16. Juni bis 25. September 2005 Dschingis Khan und seine Erben
Das Weltreich der Mongolen
Porträt des Kaisers Taizu (Dschingis Khan)© Nationales Palastmuseum Taipeh, Taiwan |
Bonn (pts022/04.07.2005/11:44) Im Jahr 2006 wird der geschichtsträchtigen Einigung der mongolischen Stämme unter Dschingis Khan vor 800 Jahren gedacht. In den riesigen Gebieten Inner- und Ostasiens, deren zentrale Territorien die Geographie heute Mongolei nennt, vermochten reiternomadische Gemeinschaften über Jahrtausende hin immer wieder mächtige Reiche aufzubauen. Das Imperium Dschingis Khans und seiner Nachfolger stellt den machtpolitischen Höhepunkt innerhalb dieser langen Tradition nomadischer Staatsgründungen im eurasischen Steppengürtel dar. Das größte Reich der Geschichte erstreckte sich in seiner Blütezeit im 13. und 14. Jh. vom Pazifischen Ozean bis Mitteleuropa und wurde in seiner Entwicklung durch eine Vielzahl von Völkern und Kulturen nachhaltig geprägt.
Mit der Unterstützung namhafter Kooperationspartner, wie dem Musée national des arts asiatiques - Guimet, Paris, der Staatlichen Eremitage, St. Petersburg, dem National Palace Museum Taipei, dem Tokyo National Museum und dem National Museum of Iran, Teheran, ist es gelungen, herausragende Exponate aus allen Teilen des Weltreiches für diese Ausstellung zu gewinnen.
Im Eingangsbereich der Ausstellung fällt der Blick auf die drei wichtigsten Symbole der Macht Dschingis Khans, die heute mehr denn je identitätsstiftende Bedeutung für die Mongolen besitzen. Das Gemälde Der heilige Berg Burchan Qaldun zeigt die Heimat der Ahnen Dschingis Khans. Der Stein des Dschingis - eine herausragende Leihgabe aus der Staatlichen Eremitage, St. Petersburg - stammt aus der Mitte des 13. Jhs. und enthält in seiner Inschrift eine der frühesten Erwähnungen des Namens Dschingis Khans. Doch das bedeutungsvollste Symbol ist die Neunfüßige Weiße Standarte. Sie symbolisiert das unter Dschingis Khan geeinte mongolische Volk - seine Identität, seine Geschichte, seinen Platz in der Welt. Die neun Weißen Standarten stehen heute im Regierungsgebäude der Mongolei. Die Schwarze Standarte, die auch in der Ausstellung zu sehen ist, steht heute im Verteidigungsministerium der Mongolei und symbolisiert die Stärke des Militärs. Nur mit einer Sondergenehmigung der mongolischen Regierung konnten die in dieser Ausstellung präsentierten Nachbildungen angefertigt werden. Das Zentrum der Ausstellung bildet das älteste Porträt des Dschingis Khan aus den National Palace Museum Taipei.
Die Mongolen waren nicht nur erfolgreiche Eroberer, sie vermochten es auch, ihr riesiges Herrschaftsgebiet souverän unter Kontrolle zu halten. Effektive Verwaltungsstrukturen, die Förderung des Handels, ein modernes Pass- und Kurierwesen und schließlich eine weitgehende religiöse und kulturelle Toleranz bildeten das Fundament der sogenannten Pax Mongolica: Bis ins 16. Jahrhundert hinein blühte der Austausch zwischen Europa und Asien mit noch nie da gewesener Intensität, über Handelswege gelangten nicht nur Waren, sondern auch Ideen und zivilisatorische Errungenschaften von einem Teil des Imperiums ins andere. Dies wird anhand von ausgewählten Exponaten eindrucksvoll belegt: Zwei silberne Pässe aus der Staatlichen Eremitage St. Peterburg gestatteten dem privilegierten Träger die Reise durch das Weltreich. Eine nahezu drei Meter breite Weltkarte (1470) des japanischen Klosters Honko-ji, die zum ersten Mal ausgestellt wird, bildet das riesige Gebiet des mongolischen Reiches ab und über seine Grenzen hinaus auch dessen wirtschaftliches Einflussgebiet - ganz Eurasien und Nordafrika sowie die dazugehörigen Meere.
Die Ausstellung stellt das mongolische Reich auf dem Zenit seiner Macht vor, und beschreibt zugleich auch die vorangegangenen Traditionen und Nachwirkungen der Mongolenherrschaft bis in die heutige Zeit. Seit vier Jahren graben Archäologen der Universität Bonn sowie des Deutschen Archäologischen Instituts die berühmte Hauptstadt Dschingis Khans, Karakorum, aus. Die archäologischen Funde aus Karakorum lassen nicht nur eine kosmopolitische Stadt erahnen, sondern belegen auch erstmals die Übernahme des Buddhismus bereits für das 13. Jahrhundert.
Französische und türkische Archäologen legen die mit reichen Funden ausgestatteten Nekropolen der Vorläufer des Mongolenreiches frei - der Xiongnu (4. Jh. v.Chr. - 2. Jh. n.Chr.) sowie der Türken (6. - 9. Jh. n.Chr.). Ein Großteil der sensationellen Grabungsergebnisse dieser Kampagnen wird in der Ausstellung erstmalig präsentiert.
Ein weiterer wichtiger Bereich der Ausstellung widmet sich den Nachfolgereichen des Dschingis Khan-Imperiums, wie sie zum Teil noch bis ins 16. Jahrhundert in Asien und Europa bestanden haben. Gezeigt werden einmalige Zeugnisse kultureller Wechselwirkung zwischen den nomadischen Eroberern und den sesshaften Völkern: die Reiche der Goldenen Horde in Russland und das Ilkhanat in Persien, die sich beide dem Islam zugewandt hatten, sowie die Yuan-Dynastie in China haben großartige Kunstwerke hervorgebracht, die in repräsentativer Auswahl in der Ausstellung gezeigt werden. Sie stammen aus den bedeutendsten Museen der Mongolei sowie aus berühmten Sammlungen Ostasiens und Europas.
Als die Nachfolger Dschingis Khans im mongolischen Kernland vor der Notwendigkeit standen, ihrer Herrschaft durch die Einführung einer Hochreligion eine tragfähige ideologische Grundlage zu geben, entschieden sie sich für den Buddhismus. Der Hof des mongolischen Khans zeichnete sich durch eine große religiöse Toleranz aus: Neben Schamanen, nestorianischen Christen und katholischen Missionaren haben hier vor allem tibetische Buddhisten gewirkt. Die Ausstellung zeichnet die wechselvolle Geschichte des Buddhismus im mongolischen Herrschaftsgebiet vom 13. bis zum 20. Jahrhundert anhand prägnanter künstlerischer Zeugnisse nach.
Schließlich wird das "lange 20. Jahrhundert" des modernen mongolischen Staates ausführlich dokumentiert, in dem die Frage nach einer identitätsstiftenden Rolle und Tradition Dschingis Khans wieder virulent wird.
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