pte20240829003 Medien/Kommunikation, Politik/Recht

Enthemmung macht Mobbing im Netz möglich

Caltech-Forscher sehen auch unpersönliche Kommunikation als Grund für toxisches Verhalten


User: Anonymität im Netz begünstigt bösartige Äußerungen (Foto: StockSnap, pixabay.com)
User: Anonymität im Netz begünstigt bösartige Äußerungen (Foto: StockSnap, pixabay.com)

Pasadena (pte003/29.08.2024/06:05)

Dean Mobbs vom California Institute of Technology (Caltech) hat mit seinem Team ein Modell entwickelt, das die wichtigsten Unterschiede zwischen Online- und persönlicher Kommunikation aufzeigt. Es erklärt, warum Menschen im Netz oft hemmungslos sind und andere beleidigen oder gar herabwürdigen.

Höheres Maß an Bösartigkeit

Die Ursache ist "Disembodiment" (unpersönliche Kommunikation), "lack of accountability" (fehlende Rechenschaftspflicht) und "Disinhibition" (Enthemmung). Diese Faktoren machen es laut den Experten wahrscheinlicher, dass soziale Interaktionen online ein höheres Maß an Bösartigkeit und Fehlinformationen aufweisen, als es bei der direkten Interaktion mit anderen Personen der Fall wäre.

"Wenn ich online mit jemandem spreche, ist die Unterhaltung, die ich führe, nur in meinem Kopf; sie ist völlig körperlos", sagt Mobbs. Ohne Hinweise auf den Gesichtsausdruck oder die Körperhaltung des anderen würden diese Interaktionen vollständig in der eigenen inneren Welt abgewickelt. Und genau hier, so Mobbs, liegt das Problem.

"Ihre innere Welt ist Ihr Spielplatz nicht nur für Ideen oder für das, was Sie sagen wollen, sondern manchmal auch für Dinge, die Sie nicht sagen sollten. Und wenn man in diesem persönlichkeitsfernen Zustand kommuniziert, vergisst man, dass man ein Gespräch mit einer realen Person führt", folgert der Wissenschaftler.

Gesagtes bleibt oft folgenlos

Der zweite Faktor ist laut den Fachleuten der Mangel an Verantwortlichkeit: "Ich kann etwas per Text in den sozialen Medien sagen und muss meist nicht für die Folgen meiner Äußerung aufkommen. Ich erlebe nicht dieselbe soziale Missbilligung wie in einem persönlichen Gespräch, und häufig bin ich völlig anonym oder glaube, es zu sein", sagt Mobbs.

Soziale und kulturelle Normen, die im persönlichen Kontakt die zwischenmenschliche Kommunikation kontrollieren, seien nicht vorhanden, und mit der Anonymität entfalle auch die Angst vor strafrechtlicher Bestrafung. Das Fehlen von Verantwortlichkeit und verkörperten Hinweisen führe zum dritten Faktor: Enthemmung. "All die schrecklichen Gedanken, die man im Kopf hat, können ungehindert ins Netz fließen", stellt Mobbs fest.

"Wir haben uns nicht für ein soziales Medienumfeld entwickelt. Die sensorischen Systeme und die Theorie des Verstandes, die wir in den vergangenen Jahrtausenden entwickelt haben, lassen sich nicht gut in einen Online-Bereich übertragen. Dies führt zu gestörten Interaktionen, die Online-Toxizität verursachen", schlussfolgert der Forscher abschließend.

(Ende)
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