pts20040923046 Politik/Recht, Handel/Dienstleistungen

Gewerbeverein: Wo waren denn all die Naseweise, als es in Brüssel um ÖSL ging?

Irgendwann merken EVUs, dass man Strom nicht fressen, sondern verkaufen kann!


Wien (pts046/23.09.2004/21:16) In der Tat ist die Geschichte mit der Österreichischen Stromlösung (ÖSL) mehr als aufklärungsbedürftig - meint man im Österreichischen Gewerbeverein (ÖGV), der das ÖSL-Monster als einzige österreichische Wirtschaftsinteressensvertretung 2003 in Brüssel bekämpfte. Sonst wäre das Untier heute noch schreckenserregender.

Es war der 29. April 2003 als sich eine Hundertschaft von überwiegend österreichischen Stromexperten unterstützt von sauteuren internationalen Experten (wird vom Konsumenten eh über den Strompreis bezahlt!) einem Hearing vor der Wettbewerbsbehörde in Brüssel zu stellen hatte. Dass das Unding ÖSL damals den Segen des zuständigen Wirtschaftsministers hatte, war offenbar.

Einige wenige direkt betroffene Stromlobbyisten - wie die Kärntner - fuhren ihre schwachen Geschütze auf. Der österreichische Stromregulator brachte ein müdes Statement an und vom Wirtschaftsministerium hatte man den Eindruck, dass hier lediglich Beobachterstatus erwünscht war. Dass die österreichische Wettbewerbsbehörde erst gar nicht in Erscheinung trat, machte offenbar, dass man hier parteipolitisch nicht anecken wollte und froh war, das Unding nach Brüssel geschoben zu haben.

Einzig der Vertreter des ÖGV, Herwig Kainz - unterstützt von einem beherzten Juristen - machte den EU-Wettbewerbshütern in klarer Sprache deutlich, dass hier ein parteipolitisch motiviertes Quasimonopol aufgebaut wird. Bei dem in diesem Zusammenhang von Kainz verwendeten Wort "Politruks" zuckten die heimischen Stromlobbyisten zusammen und die Übersetzer in ihren Kabinen kneteten ihre Wörterbücher, da sie mit diesem Wort nichts anfangen konnten.

Bemerkenswert war, dass eine der kleineren heimischen Wirtschaftsvertretungen - nämlich der ÖGV - hier die gebündelten Interessen der gesamten österreichischen Nicht-Strom-Wirtschaft vertrat. Auf diesen Umstand wurde auch gegenüber den EU-Beamten hingewiesen. Es machte den Anschein, dass diese Nachhilfe in der österreichischen Farbenlehre von den Brüsselern sichtbar dankbar und mit großer Sympathie für eine kleine kämpfende Wirtschaftsinteressensvertretung aufgenommen wurde.
Mit dem guten Gefühl, dass David ÖGV, Goliath ÖSL wirksam bekämpfte, kehrte der ÖGV-Vertreter nach Wien zurück. Dankbar, dass ihn der Stromregulator kostenlos vom Verhandlungsort in der Stadtmitte zum Brüsseler Flughafen mitnahm.

Umso enttäuschender dann das Ergebnis. Es gab zwar geringe Auflagen an ÖSL. Es schien aber doch so zu sein, dass die Hauptlüge von ÖSL, sich für den Markt in den Reformstaaten zusammenzuschließen und nicht primär gegen die heimische Wirtschaft, bei den Brüsseler Wettbewerbshütern nicht entlarvt wurde.

Es hätten sich doch jene, die sich heute so aufplustern, schon damals zu Wort melden sollen. Aber da ging es ja nicht um die Interessen der Wirtschaft, sondern um jene der Stromwirtschaft gegen die Wirtschaft. Möglicherweise, dass unsere Stromversorger doch einmal darauf kommen, dass sie ihren Strom in Konservendosen aufbewahren müssen, wenn keine produzierende Wirtschaft mehr da ist, die ihn kauft!

(Ende)
Aussender: Österreichischer Gewerbeverein
Ansprechpartner: Dr. Herwig Kainz
Tel.: 01/587 36 3330
E-Mail: h.kainz@gewerbeverein.at
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