IT-Industrie steht vor neuen Herausforderungen
5. Future Network Netzwerktreffen in Zürich
N. E. Meyer SI, T. Laimbach Fraunhofer Inst. ISI, M. Rappopprt IBM Research |
Wien (pts014/15.09.2011/12:00) In den kommenden zehn Jahren wird sich die IT grundlegend verändern. Herausforderungen warten in fast jedem Bereich der Datenverarbeitungstechnologien. Neben der Bewältigung von permanent wachsenden Datenbergen kommen auf die Entwickler Herausforderungen mit dem Management der vielen internetfähigen Devices zu. Das beginnt bei Mobiltelefonen und geht über verschiedene Sensoren in der Verkehrsüberwachung bis hin zu intelligenten Stromzählern. Weiters gilt es Fragen der Sicherheit neu zu stellen. Im Rahmen des fünften Zürcher Technologieoutlooks für den Geschäftserfolg, veranstaltet von Future Network und Schweizer Informatiker Gesellschaft, der Universiät Zürich und der Universität Zürich, in Zusammenarbeit mit Conect Eventmanagement skizzierten die Vortragenden die kommenden Probleme. Unterlagen im Papersdownload unter http://future-network.at/dokument_1.asp.
"2020 muss die IT noch schneller, flexibler und anpassungsfähiger sein", sagt Moshe Rappoport, Executive Technologie Briefer bei IBM Research in Rüschlikon, im Rahmen des Technologieoutlooks von Future Network und der Schweizer Informatiker Gesellschaft in Zusammenarbeit mit der Universität Zürich und der Universität Rostock sowie Conect Eventmanagement in Zürich. Aktuelle Computersysteme können mit den Anforderungen zukünftiger Anwendungen der Systeme der Zukunft nicht mehr effizient genug umgehen. "Wir brauchen neue Werkzeuge", fordert Rappoport. Allein ein Blick auf die enorm wachsenden Datenmengen zeige auf, dass völlig neue Computer und Speichersysteme benötigt werden, um die anfallenden Informationen zu verarbeiten.
Dazu kommt, dass relevante Daten künftig vor allem in unstrukturierter Form vorliegen werden. Sie stammen aus Chats, von Nachrichtenagenturen oder von Diensten wie Twitter. "Eine einzige Statusmeldung bei Twitter liefert sehr viele relevante Informationen, die zum Beispiel von Marketingabteilungen verarbeitet werden können. Diese Infos tauchen aber ungeplant auf und müssen erst analysiert und kategorisiert werden. Dafür brauchen wir völlig andere Systeme, als uns heute zur Verfügung stehen", sagte Rappoport im Gespräch.
Lernende Computer notwendig
Passende Analyseinstrumente werden darüber hinaus bei der Vorhersage von Verkehrsflüssen, Wetterereignissen oder im Management von Städten benötigt. "Lernende Computer" nennt der IT-Experte jene Systeme, die sich anhand von durchgeführten Berechnungen und Ergebnissen selbst optimieren können, um künftig noch bessere und genauere Resultate von Datenanalysen zu liefern. "Sie beziehen die Vergangenheit in ihre gegenwärtige Arbeit mit ein", sagte Rappoport. Die Selbstoptimierung betrifft in erster Linie die Software, wird aber später sogar die Hardware umfassen.
Die ersten Schritte in Richtung verbesserte Analytik hat IBM bereits gesetzt. Mit dem Supercomputer "Watson" konnten die Entwickler bereits die Leistungsfähigkeit von modernen Analysesystemen zeigen. Die Maschine ist in der Lage, in natürlicher Sprache gestellte Fragen zu verstehen, Informationen in einen Kontext zu setzen und dadurch Schlüsse zu ziehen. Der Supercomputer konnte auf diese Weise bereits in der Spieleshow Jeopardy gegen die besten menschlichen Gegner triumphieren. "Watson berechnet Wahrscheinlichkeiten und wählt anschließend die am besten passende Frage zu der vorgegebenen Antwort aus - oder entscheidet auch einmal, keine Antwort zu geben, wenn er sich nicht sicher genug ist. Sowas kann man nicht einfach googlen", meinte Rappoport.
Intelligente Stromnetze haben enormes Potenzial
Ein weiteres Topthema der kommenden Jahre sind intelligente Stromnetze. Diese sogenannten Smart Grids können nicht nur zu einem sparsameren Umgang mit der Energie beitragen, sondern sind auch Voraussetzung für den Aufbau und das Management von dezentralen Versorgungsnetzen. Eine Vision für die künftige Versorgung mit Energie sind P2P-Netze. Die Haushalte sind dabei nicht nur Stromabnehmer, sondern speisen auch beispielsweise durch Solarzellen selbst produzierten Strom in das Netz ein. Die Komplexität dieses Stromsystems erfordert jede Menge technische Lösungen, die derzeit in der Entwicklung sind. Niklaus Meyer von der Schweizer Informatikgesellschaft zeichnete in seinem Vortrag mögliche Zukunftsszenarien und gab einen Überblick über den Forschungs- und Entwicklungsstand. Die Geschäftsmöglichkeiten dieser Technologien werden in der Branche jedenfalls als enorm hoch eingeschätzt. Laut Cisco hat der Smart-Grid-Markt 100 bis 1.000 mal mehr Potenzial als das Internet. Um Smart Grid zum Durchbruch zu verhelfen empfiehlt die EU Kommission neue Anreizsysteme, damit der Erfolg von Energieversorgungsunternehmen auch an die Energieeffizienz und nicht nur an die Energieliefermengen gekoppelt wird.
Top-Trend Softwarebasierte Internetdienste
Mit Entwicklungsmöglichkeiten des Softwaremarkts beschäftigte sich Timo Leimbach vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI. "Der Markt ist derzeit vor allem von US-Firmen dominiert", analysierte Leimbach. Dennoch nimmt Europa bereits ein Drittel des weltweiten Gesamtmarktes ein. "Die Bedeutung der Industrie für Software und IT-Dienstleistungen wird aufgrund ihrer Querschnittsfunktion für alle anderen Branchen weiter steigen. Für Europa ist es immens wichtig, gute Standortpolitik zu betrieben, um am sich am globalen Markt behaupten zu können. Die größten Wachstumsmöglichkeiten sieht der Experte im Bereich Softwarebasierter Internetdienste. Diese machen den größten Teil des Wachstums aus und werden bis 2020 bereits einen Anteil von 25 Prozent des Gesamtmarktes haben. Größte Treiber dieser Entwicklung sind Cloud Computing, mobile Applikationen und Open Source.
Einen Überblick über Herausforderungen und Chancen durch Cloud- und Mobile-Computing verschaffte den Tagungsteilnehmern in Zürich Avigdor Luttinger von Apl Tech. Seiner Ansicht nach werden gerade im Geschäftsbereich klassische Backoffice-Anwendungen in die Cloud wandern. "Die Menschen erwarten Services und Dienstleistungen auf Knopfdruck und wollen diese zunehmend auch unterwegs nutzen", sagte Luttinger. Anhand von Praxisbeispielen zeigte er auf, wie Unternehmen auf die veränderten Bedingungen in der Cloud-Ära reagieren müssen, um ihre Kunden bei der Stange halten und weiterhin Geschäfte machen zu können.
Sicherheit als Kernherausforderung
Vertrauen und Datensicherheit war ein weiteres vieldiskutiertes Thema im Rahmen der Future-Network-Tagung. Eine große Rolle in der globalen Cloud nehmen mittlerweile Online-Speicher ein. Ein von Usern gerne genutzter Dienst in diesem Bereich ist Dropbox. Mittlerweile nutzen diesen Service nicht nur Private, sondern auch Unternehmen. Welche Gefahren sich mit der Online-Speicherung verbinden, demonstrierte Edgar Weippl von SBA Research. In seinem Vortrag erläuterte er, wie einfach es mit den geeigneten Mitteln ist, auf den Speicherplatz von Fremden zuzugreifen oder über Hashwerte herauszufinden, welche Dateien im Dropbox-Netzwerk bereits abgespeichert sind. "Dropbox aber auch andere vergleichbare Dienste eignen sich zudem hervorragend für die Verbreitung von Copyright-geschütztem Material", erläuterte Weippl. In einer Untersuchung hat er mit seinen Kollegen herausgefunden, dass die Top-100-Movies des Filmpiraten-Netzwerks PirateBay auf den Festplatten von Dropbox zu finden sind. Diese Tatsache kann nicht nur für die Betreiber zum juristischen und geschäftlichem Problem werden, sondern auch für deren Nutzer, die sich auf die Zuverlässigkeit des Daten-Dienstes verlassen.
Der Informatikprofessor Clemens Cap von der Universität Rostock näherte sich dem Thema "Vertrauen im Computerzeitalter" von der Seite des Whistle Blowings und Leakens. In seinem äußerst informativen Vortrag analysierte er die Hintergründe, Motive und Vorgehensweise von Menschen, die vertrauliche Dokumente stehlen und sie auf Enthüllungsplattformen wie WikiLeaks veröffentlichen. Schwierig für jene, die von Leaks betroffenen sind, ist vor allem, dass sich Datenlecks selbst mit technisch ausgefeilten Methoden kaum verhindern lassen. "Für die Probleme, die durch die Technik entstehen, gibt es keine wasserdichte technische Lösung", analysierte Cap. Sein Tipp, um auf Nummer sicher zu gehen: "Keine Daten anlegen, die geleakt werden können, oder ein Verhalten an den Tag legen, das Mitarbeiter gar nicht leaken wollen." Sollte es dennoch passieren helfe nur das Aussitzen, so Cap.
Mit der Makroebene im Bereich Security setzte sich abschließend Prof. Dr. Bernhard Hämmerli, Präsident der Schweizer Informatik Gesellschaft, auseinander. In seinem Vortrag zeigte er auf, welche öffentlichen Bereiche zur Kritischen Infrastruktur zu zählen sind und welche Herausforderungen bewältigt werden müssen, um diese zu schützen.
Die Themen der Vorträge wurden von den Teilnehmern anschließend ausführlich diskutiert. Das Netzwerktreffen finden jährlich in Zürich statt und bietet eine Plattform für Information und Meinungsaustausch.
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