Sprachtechnologie im Fokus: Ersetzen Computer den Menschen?
Übersetzen zwischen High Tech und menschlichem Sprachgefühl
Dr. Jost Zetzsche mit Mag. Sabine Kern und Mag. Eva Holzmair-Ronge (WKW/Herbst) |
Wien (pts021/12.04.2011/12:05) Kommunikation bildet eine wesentliche Grundlage für das Funktionieren der modernen, globalisierten Gesellschaft. Entsprechend rasant ist die Innovationsgeschwindigkeit in jenem Bereich der Sprachtechnologie, der sich mit der Übersetzung von Texten beschäftigt. Einen fundierten Einblick in die unterschiedlichen Ansätze und Tools sowie deren Einfluss auf die Arbeit und die Zukunftsperspektiven von ÜbersetzerInnen gab der international renommierte Sprachtechnologie-Experte Dr. Jost Zetzsche gestern auf Einladung der Berufsgruppe Sprachdienstleister in der Wirtschaftskammer Wien und UNIVERSITAS Austria.
Technologische Innovationen haben das Berufsbild "ÜbersetzerIn" in den letzten Jahren einem massiven Wandel unterzogen. Zählten früher vor allem die linguistischen Fähigkeiten, das sprachliche Feingefühl und die interkulturelle Kompetenz, sollten ÜbersetzerInnen heute darüber hinaus auch noch technikaffin bzw. zumindest sattelfest in der Anwendung sogenannter CAT-Tools (Computer Assisted Translation-Tools) sein. Denn CAT-Tools, die beispielsweise Terminologiedatenbanken oder Translation Memory Systeme bieten, sind aus dem Alltag von ÜbersetzerInnen kaum noch wegzudenken. Sie tragen maßgeblich zur Steigerung der Effizienz bei und ermöglichen eine konsistente Sprache, auch wenn mehrere ÜbersetzerInnen an einem Text arbeiten. Damit bilden CAT-Tools in einer Branche, in der ca. 80 Prozent der Anbieter Ein-Personen-Unternehmen sind, eine maßgebliche Grundlage für eine effiziente und erfolgreichen Zusammenarbeit. Doch neben CAT-Tools gibt es auch eine wachsende Anzahl an Programmen zur maschinellen Übersetzung, also Tools, die ganze Texte selbst zu übersetzen versuchen - gänzlich unabhängig von der Arbeit von ÜbersetzerInnen.
Chancen und Grenzen der Sprachtechnologie...
Die Frage, wie die neuen Technologien den Alltag und das Berufsbild beeinflussen, bzw. ob Computer in absehbarer Zeit sogar in der Lage sein werden, ÜbersetzerInnen zu ersetzen, war daher auch Thema der gestrigen Informationsveranstaltung. "Menschen sind die besseren Übersetzer und werden das aufgrund ihrer linguistischen Qualifikation auch immer bleiben. Denn Computerprogramme können nur übersetzen, was der Mensch ihnen zuvor beigebracht hat", erteilte Sprachtechnologie-Experte Dr. Jost Zetzsche derartigen Befürchtungen allerdings eine klare Absage. Denn maschinelle Übersetzung funktioniert zwar im Bereich von Funktionstexten, bei denen die reine Nutzbarkeit im Vordergrund steht und nicht die Qualität bzw. der Stil der Übersetzung, bereits einigermaßen gut. Aber sobald es um Texte mit höheren Anforderungen geht, werden Computer auf absehbare Zeit sicher nicht in der Lage sein, auch nur annähernd an die Qualität einer händischen Übersetzung heranzukommen, ist der Experte überzeugt.
... und ihre Bedeutung für die Branche der Sprachdienstleister
Mag. Sabine Kern, Vorsitzende des Berufsgruppenausschusses in der Wirtschaftskammer Wien, sieht in den neuen Technologien keine direkte Konkurrenz: "Der Einsatz von CAT-Tools ermöglicht es uns, effizienter zu arbeiten und uns auf unsere ureigenen Stärken zu konzentrieren: Das menschliche Gefühl für sprachliche Feinheiten und die Fähigkeit, beim Übersetzen den jeweiligen Kontext zu berücksichtigen. Von reinen SprachdienstleisterInnen werden wir so immer mehr zu ProjektmanagerInnen, die für die sprachliche Qualität garantieren und dort korrigierend eingreifen, wo die Technik an ihre Grenzen stößt." Und auch Mag. Eva Holzmair-Ronge, Präsidentin von UNIVERSITAS Austria, bestätigt: "Bereits jetzt arbeiten die meisten unserer Mitglieder mit CAT-Tools. Uns war es daher wichtig, im Rahmen der Veranstaltung einen objektiven Überblick über die unterschiedlichen Lösungen am Markt sowie ihre spezifischen Stärken zu geben. Denn die Entscheidung für das richtige CAT-Tool kann die Arbeit von ÜbersetzerInnen deutlich erleichtern."
Dr. Jost Zetzsche, der seine Aufgabe als Opinion Leader innerhalb der Branche in der Funktion des Brückenbauers zwischen Mensch und Technologie beschreibt, sieht in der aktiven Beteiligung an der Weiterentwicklung der sprachtechnologischen Möglichkeiten sogar eine Chance für die Branche. "Denn die Entwicklung wird passieren - mit uns oder ohne uns", so der Experte, "wir ÜbersetzerInnen können mit unserer Expertise wesentlich zu ihrem Erfolg beitragen und erschließen damit gleichzeitig ein zukunftsträchtiges Betätigungsfeld für uns."
Fachgruppe Wien der gewerblichen Dienstleister - Berufsgruppe Sprachdienstleister
Die Fachgruppe der gewerblichen Dienstleister ist die gesetzliche Interessenvertretung der rund 700 gewerblichen Übersetzer und Übersetzungsbüros in Wien. Ziel der Berufsgruppe Sprachdienstleister unter Vorsitz von Mag. Sabine Kern ist die Professionalisierung des Berufsstandes. Innerhalb Österreichs umfasst dies die Förderung des Qualitätsbewusstseins und des Nachwuchses, die Durchführung von Aus-, Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen, Networking und die Etablierung von Kooperationstools sowie die Bewusstseinsbildung für die zunehmende Relevanz internationaler und interkulturellen Verständigung. Auf internationaler Ebene zählen die Förderung des Erfahrungsaustauschs mit Übersetzer- und Dolmetscherverbänden in anderen Ländern sowie der internationalen Zusammenarbeit mit Ausbildungsstätten für Übersetzer und Dolmetscher zu den Zielen der Berufsgruppe. Details unter: http://wko.at/wien/uebersetzungsbueros .
UNIVERSITAS Austria
UNIVERSITAS Austria wurde 1954 unter dem Namen UNIVERSITAS als Berufsverband der akademisch ausgebildeten DolmetscherInnen und ÜbersetzerInnen gegründet, wobei der Arbeitsschwerpunkt der Mitglieder auf Dolmetschen und/oder Fachübersetzungen liegt. Bis heute legt UNIVERSITAS Austria großen Wert auf die solide Ausbildung und laufende Weiterbildung ihrer rund 600 Mitglieder. Dazu setzt sich UNIVERSITAS für eine positive öffentliche Wahrnehmung des Berufsstandes, bessere Rahmenbedingungen für die Berufsausübung und Bewusstseinsbildung betreffend die Komplexität translatorischer Dienstleistungen ein. Details unter: http://www.universitas.org.
Aussender: | Fachgruppe Wien der gewerblichen Dienstleister - Berufsgruppe Sprachdienstleister |
Ansprechpartner: | Dr. Sabine Unterweger |
Tel.: | +43 1 319 14 44 |
E-Mail: | s.unterweger@comunicative.net |
Website: | wko.at/wien/uebersetzungsbueros |