pressetext-Erfolg: APA-Millionenvertrag offengelegt
Teure Usancen des Bundeskanzleramts - Bund zahlt vielfach überhöhte Preise
Wien (pts021/16.07.2008/12:05) Die Nachrichtenagentur pressetext hat heute das Verfahren zur Klärung der Vergabepraxis zwischen der Republik Österreich (Bundeskanzleramt) und der Austria Presse Agentur (APA) beendet, das dazu beigetragen hat, dass der laufende APA-Millionenvertrag http://www.pressetext.com/news/20061204020 offengelegt werden musste. pressetext bewertet die Offenlegung des Vertrages als Erfolg. Es sieht nunmehr so aus, als ob der Bund seit vielen Jahren überhöhte Preise für APA-Dienstleistungen zahlt.
"Das Verfahren hat dazu geführt, dass wichtige Fragen gestellt und Zusammenhänge offengelegt wurden. Darüber hinaus wurde die Sensibilität für den verantwortungsbewussten Umgang mit öffentlichen Mitteln geschärft", sagt pressetext-Geschäftsführer Franz Temmel. "Wir haben erreicht, dass sich APA und Bund vor dem Bundesvergabeamt und dem Europäischen Gerichtshof rechtfertigen mussten und für Aufklärung gesorgt wurde. pressetext wird auch weiterhin wachsam solche Themen aufgreifen." Bedauerlich sei, dass sich das Bundeskanzleramt aus alter Gewohnheit noch immer nicht öffentlich zur Causa äußern will.
EuGH-Urteil berücksichtigt technische Entwicklungen nicht
In einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes zum Vergaberechtsstreit erteilten die Höchstrichter einen Freibrief für bestimmte vertragliche Änderungen, auch preislicher Art. Das Bundesvergabeamt müsste bei einer Fortsetzung des Verfahrens nun auf Basis des EuGH-Urteils entscheiden. Dieses berücksichtigt jedoch in keiner Weise die technischen und wirtschaftlichen Entwicklungen seit der ersten Vertragsvereinbarung im Jahr 1994. pressetext verzichtet daher auf eine Fortsetzung des Verfahrens.
Neben der Veränderung des Wirtschaftsumfeldes ist vor allem der technische Fortschritt und der damit einhergehende kontinuierliche Verfall der Preise für IT-Dienstleistungen zu nennen. Ausgehend von diesen geänderten Rahmenbedingungen und der Beurteilung des allgemeinen Preisverfalls - pressetext berichtete: http://www.pressetext.at/pte.mc?pte=080715029 - würde die Republik derzeit für IT-Dienstleistungen der APA vielfach überhöhte Preise zahlen.
Der Basisvertrag zwischen dem Bundeskanzleramt und der APA, geschlossen 1994, sieht eine zweiteilige Vergütung für die Nutzung der APA-Informationsdienste vor. Zum einen wurde ein jährliches Pauschalentgelt für die Nutzung der redaktionellen Dienste sowie der Medienarchive vereinbart. Zum anderen entstehen dem Bundeskanzleramt bei getätigten Onlineabfragen zusätzliche Kosten, die in CPU-Minuten abgerechnet werden. Damit soll die entstehende EDV-Systembelastung abgegolten werden.
APA-Vertrag mit dem Bund nicht marktüblich angepasst
Vereinbart wurde 1994 ein Listenpreis von 67 ATS (4,87 Euro) exkl. MwSt abzüglich 15 Prozent Rabatt. Die Preisermittlungsgrundlage für die CPU-Minute blieb bis 2001 gleich, als erstmals ein Nachtrag zum Basisvertrag vereinbart wurde, der die Preise gerundet in Euro festlegte. Erst mit Anfang 2006 erhöhte die APA den Rabattsatz auf 25 Prozent.
Analog zu den marktüblichen Preisen für Hardware, IT-Dienstleistungen oder Web-Zugangsangeboten ist allerdings auch der Marktpreis für die CPU-Minute in den vergangenen Jahren kontinuierlich stark gesunken. Laut Expertenmeinung - http://www.pressetext.at/pte.mc?pte=080715029 - liegt dieser Prozentsatz bei zehn bis 30 Prozent jährlich.
In der Wirtschaft werden Verträge über IT-Dienstleistungen wie dem Zugang zu Computing-Power mit der Verrechnungsbasis nach zeitlicher CPU-Nutzung, jährlich überprüft und preislich angepasst. Dazu werden in den langjährigen Verträgen Preisanpassungsklauseln, Marktpreisvergleiche sowie Benchmarks vereinbart, um zu gewährleisten, dass die bezahlten Preise adäquat sind.
Republik hat allein seit 2005 über 2,5 Mio. Euro zu viel bezahlt
Wie aus dem Urteil des EuGH hervor geht, wurden im Basisvertrag 1994 ein Kündigungsverzicht bis Ende 1999 sowie der Zeitpunkt der ersten Preiserhöhung vereinbart und weiters die Wertbeständigkeit hinsichtlich der CPU-Minute auf Basis eines Listenpreises und hinsichtlich der übrigen Preisbestandteile auf Basis des Verbraucherpreisindex (VPI) gesichert.
Entgegen dem allgemeinen Trend in der IT-Branche, dass die Preise fallen, sicherte sich die APA hier die Möglichkeit einer Erhöhung. Erst elf Jahre später wurde der ursprünglich vereinbarte Rabattsatz von 15 auf 25 Prozent erhöht. Im Rahmen des Rechtsstreites vor dem Bundesvergabeamt wurde keine Änderung des für die Preisermittlung maßgeblichen Listenpreises vorgebracht. Demnach würde der Bund somit aktuell einen Preis von 3,65 Euro pro CPU-Minute (Netto-CPU-Zeit) exkl. MwSt bezahlen.
Ausgehend von dem im Jahr 1994 vereinbarten CPU-Entgelt (4,87 Euro) und dem beschriebenen Preissenkungstrend mit einem jährlich konservativ gerechneten Abschlag von zehn Prozent würde sich demgegenüber aktuell ein Preis von maximal 1,00 Euro pro CPU-Minute errechnen, der damit bei weniger als einem Drittel des aktuellen Entgelts liegt. Bei verrechneten CPU-Entgelten, die allein im Jahr 2005 bei 1.065.825,09 Euro gelegen sind, hätte sich die Republik Österreich in den vergangenen Jahren eine stattliche Summe von mehreren Millionen Euro gespart.
Teure Usancen des Bundeskanzleramts
Die für den Vertrag zuständige Präsidialsektion des Bundeskanzleramts http://www.austria.gv.at/site/3359/default.aspx unter der Leitung von Sektionschef Dr. Manfred Matzka ist also dafür verantwortlich, dass der APA-Millionauftrag nach wie vor keiner Ausschreibung unterzogen wird und dass der Bund gemessen an der allgemeinen Preisentwicklung im IT-Bereich so allein zwischen 2005 und 2008 bei gleichbleibender CPU-Minuten-Konsumation über 2,5 Mio. Euro (rund 36 Mio. Schilling) Steuergelder zu viel bezahlt hat.
Das Bundeskanzleramt wollte diesen Sachverhalt auf Anfrage von pressetext nicht kommentieren. Manfred Matzka ließ lediglich ausrichten, "dass es nicht zu den Usancen des Bundeskanzleramtes gehört, Verträge in der Öffentlichkeit zu erörtern".
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