Branche unter Schock: EU plant Einfuhrzölle auf Smartphones
Alleskönner werden teurer - Hersteller fürchten Absatzverluste
EU-Kommission erwägt Einfuhrzölle auf Smartphones (Foto: pixelio.de, Lars Mikloweit/Danny König) |
Brüssel (pte020/12.02.2009/11:45) Handy ist nicht gleich Handy. Diesen Umstand will die Europäische Kommission nutzen, um Einfuhrzölle auf Multimedia-Geräte zu erheben. Smartphones sollen den Plänen zufolge künftig je nach technischer Ausstattung unterschiedlich hoher Abgaben beim Import in den EU-Raum unterliegen. "Das Vorhaben ist absoluter Irrsinn und bestärkt mich in meiner Meinung, dass der Bürokratie-Abbau auf allen Ebenen angetrieben werden muss. Die Zölle würden einem Vorgehen nach schildbürgerlichem Vorbild entsprechen. Damit sägen die Eurokraten an ihrem eigenen Ast", findet Nicolas von Stackelberg, Analyst bei Sal. Oppenheim http://www.oppenheim.de , im Gespräch mit pressetext deutliche Worte. Über die Einfuhrzölle wird die Europäische Kommission heute, Donnerstag, beraten. Den Verbrauchern drohen bei den Alleskönnern dadurch empfindlich höhere Preise. Die erwarteten Mehrkosten im Smartphone-Vertrieb dürften die Konzerne auf die Konsumenten abwälzen.
Die Handy-Industrie läuft bereits im Vorfeld Sturm gegen das protektionistische Vorhaben. Hersteller und Branchenverbände wie der BITKOM fürchten angesichts ohnehin wirtschaftlich schwieriger Zeiten zusätzliche Absatzeinbußen. Dass der wachstumsverwöhnte Mobilfunksektor aufgrund der Konjunkturkrise erstmals mit schrumpfenden Absatzzahlen zu kämpfen hat und derartige Pläne der Förderung des Wirtschaftswachstums und Konjunkturpaketen gegenüber kontraproduktiv wären, hindert die EU-Kommission nicht daran, über Zölle von bis zu 14 Prozent zu beraten. Je nach technischen Merkmalen sollen die Abgaben unterschiedlich hoch ausfallen. Nur der Handel herkömmlicher Handys, die über ihre Grundfunktion als Telefon kaum hinausgehen, soll zollfrei bleiben.
Smartphones, die mit einem Chip zur Satellitenortung ausgestattet sind, sollen von den Herstellern in Zukunft als Navigationsgeräte eingeführt werden. Der Import der navigationsfähigen Modelle würde mit 3,7 Prozent verzollt, berichtet die Welt. Darüber hinaus sollen fernsehtaugliche Geräte sowie Mobiltelefone, deren Kameras über einen optischen Zoom verfügen, sogar mit Abgaben in Höhe von 14 Prozent belegt werden. Modelle mit Speichergrößen jenseits von 16 Gigabyte bzw. mit übergroßen Displays könnten der Kommission ebenfalls ein Dorn im Auge sein. Im Preisvergleich würden die Kosten für ein 500 Euro teures Gerät um rund 70 Euro steigen. "Schlussendlich sind es die Endkunden, die die Mehrkosten zu spüren bekommen", betont von Stackelberg. Angesichts des technologischen Fortschritts holen auch derzeit preisgünstige Handys gegenüber den Smartphones auf und weisen laufend bessere technische Merkmale vor. Dadurch könnten künftig auch heutige Billigmodelle den Zollspezifikationen unterliegen.
Kritiker der Zollpläne sehen in dem Vorhaben eine protektionistische Maßnahme gegen die zunehmende Abwanderung von Produktionsstandorten aus Europa. So erinnert der Vorstoß der Kommission an den politischen Wirbel um die Werksschließung in Bochum durch Weltmarktführer Nokia im Vorjahr (pressetext berichtete: http://pte.at/pte.mc?pte=080117042). "Die Handyproduktion ist zu größten Teilen nach China abgewandert", erklärt von Stackelberg gegenüber pressetext. Dem Analysten nach erfolgt mittlerweile bereits ein Bärenanteil von rund 80 Prozent der Herstellung in Asien. Zwar sei Europa auch im Manufacturing weiterhin von Bedeutung. Die größte Relevanz komme dem Kontinent mittlerweile jedoch im Bereich Forschung und Entwicklung zu.
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