22. Juli: Welttag des Gehirns 2018 - "Saubere Luft für ein gesundes Gehirn"
Welttag des Gehirns 2018 - Saubere Luft für ein gesundes Gehirn |
London (pts008/19.07.2018/09:45) Am 22. Juli begeht der Weltföderation für Neurologie (World Federation of Neurology - WFN) jedes Jahr den Welttag des Gehirns (World Brain Day). Weltweit beteiligen sich rund 120 Organisationen an dieser Awareness-Aktivität. Für 2018 wurde erstmals ein Thema gewählt, das durch aktuelle wissenschaftliche Studien immer mehr Bedeutung bekommt: der negative Einfluss hoher Luftschadstoffbelastungen auf das Gehirn. "Saubere Luft für ein gesundes Gehirn", lautet deshalb das diesjährige Motto.
Das Ausmaß des Einflusses von Umweltverschmutzung insgesamt und der Luftschadstoffbelastung im Speziellen auf die Gesundheit wächst ständig. Die aktuellste Schätzung spricht davon, dass weltweit jährlich neun Millionen Menschen infolge belasteter Atemluft sterben.
"Die von einem internationalen Wissenschafterteam mit den Daten aus 188 Staaten der Welt durchgeführte 'Global Burden of Disease'-Studie hat ergeben, dass der akute Schlaganfall zu einem Anteil von bis zu 30 Prozent auf den Risikofaktor Schadstoffbelastung der Luft zurückzuführen ist", sagt Univ.-Prof. Dr. Mohammad Wasay, Karachi, Vorsitzender des Welttages des Gehirns. "Das hat uns dazu veranlasst, erstmals einen Aspekt der Umweltverschmutzung zum Thema des Welttages des Gehirns zu machen."
Weltumspannendes und komplexes Problem
Beim Zusammenhang zwischen der Luftverschmutzung durch Gase und Partikel und der Gehirngesundheit handelt es sich um ein weltweites und gleichzeitig um ein komplexes Problem. Univ.-Prof. Dr. Jacques Reis, Leiter der Forschungsgruppe für angewandte Wissenschaft für Umweltaspekte der Neurologie (E: Environmental Neurology Applied Research Group of the World Federation of Neurology): "Luftverschmutzung ist eine diffuse, oft nicht sichtbar auftretende Kontamination durch schädliche Bio-Aerosole mit Pollen, Sporen, Partikeln und toxischen Substanzen. Die Belastungen können aus natürlichen Quellen stammen oder durch den Menschen verursacht sein."
Hinzu kommt, dass es sich je nach der Situation, in der Menschen leben und arbeiten, quantitativ und qualitativ um ein sehr unterschiedliches Phänomen handelt. Teile davon sind:
- Schadstoffbelastungen der Luft in Innenräumen (Indoor Pollution: Heizung, Kochen am offenen Feuer mit Holz, Kerosin, Rauch durch Tabakkonsum etc.)
- Schadstoffbelastungen der Außenluft (Outdoor Pollution: Industrie- und Autoabgase, Abfallverbrennung, Staubbelastung etc.)
- Unterschieden werden darüber hinaus primäre und sekundäre Luftschadstoffe: Erstere sind Gase und Partikel, die selbst schädliche Wirkung haben. Sekundäre Schadstoffe enstehen aus chemischen Reaktionen von Substanzen natürlicher und/oder künstlicher Herkunft (z.B. Ozon).
"Das Problem ist in Großstädten anders als in ländlichen Gebieten. Es gibt lokale, regionale und über die Ländergrenzen hinaus wirkende Luftschadstoffe", betonte Prof. Reis.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat erst Anfang Mai dieses Jahres festgestellt: Neun von zehn Menschen weltweit atmen verschmutzte Luft ein. Drei Milliarden Menschen müssen zu Hause noch immer schädliche Brennstoffe zum Kochen und/oder Heizen verwenden.
Toxische Wirkung immer besser verstanden
Gerade in den vergangenen Jahren hat die Wissenschaft wesentliche Hinweise dafür geliefert, wie die Luftschadstoffe die Gesundheit des menschlichen Gehirns des Einzelnen und die neurologische Gesundheit der Weltbevölkerung schädigen. Prof. Reis: "Die Schadstoffe kommen über die Atemwege und den Verdauungstrakt in den Körper. Sie verursachen unterschwellig verlaufende Entzündungsreaktionen, gelangen über den Blutstrom oder über die oberen Atemwege ins Gehirn. Auch durch sie hervorgerufene Schädigungen der Darmflora können sich auf das Gehirn auswirken."
Potenzielle Effekte: Atherosklerose, oxidativer Stress und den ganzen Organismus betreffende Entzündungsreaktionen, Schädigung der Blutgefäße, Blutdrucksteigerung, Beeinträchtigung der Blut-Hirn-Schranke als Schutzmechanismus und Herzprobleme. Direkt nachweisbar sind auch die Beeinträchtigung von Zellen im Gehirn wie Microglia-Zellen und Astrozyten. Auf zellulärer Ebene beeinträchtigen die Luftschadstoffe die Kraftwerke der Zellen (Mitochondrien), die Erbsubstanz DNA. Sie führen zu epigenetischen Veränderungen und zu einer Verkürzung der "Schutzkappen" an den Chromosomen (Telomere). Letzteres gilt als Zeichen von Zellalterung.
Kein Wunder, dass bei immer mehr Syndromen und neurologischen Erkrankungen ein Zusammenhang mit der Luftschadstoffbelastung vermutet wird. Erste Hinweise gibt es für Autismus, Aufmerksamkeitsstörungen bei Kindern sowie bei Demenz oder der Entstehung von Morbus Parkinson, auch wenn belastbare Daten noch fehlen.
Durch den Menschen verursacht - Durch den Menschen beeinflussbar
Gerade bei Umweltfaktoren, welche die Gesundheit des Gehirns beeinträchtigen, könnte entschiedenes Handeln die Risiken deutlich verringern. "Die Prävention von Krankheiten, welche das Gehirn betreffen, ist nicht nur eine Angelegenheit des Individuums. Das muss man auch auf gesellschaftlicher Ebene vorantreiben. Dies gilt besonders für Umwelteinflüsse, die der Mensch verursacht und damit letztendlich auch beeinflussen kann. Sie sind bedeutsame Risikofaktoren für Krankheiten, welche die Blutgefäße des Gehirns betreffen und für neurodegenerative Erkrankungen", sagt Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Grisold, WNF-Generalsekretär.
"Dieses weltweite Problem für die öffentliche Gesundheit bedarf adäquater umwelt- und gesundheitspolitischer Strategien, um die Luftschadstoffbelastung zu reduzieren. Es geht nicht nur um die Gesundheit der Lunge, sondern auch um die Gesundheit jenes Organs, das uns zum Menschen macht - um unser Gehirn", betonte Prof. Grisold.
Weckruf für die internationale Staatengemeinschaft
Die vorliegenden wissenschaftlichen Daten zum Einfluss der Schadstoffbelastung der Luft auf die Gesundheit des menschlichen Gehirns lassen keine andere als diese Aussage zu, betont aus Anlass des Welttages des Gehirns WFN-Präsident Univ.-Prof. Dr. William Carroll: "Das muss ein Weckruf für jeden einzelnen von uns, für jedes Land der Welt und für die internationale Staatengemeinschaft sein. Die Entscheidungsträger in Politik und Gesellschaft müssen mehr für die Verhinderung von neurologischen Störungen und Erkrankungen tun. Das bedeutet eine höhere Priorität für das Anliegen der Gehirngesundheit als in der Vergangenheit und eine bessere finanzielle Ausstattung für diese Anliegen. Die Gesundheit des Gehirns muss zu einer der Top-Ziele der Gesundheitspolitik gemacht werden."
Der Welttag des Gehirns wird jährlich am 22. Juli begangen und ist jedes Jahr einem anderen Motto gewidmet. Das Datum wurde nicht zufällig gewählt: Die WFN wurde am 22. Juli 1957 gegründet.
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