Gewerbeverein: Erst ein paar Tote, aber vor Versetzung den Betriebsrat gefragt!
Ein Arbeitsrecht, dass Unschuldige zu Opfern macht, ist unseres Staates unwürdig
Wien (pts005/16.10.2005/21:16) Formalismen gehören im österreichischen Arbeitsrecht zur Tagesordnung. Aber, dass es erst möglicher Todesopfer bedarf, bis der von der Sicherheit her gebotene sofortige Abzug eines Triebfahrzeugführers vom Fahrdienst die betriebsrätliche Absegnung erfahren hat, diese Verantwortung bleibt nun am Obersten Gerichtshof hängen (OGH 6.4.2005, 9 ObA 88/04p). Das Urteil orientierte sich am Arbeitsverfassungsgesetz (ArbVG), dass für jedes Unternehmen in Österreich zwingend ist, stellt der Österreichische Gewerbeverein (ÖGV) erschüttert fest.
Eine dauernde Einreihung eines Arbeitnehmers auf einen anderen Arbeitsplatz ist dem Betriebsrat unverzüglich mitzuteilen; auf Verlangen ist darüber zu beraten. Ist mit der Einreihung auf einen anderen Arbeitsplatz eine Verschlechterung der Entgelt- oder sonstigen Arbeitsbedingungen verbunden, so bedarf sie zu ihrer Rechtswirksamkeit sogar der Zustimmung durch den Betriebsrat. Erteilt er diese nicht, geht das Ganze ans Gericht.
Der ÖBB wird die Prozedur nicht viel getan haben. Wer bereits 4,7 Mrd. EUR Bundeszuschuss jährlich erhält, bezahlt die Dienstfreistellung eines einzigen Triebfahrzeugführers aus der Portokasse. Die zuvor der Steuerzahler gefüllt hat.
Anders bei einem Unternehmen mit wenigen Mitarbeitern und einem Betriebsrat. Hier kann die Floskel des OGH nicht praktisch umgesetzt werden, die im ÖBB-Urteil lautete, dass der "Einsetzung allenfalls sofort notwendiger vorläufiger Maßnahmen zugunsten der Sicherheit des Eisenbahnverkehrs nichts entgegenstehen darf."
Lasst uns folgenden realistischen Fall durchspielen: Ein Kleinunternehmen mit Betriebsrat hat einen Fahrer, der leicht alkoholisiert einen Unfall verursachte. Ähnliche Vorfälle fanden davor schon statt. Sozial wie man ist, steckt man den Mann in die Materialwirtschaft. Dann beginnen vom Betriebsrat bis zu den Gerichten alle zu mauern. Das Verfahren dauert bei der in Österreich üblichen Geschwindigkeit Jahre. In dieser Periode muss ein Ersatzfahrer eingestellt werden. Die darauf folgende Insolvenz des Unternehmens kann als gesichert angenommen werden.
Die andere Variante ist, man lässt den Alko-Lenker - so ferne er noch einen Führerschein besitzt - weiter fahren. Das kann für viele Menschen letal enden.
An diesem Fall und dem Beispiel kommt die Brutalität unseres unflexiblen Arbeitsrechts sehr anschaulich ans Tageslicht. Die Reduktion auf den Kernsatz "Lieber Tote, aber dem Arbeitsrecht ist genüge getan", mag zwar plakativ klingen - sie ist leider Realität. Man kann als Arbeitgeber nur zwischen Brutalität oder sozialem Verhalten mit nachfolgender Insolvenz wählen!
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