pts20170927006 Medizin/Wellness, Politik/Recht

Zahnlose Gesundheitspolitik hungert 400.000 österreichische Prothesenträger aus

DDr. Gerald Jahl: " Zahnlose Pensionisten werden zur Sanierung der Krankenkassen gezwungen!"


Eggenburg, NÖ (pts006/27.09.2017/08:00) In Österreich leben laut Statistik Austria mehr als 1,6 Millionen Menschen mit einem Alter von über 65 Jahren. 25 Prozent dieser 1,6 Mio, also unglaubliche 400.000 sind zumindest in einem Kiefer komplett zahnlos, viele davon sind sogar in beiden Kiefern zahnlos - 400.000 alte Menschen, die zumindest eine Totalprothese tragen, viele davon tragen sogar zwei althergebrachte Prothesen.

Gerade unter diesen 400.000 Menschen, die die günstigste Art eines Zahnersatzes tragen oder tragen müssen, ist ein sehr großer Teil Empfänger von Mindest- oder Kleinpensionen. Wir reden also von sozial bedürftigen Menschen. Aber Zähne und Art des Zahnersatzes, vor allem bei zahnlosen Patienten, sind ein Tabuthema - niemand spricht aus Scham darüber. Erstens aus Scham, dass man keine Zähne mehr hat, und zweitens, weil man dann ja zugeben müsste, sich nichts Besseres leisten zu können.

Das Problem für den niederösterreichischen Kieferchirurgen und Arzt DDr. Gerald Jahl: "Über 50 Prozent dieser Art von Zahnersatz funktioniert primär schon nicht optimal. Viele Pensionisten können sich mittlerweile aber die notwendigen Reparaturen oder Anpassungen nicht mehr leisten, weil die Kassen den Betroffenen immer höhere Selbstbehalte abverlangt. Und das hat gravierende Auswirkungen auf die Gesundheit! Denn durch schlechtes Kauen oder geringere Nahrungsaufnahme aufgrund schmerzhafter Prothesen sind 30 Prozent der Senioren und sogar 80 Prozent der Altenheimbewohner mangelernährt und ja, man kann es so drastisch ausdrücken: müssen hungern. Gehen Sie in ein Altersheim und sprechen Sie mit den Bewohnern und den Betreuern. Zahnersatz ist ein Riesenproblem! Und das im Jahr 2017 in einem Sozialstaat wie Österreich. Als niederösterreichischer Arzt und Kieferchirurg sage ich: Das ist eine Schande. Und die Politik trägt Mitschuld daran."

Österreichische Pensionisten können sich Anpassungen von Prothesen nicht mehr leisten

Anpassungen und Reparaturen, sind bei solchen den "Dritten" oft mehrmals jährlich notwendig und sind unverhältnismäßig teuer geworden. Den Grund kennt DDr. Jahl: "Kostete eine Totalprothese über die NÖGKK 2009 dem Patienten nur knapp über 200 Euro Selbstbehalt, so werden dem Patienten heute bereits 511,20 Euro abverlangt. Für mich ein echter Skandal, denn es bedeutet, dass die Krankenkasse 2009 noch fast 600 Euro Zuschuss bezahlt hat und jetzt, trotz gestiegener Preise nur mehr die Hälfte und damit nur rund 300 Euro bezahlt. Da muss eine Änderung her - und zwar sofort zum Wohle unserer Pensionisten." Zahnärzte sind nicht schuldig an der Preiserhöhung!

Viele Zahnärzte distanzieren sich bereits von dieser Einsparungspolitik der Krankenkassen

DDr. Jahl: "Es wird ja auch der Eindruck erweckt, dass wir, die Zahnärzte so teuer geworden sind, weil wir nur höheren Umsatz machen wollen. Das stimmt einfach nicht, und die Patienten müssen informiert werden, dass die Höhe dieser Selbstbehalte von den Krankenkassen abhängig ist und auch dort auf den Cent exakt bestimmt werden!"

79-jährige Pensionistin als Beispiel für die Härte der Krankenkasse gegenüber Prothesenträgern

DDr. Gerald Jahl: "Ich habe den konkreten Fall einer Patientin: Frau H. ist 79, lebt in Niederösterreich und hat seit vielen Jahren Parkinson, unter dem die Dame motorisch sehr leidet. In letzter Zeit ist sie leider auch deutlich ungeschickter geworden und auch etwas langsamer in allem was sie so alltäglich tut. Ihre Zahnprothese hat sie seit 30 Jahren, aber in den letzten vier bis fünf Jahren leidet sie zunehmend unter dem nun sehr schlechten Halt ihrer Prothese im Unterkiefer. Das Zittern und die schlechte Feinmotorik hat leider dazu geführt, dass Frau H. alleine im letzten Jahr ihre Prothese wegen einer Bruchreparatur, nach unabsichtlichem Fallenlassen im Badezimmer, drei Mal beim Zahnarzt reparieren lassen musste. Zusätzlich zu zwei notwendigen Unterfütterungen hat die Dame mehr als 350 Euro beim Zahnarzt für Prothesenreparaturen ausgegeben. Die letzte Reparatur, knapp vor Weihnachten, musste Frau H. auf Jänner verschieben, da sie es sich einfach nicht mehr leisten konnte und gezwungen war, auf die nächste Pensionszahlung zu warten. Das ist die Folge unserer Einsparungspolitik gegenüber der älteren Generation."

Und das heutzutage in Österreich! Essen können, und das schmerzfrei, ist ein Grundrecht für jeden Österreicher! Die Politik muss handeln, weil es nicht sein kann, dass Patienten zur Sanierung der Krankenkassen beitragen müssen.

(Ende)
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