Neuer Schauraum "Papyrus Ebers" in der Bibliotheca Albertina eröffnet
Längste, einzig vollständig überlieferte medizinische Papyrusrolle nun in Leipzig
Leipzig (pts010/25.10.2021/10:00) Die Universitätsbibliothek Leipzig bewahrt die längste und einzig vollständig überlieferte medizinische Papyrusrolle Altägyptens auf, die der Leipziger Ägyptologe Georg Ebers 1873 für die Universitätsbibliothek erworben hatte. Diesen in hieratischer Schrift geschriebenen Text ließ Ebers 1875 drucken. In seinem Fundzustand stellte der Papyrus Ebers noch eine 18,63 Meter lange zusammenhängende Papyrusrolle dar. Aus konservatorischen Gründen wurde er, mit Beginn seiner Aufbewahrung in Leipzig, in 29 Teile zerschnitten, unter Glas aufbewahrt und konnte seitdem der Öffentlichkeit nicht als zusammenhängendes Ganzes präsentiert werden. Ab sofort kann die Replik der Papyrusrolle als neuer Teil der Dauerausstellung in einem eigens dafür eingerichteten Schauraum im Foyer der Bibliotheca Albertina täglich von 8 bis 22 Uhr kostenfrei besichtigt werden. Dieser wurde am 12. Oktober 2021 feierlich eröffnet.
Prof. Dr. Ulrich Johannes Schneider, Direktor der Universitätsbibliothek Leipzig sagte erfreut: "Die Papyrusrolle ist eindrucksvoller als das seit 1873 in Einzelteilen verglaste Original. Auch führt sie die schwarze und rote Schrift anders und greifbarer vor Augen, als es die digitale Edition vermag."
Der Papyrus Ebers zählt zu den wichtigsten Quellen der altägyptischen Heilkunde. Er beinhaltet knapp 900 Rezepte und Lehrtexte der Allgemein- und Inneren Medizin. Darin nennt er rund 80 Krankheitsbilder, darunter Herzleiden, Darmprobleme, Parasiten und Augenkrankheiten sowie die dazugehörigen Heilmittel, wie Salben, Pillen und Verbände. Die von Dr. Lutz Popko (Projektmitarbeiter an der Sächsischen Akademie der Wissenschaften) ins Deutsche übersetzten Anweisungen lauten etwa folgendermaßen: "Ein Mittel, die Haare ordentlich zu behandeln: Der Zahn eines Esels wird zerschlagen und in Honig gegeben. Damit wird dann der Kopf eingesalbt." (Eb 470). Gegen Schnupfen wirkt "Polei Minze. Werde mit Datteln zerrieben. Werde an die Nase gegeben." (Eb 762).
Auf seiner zweiten Reise nach Ägypten 1872/73 kaufte Georg Ebers in Luxor die medizinische Papyrusrolle, die er nach sich selbst benannte. Diese transportierte der Ägyptologe auf einer Nilbarke ca. 600 Kilometer flussabwärts nach Kairo und von dort nach Leipzig, wo er sie 1875 gedruckt veröffentlichen ließ. Die Replik des Weltschrifterbes wurde durch Siebdruck auf echtem Papyrus realisiert, was einen äußerst originalgetreuen Eindruck erzeugt. Vollkommen ausgerollt ist sie in einer elf Meter langen Glasvitrine auf großen Leuchttafeln ausgestellt und kann von beiden Seiten betrachtet werden. Die Schriftrolle beinhaltet insgesamt 110 Kolumnen mit 879 Einzeltexten zu neun medizinischen Themenbereichen. Die in hieratischer Schrift verfassten Texte werden von rechts nach links gelesen und erscheinen in roter und schwarzer Tinte, wobei die rote Tinte zumeist die Mengenangaben der Rezepte angibt. Ihre Entstehung ist auf das Ende des 16. Jahrhunderts v. Chr. datiert. Anzunehmen ist, dass die Schrift von einem einzelnen Schreiber stammt. Da die Rolle am Ende auf der Rückseite beschrieben ist, kann ihre Vollständigkeit bezeugt werden.
Der Schauraum wurde hauptsächlich durch ein Fundraising 2019 und 2020 ermöglicht. Vier große Hauptsponsoren sowie mehr als 80 Spender stellten für das Projekt eine hohe fünfstellige Summe zur Verfügung. Der gesamte Papyrus Ebers ist digitalisiert und auf der Homepage verfügbar, gemeinsam mit einer deutschen und einer englischen Übersetzung.
Die 1543 gegründete Universitätsbibliothek ist eine der ältesten Universitätsbibliotheken Deutschlands. Das heutige Gebäude, die Bibliotheca Albertina, wurde 1887 bis 1891 von Arwed Rossbach im Stil der Neorenaissance am heutigen Standort in der Beethovenstraße 6 erbaut und nach dem damals regierenden sächsischen König Albert benannt. Sie ist einer von insgesamt elf Standorten der Universitätsbibliothek Leipzig und beherbergt derzeit einen Bestand von mehr als 5,5 Millionen Bänden.
Weitere Informationen: https://www.papyrusebers.de und https://www.ub.uni-leipzig.de
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