biologischen Wissen".

Werner Schöny (Hrsg.): Sozialpsychiatrie - theoretische Grundlagen und praktische Einblicke 2018. XIII, 284 S., 14 Abb. in Farbe. Hardcover + eBook Eur (D) 49,99 | Eur (A) 51,18 | *sFr 50,50 ISBN 978-3-662-54625-3

Zum Download
Buchcover: https://goo.gl/eqe1W5
Porträtaufnahme von Prof. Schöny (Copyright: privat): https://goo.gl/KtJasv

(Ende)
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