pte20241105004 Politik/Recht, Medien/Kommunikation

Politische Überzeugung stärker als Wahrheit

Laut Stanford-University-Studie glauben die meisten Menschen nur, was zu ihrer Meinung passt


Michael Schwalbe: Forscher entdeckt Erstaunliches über die Wahrheit (Foto: stanford.edu)
Michael Schwalbe: Forscher entdeckt Erstaunliches über die Wahrheit (Foto: stanford.edu)

Stanford (pte004/05.11.2024/06:05)

Die meisten Menschen halten politische Infos für wahr, die ihren Anschauungen entsprechen. Ob diese jedoch wirklich wahr sind, ist nur zweitrangig, so Psychologen der Stanford University. "Wir haben festgestellt, dass Menschen eher von ihrer politischen Einstellung als von der Wahrheit beeinflusst werden", so Postdoc Michael Schwalbe.

Bildungsniveau sekundär

Viele Jahre lang war die gängige Meinung, dass nur weniger gebildete Nachrichtenkonsumenten so reagieren, also vorzugsweise Infos glauben, die ihre Weltanschauung bestätigen, unabhängig davon, ob sie wahr sind oder nicht. "Wir haben das sowohl bei Demokraten als auch bei Republikanern in den USA beobachtet und sogar bei Menschen, die in einem Argumentationstest gut abgeschnitten haben. Wir waren ein wenig überrascht, wie weitverbreitet diese Tendenz ist. Die Menschen leisten großen Widerstand gegen unbequeme Wahrheiten", so Schwalbe.

Die Wirkung der parteiischen Voreingenommenheit sei bei echten News sogar stärker als bei gefälschten. "Menschen neigen eher dazu, wahre Informationen, die ihre politische Weltanschauung infrage stellten, nicht zu glauben, als falsche Infos, die ihre Weltanschauung bestätigen, zu akzeptieren. Das Problem sind nicht nur Fehlinformationen, sondern die Filter unseres eigenen Verstandes - vielleicht sogar noch mehr", meint Geoffrey L. Cohen, Professor für Organisationsstudien in Bildung und Wirtschaft sowie für Psychologie.

US-Datenbasis von 2020

Die Studie basiert auf einer Untersuchung, die 2020 mit einer Stichprobe der US-Bevölkerung im wahlberechtigten Alter durchgeführt wurde. Befragt wurden Befürworter und Gegner des damaligen Präsidenten Donald Trump, der zu dieser Zeit für eine Wiederwahl kandidierte. Das Team hat absurde Schlagzeilen wie "Trump schlägt Schachgroßmeister" und "Trump nahm an privater Halloween-Gala mit Sexorgien teil, verkleidet als Papst" erstellt und dabei festgestellt, dass Trump-Anhänger und -Gegner den Schlagzeilen, die mit ihren Ansichten übereinstimmten, mehr Glauben schenkten als den echten Headlines, die sich nicht mit ihren Ansichten deckten.

"Wenn man zeigen kann, dass Parteilichkeit sogar eine Rolle dabei spielt, ob man ausgefallenen Schlagzeilen glaubt, muss sie eine große Rolle spielen", urteilt Cohen. Ein Faktor, der zu diesem Zustand beiträgt, ist laut den Forschern der zunehmende Konsum parteiischer Medien. Der Aufstieg des Social Web und die ständige Verfügbarkeit parteiischer Nachrichten hätten den Zugang zu einseitigen Informationen erleichtert, was den Glauben der Menschen an ihre persönliche Objektivität stärken und somit die Polarisierung im Laufe der Zeit vertiefen könne.

(Ende)
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