pts20050330057 Politik/Recht, Unternehmen/Wirtschaft

Gewerbeverein: Rieder sieht Beamte als Verursacher des Billigstbieterprinzips

.....und schlägt vor, die Lehrlingsausbildung als Vergabekriterium zu werten!


Wien (pts057/30.03.2005/21:06) In einer Podiumsdiskussion mit WKW-Präsidentin Brigitte Jank im Österreichischen Gewerbeverein (ÖGV) ließ Wiens Finanz- und Wirtschaftsstadtrat, Vizebürgermeister Sepp Rieder aufhorchen. Lehrlingsausbildende Betriebe sollten bei der Auftragsvergabe im öffentlichen Bereich bevorzugt behandelt werden. Auch sein Statement, dass "sich die Beamten im Zweifelsfall für den Billigstbieter entscheiden, damit sie nicht in Erklärungsnotstand kommen", wurde mit Interesse aufgenommen. Rieder bekannte sich voll zum Bestbieterprinzip.

Der ÖGV und die mit ihm verbundenen bauaffinen Verbände haben immer wieder bemängelt, dass die Praxis der Billigstbieter-Auftragsverbabe im öffentlichen Bereich gegen die gesetzlichen Vorgaben verstößt. De facto war der Preis zu 95 Prozent jenes Kriterium, das den Zuschlag bewirkte. Nur fallweise - etwa in Vorarlberg - dachte man daran, auch andere Bewertungen (etwa umweltorientiertes Verhalten) mit in den Kriterien-Mix aufzunehmen.

Bemerkenswert an der Rieder-Stellungnahme ist, dass er sehr wohl weiß, dass die Beamten aus Gründen der - nennen wir es Einfachheit - nahezu stets dem Billigstbieter den Auftrag erteilen. Wenn er dafür den möglichen nachfolgenden "Erklärungsnotstand" als Argument abgibt, ist das ein bedenklicher Zustand. Spitzenbeamte - und um die geht es - werden hoffentlich auch im qualitativen Bereich eine plausible Erklärung haben, warum sie vom Billigstbieterprinzip abgehen. Soviel Persönlichkeit und Courage darf wohl für 10.000 EUR Monatssalär und ein definitives Dienstverhältnis vorausgesetzt werden. Hier ist ein klärendes Wort seitens des Wirtschaftsstadtrats gegenüber seinen Beamten hoch an der Zeit.

Mit besonderer Genugtuung hat der ÖGV zur Kenntnis genommen, dass Rieder ausbildende Betriebe im Vergabeverfahren bevorzugen will. Wobei ihn das geltende Vergaberecht keineswegs hindert, dies ab morgen auch durchzusetzen.
Der ÖGV fordert daher, dass die Wiener Stadtregierung mit gutem Beispiel vorangeht und im öffentlichen Vergabeverfahren der Lehrlingsausbildung einen besonderen Stellenwert einräumt. Für einen mittleren Betrieb könnte schon ein Lehrling eine Minderung des Preiskriteriums um fünf Prozent bewirken. Das wäre doch ein Signal, das weit über polemische und teure Lehrlings-Werbekampagnen hinausgeht und der Förderung unseres Fachkräftenachwuchses massiv helfen würde.

(Ende)
Aussender: Österreichischer Gewerbeverein
Ansprechpartner: Herwig Kainz
Tel.: +43/1/587 36 33
E-Mail: h.kainz@gewerbeverein.at
|