pts20060728014 Technologie/Digitalisierung, Medien/Kommunikation

Verordnungspläne des BMVIT bedrohen kostenlose 0800-Nummern

VAT kritisiert Anlassgesetzgebung zugunsten der Telekom Austria


Wien (pts014/28.07.2006/10:29) Rund ein halbes Jahr nachdem die sogenannte "Payphone Access Charge" (kurz PAC) vom Verwaltungsgerichtshof gekippt wurde, könnte die umstrittene Gebühr der Telekom Austria (TA) auf 0800-Nummern nun doch noch durch die Hintertür eingeführt werden. Tatkräftig unterstützt wird der Ex-Monopolist dabei vom BMVIT, welches die Einführung der PAC durch eine spezielle Änderung der Universaldienstverordnung (UDV) ermöglichen möchte. Ein entsprechender Entwurf für eine Novelle der UDV ist nun zur Begutachtung veröffentlicht worden. In diesem ist vorgesehen, dass die Erreichbarkeit von 0800-Nummern aus öffentlichen Telefonzellen künftig unterbunden werden kann. Damit soll es der TA ermöglicht werden, ihre Zusammenschaltungspartner (also die Alternativen Netzbetreiber) zu einer "privatrechtlichen Einigung" über die Bezahlung der PAC - unter Androhung der sonstigen Sperre der in ihrem Netz eingerichteten 0800-Nummern - zu "bewegen". Eine massive Verteuerung der weit verbreiteten Services wird die Folge sein.

"Für die Alternativen Netzbetreiber ist diese Vorgehensweise unzumutbar. Hier werden die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes ebenso ignoriert wie das mehrmalige Nein von Zivilgerichten. Stattdessen werden mittels maßgeschneiderter Anlassgesetzgebung irgendwelche Hintertüren geöffnet, um die Rahmenbedingungen für den Ex-Monopolisten zurechtzubiegen. Nicht nur, dass die Alternativen Netzbetreiber damit vollkommen der Willkür der Telekom Austria ausgesetzt sind, verstößt Österreich mit der Änderung der Universaldienstverordnung aus Sicht des VAT auch gegen EU-Recht", kritisiert VAT-Präsident Achim Kaspar scharf die Pläne des BMVIT.

PAC bedeutet das Ende für viele Gratisnummern und trifft damit soziale Hilfsdienste und Minderheiten
Betroffen von der PAC sind alle Inhaber von 0800-Nummern. Von der neuen Regelung werden notrufähnliche Services wie beispielsweise Sozialservicestellen, Kinderhotlines, Frauennotrufe in Fällen von Gewalt, Sorgentelefone, die Kinder- und Jugendanwaltschaft des Bundes, das Bundessozialamt sowie das Rote Kreuz, Tierschutzeinrichtungen, Schlüsseldienste oder der Bankomatkarten-Sperrnotruf besonders getroffen, da diese Services besonders oft von Telefonzellen aus angerufen werden.

Zweite Gruppe der Leidtragenden sind die Nutzer von Calling Cards. Das sind Telefonkarten mit Kartennummer zum bargeldlosen Telefonieren ins In- und Ausland, die vor allem von sozial schwachen Endkunden genutzt werden. Diesen müssen die Calling Card-Anbieter die erhöhten Kosten weiterverrechnen. "Mit der PAC werden über Nacht für die Konsumenten wichtige Services ruiniert. Gleichzeitig wird auch ein ganzes Geschäftsfeld für die Anbieter zerstört werden", appelliert Kaspar an die Verantwortung der Politik.

Das nicht nachvollziehbare Kostenargument der Telekom Austria
Die TA begründet ihren neuerlichen Vorstoß damit, die Erlöse aus der PAC für die Deckung der anfallenden Kosten der Telefonzellen zu benötigen, aus denen die 0800-Nummern gratis angerufen werden können. Doch die Regulierungsbehörde hat festgestellt, dass diese Kosten "fast zur Gänze" Fixkosten sind. Erfahrungswerte aus der erstmaligen PAC-Einführung Ende 2005 zeigen weiters, dass eine solche Gebühr einen Rückgang des Gesprächsaufkommens aus Telefonzellen zu 0800-Nummern von bis zu 85 % mit sich bringt. Somit reduzieren sich die möglichen Einnahmen der TA aus einer PAC derart, dass am Ende kein Beitrag zur Deckung der Fixkosten zu erwarten ist. "Es kommt somit klar und deutlich zum Ausdruck, dass die PAC keine Entlastung des Universaldienstes sondern lediglich die Vernichtung eines die TA konkurrenzierenden Geschäftsfeldes beabsichtigt", erklärt der VAT-Präsident.

PAC: Trotz zweifacher Ablehnung des VwGH eine "never-ending-story":
Im Jahr 2002 lehnt die Regulierungsbehörde die erste PAC-Forderung der TA mit der Begründung ab, dass keine Zusammenschaltungsleistung vorliegt. Der VwGH bestätigt diese Entscheidung. Im August 2005 gibt die Regulierungsbehörde wiederum einer neuerlichen PAC-Forderung der TA statt. Der VwGH hebt diesen Bescheid jedoch im Januar 2006 wegen Rechtswidrigkeit auf. Die Telekom Austria droht daraufhin, die Erreichbarkeit von 0800-Nummern selektiv zu unterbinden, wenn sich die Alternativen Anbieter nicht mit ihr "privatrechtlich einigen". Im Frühjahr 2006 erlässt das Handelsgericht Wien eine einstweilige Verfügung gegen eine solche Sperre. In einem weiteren Verfahren weist das Handelsgericht einen Antrag der TA ab.

Nun soll durch die Änderung der Universaldienstverordnung (UDV) die Voraussetzung geschaffen werden, um eine "privatrechtliche Einigung" über die Bezahlung der PAC durch Androhung der sonstigen Rufnummernsperre zu erzwingen. Der Entwurf des BMVIT steht unter http://www.bmvit.gv.at/telekommunikation/aktivitaeten/begutachtung_udv.html zum Download bereit. Stellungnahmen können noch bis zum 10. August 2006 and das BMVIT abgegeben werden. Das Positionspapier des VAT zur PAC mit detaillierten Argumenten und Hintergrundinformationen steht unter http://www.vat.at/Aktuelles.htm zum Download zur Verfügung.

Verband Alternativer Telekom-Netzbetreiber (VAT)
Der VAT ist die Interessenvertretung der aufgrund der Liberalisierung in der Telekommunikation tätig gewordenen Betreiber und hat seit seiner Gründung im Jahr 1997 maßgeblich zur Schaffung fairer und wettbewerbsorientierter Rahmenbedingungen beigetragen. Zu seinen Mitgliedern zählen Unternehmen aus dem Festnetz- und Mobilbereich, die neben den klassischen Telekommunikationsleistungen wie Sprachdienste für Endkunden und dem Errichten von Kommunikations-Infrastruktur auch Datendienste und Datenanbindungen anbieten. Die dem Verband angehörenden Unternehmen erzielen pro Jahr insgesamt ca. 2,4 Milliarden Euro Umsatz. Von den neuen Betreibern wurden in den letzten Jahren rund 5 Milliarden Euro investiert.

Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an:

Dr. Achim Kaspar (eTel Austria AG), Präsident des VAT
Pressestelle eTel Austria AG, Frau Pia Pausch,
Mobil: +43 699 105 10008, E-Mail: p.pausch@pauschpr.at

Mag. Jan Engelberger, Geschäftsführer des VAT
Mariahilfer Straße 37-39, 1060 Wien
Tel.: +43 1 588 39-37
E-Mail: engelberger@vat.at ; Web: http://www.vat.at

(Ende)
Aussender: VAT-Verband Alternativer Telekom - Netzbetreiber
Ansprechpartner: Mag. Jan Engelberger
Tel.: 01/588 39-37
E-Mail: engelberger@vat.at
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