pts20250304044 in Business

Ständerat riskiert Versorgungskrise bei Medikamenten


Dossier KP2 (Foto: Interpharma)
Dossier KP2 (Foto: Interpharma)

Basel (pts044/04.03.2025/14:45)

Mit einem faulen «Kompromiss» gibt der Ständerat jegliche Mitsprache des Parlaments bei der Preisüberprüfung von Medikamenten aus der Hand und öffnet damit Tür und Tor für Beamtenwillkür. Das schadet der Planbarkeit für die Pharmaunternehmen und somit dem Pharmastandort schwer. Das Umsetzen von Mengenrabatten auf innovativen Medikamenten bedroht die schon heute gefährdete Versorgung der Patientinnen und Patienten noch zusätzlich. Die Industrie erteilt weiteren Sparübungen eine Absage: Die Schmerzgrenze für die Versorgung der Patientinnen und Patienten sowie für den Pharmastandort Schweiz ist erreicht.

Der Ständerat hat die Differenzbereinigung am Kostendämpfungspaket 2 (KP2) weitergeführt. Interpharma, der Verband der forschenden Pharmaunternehmen in der Schweiz, hat sich während des gesamten parlamentarischen Prozesses konstruktiv und lösungsorientiert eingebracht: Stets mit dem Ziel vor Augen, die Versorgung der Schweizer Patientinnen und Patienten mit innovativen Arzneimitteln zu gewährleisten und gleichzeitig das Gesundheitswesen nachhaltig finanzierbar zu halten. Nebst den regelmässigen Preissenkungen, die jährlich wiederkehrende Einsparungen von 1.5 Milliarden Franken bringen, steuert die Pharmabranche zahlreiche weitere Beiträge zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen bei. Mit dem KP2 kommen mehrere hundert Millionen Franken dazu, konkret etwa mit dem Umsetzen von Kostenfolgemodellen.

René Buholzer, CEO von Interpharma, sagt: «Das aktuelle Kostendämpfungspaket 2 ist die sechste Vorlage zur Kostensenkung innerhalb von nur vier Jahren, ohne die drängenden Probleme bei Zugang und Versorgung der Patientinnen und Patienten anzugehen. Schon heute ist es ratsamer, in Konstanz anstatt in Kreuzlingen zu wohnen, weil für eine Patientin oder einen Patienten in der Schweiz rund die Hälfte der neuen innovativen Arzneimittel nicht verfügbar sind. Die Politik muss den Fokus nun auf den bedrohten Patientenzugang legen.»

Ständerat verpasst gangbaren Kompromiss

Diese Mengenrabatte auf Medikamente sind für den Pharmastandort Schweiz problematisch und gefährden die Versorgung der Patientinnen und Patienten zusätzlich. Die Industrie hat im Sinne eines einschneidenden Kompromisses Hand geboten, sofern im Gegenzug das veraltete System der Preisbildung modernisiert und die schlechte Zugangssituation deutlich verbessert wird. Mit dem heutigen Entscheid hat der Ständerat einen Schritt in diese Richtung verpasst:

Bei der dreijährlichen Überprüfung wird jedes Jahr jeweils rund ein Drittel aller Medikamente auf der Spezialitätenliste auf die WZW-Kriterien (Wirksamkeit, Zweckmässigkeit, Wirtschaftlichkeit) hin überprüft. Mit der vom Ständerat verabschiedeten Formulierung wird der Begriff «Umfang» in den Gesetzestext eingefügt. Damit gibt das Parlament sämtliche Kompetenzen bei der Preisüberprüfung aus der Hand und gibt dem BAG freie Bahn, im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung eines der Kriterien (APV bzw. TQV) auszuschliessen. Für die Unternehmen ist eine Planbarkeit des Preisfestsetzungsprozesses damit nicht mehr möglich und für die Patientinnen und Patienten in der Schweiz könnte dieser Schritt den Anfang einer veritablen Versorgungskrise markieren.

Es ist daher von grösster Bedeutung, dass der Nationalrat diesen Entscheid korrigiert. Zudem ist die vorauseilende Umsetzung der Kostenfolgemodelle, wie dies derzeit durch das BAG geschieht, rechtswidrig und inakzeptabel. Interpharma erwartet, dass sich das BAG an die gesetzlichen Vorgaben hält und Kostenfolgemodelle erst umsetzt, wenn der Bundesrat die entsprechende Bestimmung in Kraft gesetzt hat. Mit Blick auf die Umsetzung der schädlichen Kostenfolgemodelle fordert Interpharma im Gegenzug von EDI und BAG, dass die Modernisierung des veralteten Preisbildungssystems für Medikamente auf Verordnungsstufe entschlossen vorangetrieben wird.

Erfolg von «Zugang ab Tag Null» ist noch nicht gesichert

Immerhin ist zu begrüssen, dass eine Mehrheit des Ständerates bei der «vorläufigen Vergütung ab Tag Null» dem aus Sicht der Branche gangbaren Kompromissvorschlag des Nationalrates gefolgt ist. So soll ein wesentlicher Teil jener innovativen Medikamente, die eines der beschleunigten Verfahren bei Swissmedic durchlaufen, den Patientinnen und Patienten ab dem Tag der Zulassung zur Verfügung stehen. Ansonsten hätte auf Grund der restriktiven Bedingungen kaum ein Hersteller seine Produkte auf dem vorgesehenen Weg in die Schweiz gebracht und an den massiven Verzögerungen beim Patientenzugang hätte sich nichts geändert. Allerdings hat die verabschiedete Version nur noch wenig mit dem ursprünglich lancierten Vorschlag der Branche zu tun. Entsprechend muss sich noch zeigen, ob sie effektiv genügt, um den Zugang merklich zu verbessern - oder von Anfang an ein Papiertiger bleibt. Das BAG ist gefordert, in der Umsetzung für die erhoffte Beschleunigung zu sorgen.

(Ende)
Aussender: Interpharma
Ansprechpartner: Georg Därendinger
Tel.: +41 61 264 34 00
E-Mail: georg.daerendinger@interpharma.ch
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