ÖGDV stellt neue Therapieansätze für Psoriasis und die seltenen Hauterkrankungen Morbus Darier und RDEB vor
Studien zeigen die Bedeutung der Haut bei Abstoßreaktionen nach Stammzellentransplantationen auf
Wien (pts025/01.02.2024/12:05)
Im Rahmen einer Pressekonferenz am 1. Februar 2024 in Wien stellten Mitglieder der Österreichischen Gesellschaft für Dermatologie und Venerologie (ÖGDV) in Österreich entwickelte neue Therapieansätze für Psoriasis sowie die seltenen Hauterkrankungen Morbus Darier und RDEB vor. Ebenfalls präsentiert wurden zwei Studien zur Bedeutung der Haut bei Spender-gegen-Empfänger-Reaktionen nach Stammzellentransplantationen: So lässt die Vielfalt der Bakterienbesiedelung auf der Haut bereits frühzeitig Rückschlüsse darauf zu, ob es zur Abstoßung der Spenderzellen kommt. Zudem wurde die Rolle bestimmter Zelltypen, der sog. Makrophagen, bei der Abstoßung genauer erforscht, was als Grundlage für künftige Therapien dienen kann. "Unsere Forscherinnen und Forscher liefern Top-Ergebnisse in allen Bereichen der Dermatologie. Ich bin sehr stolz und dankbar, dass wir wieder neue und innovative Therapiekonzepte präsentieren können, die weltweit große Beachtung finden", sagte ÖGDV-Präsident Univ.-Prof. Dr. Peter Wolf.
Fotos der Pressekonferenz gibt es unter: www.apa-fotoservice.at/galerie/35749
Wirkstoff aus der Krebstherapie bietet neuen Therapieansatz für Psoriasis und andere entzündliche Hauterkrankungen wie Neurodermitis, Akne und Rosacea
Psoriasis ist eine der häufigsten chronisch-entzündlichen Erkrankungen der Haut, die mit einer reduzierten Lebensqualität und einer verkürzten Lebenserwartung einhergeht. In Österreich sind rund 250.000 Menschen an Psoriasis erkrankt, wobei diese Erkrankung derzeit nicht heilbar ist. In den letzten Jahren wurden in der topischen Behandlung (Lokaltherapie) von Psoriasis kaum Fortschritte erzielt.
Forscherinnen und Forscher der Medizinischen Universität Graz entwickelten nun ein neuartiges Therapiekonzept, das auf einen Wirkstoff aus der Krebstherapie zurückreift. "Es ist bekannt, dass ein bestimmtes Protein – der sog. eukaryotische Translationsinitiationsfaktor 4E (eIF4E) – wesentliche Prozesse in Zellen beeinflusst, von der Zellwucherung über die Veränderung in Form und Funktion bis hin zum programmierten Zelltod. Insbesondere in der Krebstherapie wurden daher schon Inhibitoren entwickelt, die Aktivitäten dieses Proteins blockieren", schilderte Dr.in Nicole Golob-Schwarzl, MSc von der Univ.-Klinik für Dermatologie der Medizinischen Universität Graz.
"In unserer Forschungsarbeit konnten wir nun zeigen, dass das Protein eIF4E auch bei Psoriasis eine entscheidende Rolle spielt. Eine Hemmung dieses Proteins bietet einen völlig neuen Therapieansatz, der in unseren proof-of-concept-Studien sehr gute Wirksamkeit zeigte. Aktuell synthetisieren wir neuartige eIF4E-Inhibitoren und testen sie auf ihre Wirkungen und eventuellen Nebenwirkungen. Langfristig beabsichtigen wir, die Anwendbarkeit von neuartigen eIF4E-Inhibitoren zur Behandlung der Psoriasis, aber auch anderer entzündlicher Hauterkrankungen wie Neurodermitis, Akne und Rosacea zu entwickeln", so Golob-Schwarzl.
Seltene Hauterkrankungen: Neue wissenschaftliche Erkenntnisse ermöglichen personalisierte Therapien für Morbus Darier und RDEB
Morbus Darier ist eine seltene Hauterkrankung, bei der sich warzenartige, übel riechende Hautläsionen, oft begleitet von Nagelveränderungen im jungen Erwachsenenalter bilden. Verursacht durch Mutationen im ATP2A2-Gen, das die Calciumregulation in Zellen beeinflusst, führt die Darier-Krankheit zu abnormaler Zelladhäsion und Keratinbildung. "Die Symptome variieren stark, von juckenden Hautausschlägen bis hin zu schmerzhaften Bläschen. Die Diagnose erfolgt oft klinisch und genetisch. Die Darier-Krankheit beeinträchtigt die Lebensqualität der Betroffenen erheblich und topische Behandlungen (z.B. Salben, Cremes) und Medikamente (Vitamin A Präparate) können die Symptome oft nur teilweise lindern", erläutert Univ.-Prof. DDr. Wolfram Hötzenecker, MBA, Vorstand der Univ.-Klinik für Dermatologie und Venerologie der Joh. Kepler Universität Linz (JKU Linz).
"Forscherinnen und Forscher an der Univ.-Klinik für Dermatologie konnten nun erstmalig spezielle Abwehrzellen des Immunsystems in entzündeter Haut bei Patientinnen und Patienten mit Morbus Darier identifizieren und diese im Rahmen eines personalisierten Therapieansatzes mittels Antikörperspritzen gezielt behandeln. Dadurch nahm die Hautentzündung bei den Betroffenen deutlich ab, die Haut juckte weniger und die Lebensqualität nahm zu. Ziel ist es, durch eine individuelle Analyse der Haut von Patientinnen und Patienten mit seltenen Hauterkrankungen personalisierte und passgenaue Behandlungsmöglichkeiten zu finden", so Hötzenecker.
Auch bei einer weiteren seltenen Hauterkrankung ermöglichen Fortschritte in der Forschung einen innovativen Therapieansatz. Patientinnen und Patienten mit der seltenen und nicht heilbaren genetischen Hauterkrankung RDEB (rezessiv-dystropher epidermolysis bullosa) tragen ein sehr hohes Risiko, an aggressiv verlaufendem Hautkrebs zu erkranken und vorzeitig zu sterben. "Lange wurde angenommen, dass Tumorzellen ihre Energie trotz ausreichender Sauerstoffversorgung hauptsächlich aus der Glykolyse beziehen. Laut aktuellem Wissensstand, produzieren Tumorzellen jedoch auch auf eine andere Art Energie, nämlich mittels der sog. mitochondrialen oxidativen Phosphorylierung (OXPHOS). Die flexible Nutzung beider Wege durch Tumorzellen, was man auch als metabolische Plastizität bezeichnet, spielt eine zentrale Rolle im Zusammenhang mit aggressivem Tumorverhalten, Metastasenbildung und Therapieresistenz", erklärte OA Dr. Tobias Welponer, Leiter der Ambulanz für genetische Hauterkrankungen der Universitätsklinik für Dermatologie und Allergologie Salzburger Landeskliniken, der für seine Forschungstätigkeit mit dem LEO Pharma Young Researcher Award der ÖGDV ausgezeichnet wurde.
"Die Ergebnisse unserer Studie deuten darauf hin, dass das Anti-Diabetikum Metformin wirksam sein könnte, um beide Arten der Energiegewinnung in den bösartigen Zellen zu hemmen und so das Tumorwachstum zu beeinflussen. Bei Mäusen konnte die Wirkung bereits nachgewiesen werden. Unser Ziel ist es nun, mit computergestützten Analysen und der Erstellung von Einzelzellprofilen maßgeschneiderte Therapien zu entwickeln, die gezielt die unterschiedlichen Stoffwechselsignaturen des jeweiligen Tumors berücksichtigen", so Welponer.
Abstoßungsreaktion nach Stammzellentransplantationen: Haut liefert wichtige Erkenntnisse als Modell für gewebespezifische Prozesse
Stammzellentransplantationen sind für Patientinnen und Patienten mit Leukämie eine lebensrettende Behandlungsmethode. Allerdings treten nach der Transplantation sehr häufig entzündliche Prozesse in Organen wie der Haut, der Leber oder dem Gastrointestinaltrakt auf, die schwerwiegende Folgen haben. Diese sogenannte Spender-gegen-Empfänger-Reaktion (Graft-versus-Host Disease, GvHD) ist eine Abstoßungsreaktion, die eine der Haupttodesursachen nach Stammzelltransplantation darstellt.
Forscherinnen und Forscher der MedUni Wien haben nun einen Zusammenhang zwischen der Vielfalt der Bakterien auf der Haut und diesen Organschäden entdeckt.
"In einer Studie mit 50 Patientinnen und Patienten stellten wir fest, dass die Vielfalt der Bakterien auf der Haut bei Menschen mit GvHD abnimmt, insbesondere bei schweren Fällen. Interessanterweise zeigte sich die Reduktion der Bakterienvielfalt schon, bevor die ersten Symptome auftraten. Dies könnte bedeuten, dass man die Erkrankung in Zukunft früher erkennen und besser behandeln kann", schilderte Studienautorin Nadine Ballicas, PhD, die für ihre Forschung zu diesem Thema mit dem Heinrich-Auspitz-Preis der ÖGDV ausgezeichnet wurde. "Die Ergebnisse dieser Studie eröffnen neue Wege für die Erforschung und Entwicklung von Therapieansätzen. Zukünftige Studien sollen nun klären, ob Veränderungen in der Bakterienzusammensetzung auf der Haut zur Entstehung der GvHD beitragen können und ob sich daraus neue Möglichkeiten für die Behandlung ergeben."
Eine weitere Studie an der MedUni Wien zum Thema GvHD wurde von Dr.in Johanna Strobl geleitet, die aktuelle Preisträgerin des LEO Pharma Young Researcher Awards der ÖGDV ist. "In dieser Studie haben wir die Rolle von Makrophagen, einem speziellen Zelltyp, der wichtige Immunprozesse in der Haut vermittelt, im Kontext der GvHD untersucht. Mithilfe dieser Analysen konnten wir zeigen, dass in akuter GvHD Makrophagen mit einem regulatorischen und entzündungshemmenden Profil dominieren, während in chronischen Manifestationen eine Repolarisierung zu pro-inflammatorischen Funktionen erfolgt", erläuterte Co-Autorin Laura Marie Gail, MSc im Rahmen der Pressekonferenz. "Die Studie liefert neue Ansätze, Makrophagen als potenzielle Ziele für Therapien zu erforschen. Ähnliche Konzepte sind in präklinischen Studien im Kontext von Krebs erfolgreich, wobei hier die pro-inflammatorischen Funktionen von Makrophagen aktiviert werden, um Tumorzellen zu bekämpfen. Umgekehrt könnten im Kontext von entzündlichen Hauterkrankungen die therapeutisch induzierte Förderung der regulatorischen Eigenschaften genutzt werden, um Entzündungen einzudämmen", so Gail.
Die Österreichische Gesellschaft für Dermatologie und Venerologie (ÖGDV) ist eine gemeinnützige medizinische Fachgesellschaft und hat ihren Sitz in Wien. Zweck der Gesellschaft ist die Förderung der wissenschaftlichen Entwicklung und der praktischen Umsetzung des Fachgebietes der Haut- und Geschlechtskrankheiten einschließlich seiner Spezialdisziplinen; das sind Allergologie, Angiologie/Phlebologie, Dermatohistopathologie, Immundermatologie, dermatologische Genetik, operative Dermatologie, dermatologische Onkologie, Proktologie, dermatologische Kosmetologie, Photobiologie und dermatologische Laser- und Strahlentherapie, dermatologische Labordiagnostik, dermatologische Mikrobiologie, die klassischen Geschlechtskrankheiten und die anderen sexuell übertragbaren Erkrankungen (STD), physikalische Dermatotherapie, psychosomatische Dermatologie, Umweltmedizin, das Gutachterwesen sowie die Gesundheitsvorsorge und Rehabilitation im gesamten Gebiet.
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