pte20111118017 Technologie/Digitalisierung, Medien/Kommunikation

Occupy-Bewegung wirft Twitter Zensur vor

Vertrauen in neue Kommunikationskanäle schwindet


Occupy Wall Street: Von Twitter zensiert (Foto: Wikipedia, cc D. Shankbone)
Occupy Wall Street: Von Twitter zensiert (Foto: Wikipedia, cc D. Shankbone)

New York (pte017/18.11.2011/11:50) Twitter wird vorgeworfen, die Occupy-Bewegung durch Zensur sabotiert zu haben, wie die Süddeutsche Zeitung berichtete. Viele Beteiligte sind schon zum Konkurrenzdienst Vibe gewechselt. "Die Protestierenden profitieren in so hohem Ausmaß von sozialen Medien, dass ihnen eigentlich egal sein müsste, ob sie in den Trending Topics auftauchen", relativiert Ed Wohlfahrt von edRelations http://edrelations.com gegenüber pressetext.

Neue Aktionen

Mehr als Tausend Demonstranten haben gestern, Donnerstag, versucht, die New Yorker Börse zu blockieren. Ein großes Polizeiaufgebot hat verhindert, dass die Protestzüge so weit vordringen konnten. Es kam zu mehreren Verhaftungen. Die Occupy-Bewegung, die vor zwei Monaten an der Wall Street ihren Anfang genommen hat, protestiert gegen die Macht der Banken und die sozialen Folgen des ungezügelten Raubtierkapitalismus. Mittlerweile hat sich die Bewegung zum globalen Phänomen mit Ablegern in vielen Länder entwickelt. Viele US-Medien haben anfangs versucht, die Bewegung zu ignorieren.

Über soziale Netzwerke hat sich die Botschaft der Occupados aber trotzdem verbreitet. "Occupy hat bewiesen, dass sie die traditionellen Medien nicht brauchen. Sie nutzen Social Media mit einer Virtuosität, die ihresgleichen sucht. Sie erreichen so viele Menschen, dass auch die Medien gezwungen sind, zu berichten", so Wohlfahrt.

Soziale Netzwerke haben sich schon bei anderen Gelegenheiten wie den Aufständen in London oder beim arabischen Frühling als sicheres Kommunikationsmittel für Proteste erwiesen. Das Vertrauen in die neuen Kanäle könnte sich allerdings als ungerechtfertigt erweisen. Der Vorwurf: In den USA sind die Hashtags der Bewegung nie in den Trending Topics, Twitters eigene Liste der wichtigsten Themen, aufgetaucht. Andere Messmethoden beweisen aber, dass die Proteste ganz oben auf der Prioritätsskala der Netzgemeinde rangieren.

Geheimer Algorithmus

Twitter weist die Vorwürfe mit der Begründung zurück, dass die Trending Topics nicht nur die Anzahl der Tweets zu einem Thema berücksichtigen. Auch andere Faktoren spielen eine Rolle. Wie genau die Liste erstellt wird, bleibt ein Betriebsgeheimnis. Dass die Trending Topics vieldiskutierte Themen ignorieren, ist schon öfters vorgekommen. Auch Wikileaks oder der israelische Beschuss eines türkischen Schiffs auf dem Weg in den Gaza-Streifen tauchten nicht auf der Liste auf. Dass seit Anfang 2011 auch die Investmentbank JP Morgan mit 400 Mio. Dollar an Twitter beteiligt ist, verbessert den Beigeschmack der jüngsten Auslassung nicht.

Dass hinter den Diensten, die oft als Werkzeuge genutzt werden, eigene Interessen stecken, ist wenig verwunderlich, da sie mittlerweile Teil einer milliardenschweren Industrie sind. "Wenn Kampagnen über soziale Medien gefahren werden, kann es nicht schaden, in einer Szenarienanalyse zu berücksichtigen, dass die Werkzeuge eine eigene Agenda haben. Allerdings sind die wenigsten Kampagnen groß genug, um überhaupt die Aufmerksamkeit einer Riesenfirma wie Twitter zu erregen", so Wohlfahrt.

(Ende)
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