Tragbare KI-Cam erkennt Medikationsfehler
Deep-Learning-Modell bestätigt in Experimenten, ob Medikamente korrekt übertragen wurden
Falsche Medikation (Bild: UW Medicine, Paul G. Allen School of Computer Science & Engineering) |
Seattle (pte004/24.10.2024/06:15)
Ein internationales Team unter Beteiligung von Forschern der University of Washington School of Medicine hat das eigenen Angaben nach erste tragbare Kamerasystem entwickelt, das mit Künstlicher Intelligenz (KI) potenzielle Fehler bei der Medikamentenabgabe erkennt. Das Deep-Learning-Modell kann Inhalte von Fläschchen und Spritzen identifizieren und aussagen, ob Medikamente in richtiger Weise angewandt wurden. Die Ergebnisse sind in "npj Digital Medicine" nachzulesen.
Fast 100 Prozent Trefferquote
In einem Test erkannte und identifizierte das Videosystem mit hoher Treffsicherheit, welche Medikamente in einer hektischen klinischen Umgebung entnommen wurden. Die KI erreichte eine Sensitivität von 99,6 Prozent und eine Spezifität von 98,8 Prozent bei der Erkennung von Fehlern beim Vertauschen von Fläschchen. Das System könnte zu einer wichtigen Sicherheitsmaßnahme werden, vor allem in OP-Sälen, Intensivstationen und in der Notfallmedizin, so Co-Autorin Kelly Michaelsen.
"Der Gedanke, Patienten in Echtzeit helfen oder einen Medikationsfehler verhindern zu können, bevor er passiert, ist sehr beeindruckend. Man kann auf eine 100-prozentige Leistung hoffen, aber selbst Menschen können das nicht erreichen. In einer Umfrage unter mehr als 100 Anästhesie-Anbietern wünschte sich die Mehrheit, dass das System eine Genauigkeit von mehr als 95 Prozent schafft - und dieses Ziel haben wir erreicht", sagt Michaelsen.
Gesundheitsrisiko und Kosten
Fehler bei der Verabreichung von Medikamenten sind die am häufigsten gemeldeten kritischen Zwischenfälle in der Anästhesie und die häufigste Ursache für schwere medizinische Fehler in der Intensivpflege. Schätzungsweise sind fünf bis zehn Prozent aller verabreichten Medikamente fehlerhaft in der Anwendung. Unerwünschte Ereignisse im Zusammenhang mit injizierbaren Medikamenten betreffen allein in den USA etwa 1,2 Mio. Patienten pro Jahr und verursachen Kosten in Höhe von 5,1 Mrd. Dollar.
Fehler beim Spritzen- und Ampullenwechsel treten am häufigsten bei intravenösen Injektionen auf, wenn der Arzt das Medikament von der Ampulle über die Spritze dem Patienten verabreicht. Sicherheitsmaßnahmen wie ein Barcode-System, mit dem der Inhalt eines Fläschchens schnell gelesen und bestätigt werden kann, sollen solche Unfälle verhindern. In Stresssituationen vergessen Ärzte diese Kontrolle jedoch manchmal, weil sie einen zusätzlichen Arbeitsschritt darstellt.
Scannen nach Anhaltspunkten
Ziel der Forscher war es, ein Deep-Learning-Modell zu entwickeln, das mit einer GoPro-Kamera den Inhalt von zylindrischen Fläschchen und Spritzen erkennen und eine Warnung ausgeben kann, ehe das Medikament in den Patienten gelangt. Das Videosystem "liest" nicht die Aufschrift auf jedem Fläschchen, sondern scannt nach anderen visuellen Anhaltspunkten: Größe und Form von Fläschchen und Spritzen, Farbe des Fläschchenverschlusses und Größe des Aufdrucks.
Die Forschungsarbeit zeigt, dass KI und Deep Learning das Potenzial haben, die Sicherheit und Effizienz in einer Reihe von Gesundheitspraktiken zu verbessern. Die Forscher fangen gerade erst an, dieses Potenzial auszuloten, erklärt Michaelsen. Die Washington Research Foundation, die Foundation for Anesthesia Education and Research sowie ein Stipendium der National Institutes of Health haben dieses Forschungsprojekt finanziert.
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