pts20050420006 Technologie/Digitalisierung, Forschung/Entwicklung

Mobiles Breitband-Internet

Ein Nachbericht zum Future Network Management Forum


Wien, 20. April 2005 (pts006/20.04.2005/08:07) Auf der Suche nach Einsparungspotenzialen und Effizienzsteigerungen entdecken immer mehr Unternehmen mobile Breitband-Lösungen. Welcher Standard für mobiles Breitband sich durchsetzen wird, lässt sich aus heutiger Sicht aber nicht abschätzen. Die Zukunft ist daher ungewiss.

Der Einsatz mobiler Breitband-Lösungen bedarf genauer Planung und Definition der zu unterstützenden Geschäftsprozesse - "genauso wie etwa bei der Einführung eines ERP-systems", erklärte Helmut Rumpf, Leiter des Competence Centers mobile Computing der SBS-Tochter unit-IT. Im gleichem Atemzug tischte er dem übervollen Auditorium eine weitere - sattsam bekannte - Erfahrung auf: "Eine mobile Lösung lebt immer nur von einem funktionierenden, dahinter liegendem System." Im Klartext. Sinnvoll ist es, zuerst für saubere Hintergrundprozesse zu sorgen, und dann erst eine mobile Extension anzugehen.
Einen weiteren Knackpunkt bei der Implementierung mobiler Löungen stellt der Faktor Mitarbeiter dar - ein zumindest ebenso als bekannt anzunehmendes Phänomen. Für die meisten löst die Nachricht "In Zukunft arbeiten Sie mit einem PDA." zunächst einen Schock aus. Das heißt, es sind zunächst auch die direkten Anwender von den Vorteilen und dem Nutzen mobiler Lösungen zu überzeugen. Das gelingt in der Regel mit Beharrlichkeit und gezielten Schulungsmaßnahmen. Wie sonst wären die vielen bereits realisierten Projekte in den verschiedensten Ausprägungen und Anwendungsformen zu erklären? Dazu zählen beispielsweise Kundendienst-, Instandhaltungs- und Filiallogistik-Lösungen ebenso wie Anwendungen für den mobilen Außendienst, mobile Inventarisierung oder Transportlogistik-Systeme.
Schafft man es, den Nutzern den Mehrwert einer mobilen Lösung zu vermitteln, "dann gibt es auch keine lästigen Störungen bei den Endgeräten", analysierte Rumpf die Praxis. "Wenn ich morgen mein Kastl nicht mithab', dann fahr ich nicht auf die Tour", zitierte er einen Kundendienst-Mitarbeiter der Brauunion, der sich den Lieferdienst ohne PDA-Unterstützung offensichtlich nicht mehr vorstellen kann.
Der ROI mobiler Lösungen "liegt in Summe in der Back Office-Optimierung. Die ganze Zettelwirtschaft fällt weg. Vergessen Sie aber auch nicht, dass sich auch der gesamte Bereich der Reklamationen verbessert", so Rumpf. Bei der deutschen Edeka, dem weltweit siebentgrößten Retailer, sind "an die 10.000 Terminals für die mobile Filiallogistik im Feld". Der Terminal-Einsatz bringe dem Unternehmen bei der Inventurerfassung "zwei Stunden Zeitersparnis pro Mitarbeiter". Seitens der Endgeräte-Hersteller werde eine Haltbarkeit von mindestens fünf Jahren garantiert. Rumpf: "Sie können davon ausgehen, dass acht bis zehn Jahre ein entsprechendes Geräteservice verfügbar ist." Seien Anwendungen einmal realisiert, würden sie sich kaum ändern. Auch die Prozesse blieben großteils gleich.

Mobiler Bordverkauf bei Austrian Airlines

Für Austrian Airlines hat unit-IT jüngst den On-Board-Verkauf von zollfreien Waren konzipiert. Die Lösung ist laut Rumpf seit März in der Testphase und wird in einigen Tagen in Echtbetrieb gehen. Verkauf und Abrechnung erfolgten automatisiert über "All-in-One"-Terminals des deutschen Herstellers Höft & Wessel. Integriert sind Rechnungsdrucker, Barcode-Scanner, Magnet- und Chip-Karten-Leser. Die Eingaben erfolgen über einen 6,4 Zoll großen Touch Screen. Bei der Bezahlung mit Kreditkarte übernimmt das System selbsttätig die Überprüfung der Bonität durch den Abgleich von Eintragungen in Limit- und Blacklists. Den Datenabgleich, auch mit dem Warenwirtschaftssystem, regelt die von unit-IT entwickelte datCoS-Middleware. Weitere Applikationen seien angedacht. Derart sollen Rumpf zufolge auf Kurzstrecken bis zu zweieinhalb Stunden Flugzeit künftig Getränke und Speisen über das Terminal verkauft werden.

Breitband als Mobilitäts-Treiber

Technologielieferanten, ob im Mobil-, Festnetz- oder Internetbereich tätig, stehen heute vor der gleichen Herausforderung: nämlich die hohe Bandbreiten mit dem hohen Bedarf an Mobilität zu verheiraten. Typisch für eine derartige Situation ist die Vielzahl an zur Zeit präsenten Technologien. "Es gibt viele Lösungen am Markt, aber keine sichere Vorhersage, was der Standard sein wird", analysierte Thomas Strohmaier von der Unternehmensberatung Arthur D. Little. Zumindest drei Standard-Familien würden um die
Vorherrschaft streiten: Zum einen die ETSI-getriebenen 3G-Technologien (UMTS und CDMA), die von IEEE propagierte 802.11x-Protokollfamilie (Stichwort: WLAN contra WiMAX) und die proprietären Technologien auf Basis von TDMA/FDMA/SDMA. Zum von Intel stark unterstützten und für medialen Trommelwirbel sorgenden WiMAX-Protokoll gebe es zwar den ersten verabschiedeten Standard-Release, "allerdings kein handover und somit nur für die fixe Anbindung einer kabellosen Breitband-Lösung", merkte Strohmaier an. Mit
ersten mobilen Produkten sei in zwei Jahren zu rechnen: "WiMAX ist zur Zeit eine fixe Lösung, die auf langsamen Weg Richtung Mobilität unterwegs ist." Sein Fazit: "Die Unsicherheit für Netzbetreiber und Kunden ist sehr hoch."
Und dennoch: Das Thema Breitband und Mobilität ruft traditionelle Carrier (Fest- und Mobilnetz) sowie ISPs und gleichermaßen auch Marktneulinge auf den Plan, entsprechende Angebote auszurollen. Wobei unterschiedlichste Ausprägungen entstanden sind. Strohmaier dazu: "In Ländern mit entwickeltem Festnetz-Markt ist der Mehrwert durch mobiles Breitband eher gering." Frankreich sei dafür das beste Beispiel, dort halte man sich mit Entwicklungen sehr zurück. In Österreich hätte die eher still verlaufene Auktion
von Frequenzen im 3,5GHz-Band für verstärkte Aufmerksamkeit für kabellose Breitbandtechnologien auch bei etablierten Festnetz-Internetanbietern gesorgt. Interessant hierzulande sei auch, dass "sich neuen Preise für UMTS-Dienste schon sehr nahe an das Niveau der DSL- und Kabel-Angebote angenähert haben".
Während die langfristigen Perspektiven eher schwierig abzuschätzen sind, ist kurzfristig vor allem die Dauer und der Umfang des Rollouts bis zum Breakeven entscheidend, wie das Beispiel des tschechischen GSM-Netzbetreibers Eurotel zeigen. Die Tochterfirma der Czech Telecom launchte im August 2004 ihr BWA(Breitband Wireless Access)-Service (Bandbreite 256kbps) im 450 MHz-Frequenzband trotz heftigen Disputs mit ihrer Mutter Czech Telecom, die ADSL-Dienste (ebenfalls mit 256kbps) anbietet. Trotz teilweise
empfindlich höherer Preise für den mobilen Breitband-Zugang konnte das Experiment zumindest nach den ersten vier Monaten als gelungen betrachtet werden: mehr als 18.000 zahlende User und 50 Prozent Anteil am gesamten Breitband-Neugeschäft während dieser Periode, in der eine nationale Coverage von fast 75 Prozent erreicht wurde. Der eigentliche Clou liegt allerdings darin, dass die Nutzung des 450 MHz-Bandes einen sehr schnellen und kostengünstigen Netzaufbau ermöglicht, der durch den anhaltenden
User-Zustrom schnell wieder verdient werden kann, damit Eurotel die Nutzerpreise absenken kann - womit sich der Breitband-Wettbewerb mit der Mutter verschärft.
Als kurzfristig entscheidend beschrieb Strohmaier das Verhältnis zwischen Netzkosten, Preis und Kundenzustrom: So benötigt ein Netzbetreiber beispielsweise zur Refinanzierung eines 40 m Eur teuren BWA Netzes (Anm.: unter der Annahme einer operativen Gewinnspanne von 40 Prozent) "mindestens 80.000 Kunden, die innerhalb eines Zeitraumes von 2,5 Jahren ein monatliches Nutzungsentgelt von durchschnittlich 30 Euro bezahlen".

(Ende)
Aussender: Future Network
Ansprechpartner: Michael Vesely
Tel.: +43 699 125 99 641
E-Mail: mvesely@mvesely.at
|