Uni Bayreuth: Realistische Modelle erhöhen Erfolgschancen von Schädeloperationen
Aufwändige chirurgische Eingriffe bei Kindern sind bereits erfolgreich verlaufen
Bayreuth (pts031/03.07.2014/13:10) Das Wachstum des Gehirns wird bei manchen Kindern dadurch gefährdet, dass Schädelnähte bereits in den ersten Lebensmonaten verknöchern. Der Schädel muss dann geöffnet und neu zusammengefügt werden. Die Erfolgschancen eines derart sensiblen Eingriffs steigen, wenn Ärzte die notwendige Schädelkorrektur an einem Modell erproben können. Ein neues, an der Universität Bayreuth koordiniertes Verbundprojekt soll die Konstruktion und den 3D-Druck individueller Rapid Prototyping-Schädelmodelle optimieren.
Für eine gesunde Entwicklung von Kindern ist es entscheidend, dass ihre Schädelknochen dem Gehirn jederzeit genügend Platz für ein normales gesundes Wachstum bieten. Das Wachstum des Gehirns wird jedoch bei manchen Kindern dadurch gefährdet, dass Schädelnähte vorzeitig - also bereits in den ersten Lebensmonaten - verknöchern. Diese so genannten Kraniosynostosen können bewirken, dass der Schädel nicht ausreichend flexibel ist, um dem sich entwickelnden Gehirn ausreichend Raum zu bieten. Der Schädel muss dann in den ersten Lebensmonaten geöffnet und neu zusammengefügt werden. Eine solche Operation verlangt den chirurgischen Teams ein hohes Maß an Sorgfalt und Präzision ab.
Enge Zusammenarbeit von Forschung und chirurgischer Praxis
Die Erfolgschancen eines derart sensiblen Eingriffs steigen, wenn Ärzte die notwendige Schädelkorrektur an einem Modell erproben können. Falls dieses mit der Form des kindlichen Schädels exakt übereinstimmt und auch die gleichen für die Operation relevanten Materialeigenschaften aufweist, können Ärzte verschiedene Operationsverfahren realitätsnah testen. Zugleich können sie sich mit den individuellen Besonderheiten des Schädels vertraut machen, dessen Wachstum korrigiert werden soll. Hier setzt ein neues Verbundprojekt an, das Dipl.-Biol. Daniel Seitz an der Universität Bayreuth koordiniert. Es wird von der neu gegündeten Friedrich Baur BioMed Center GmbH unter Leitung von Daniel Seitz und Prof. Dr. Stefan Schuster gefördert, die ihrerseits einen Kooperationsvertrag mit der Universität Bayreuth geschlossen hat und von der Friedrich Baur Stiftung in Burgkunstadt Fördermittel erhält. Das Forschungsvorhaben zielt darauf ab, optimale informations- und steuerungstechnische Voraussetzungen für die Herstellung individueller Schädelmodelle zu entwickeln, die eine realitätsnahe Vorbereitung anspruchsvoller Operationen erlauben.
Partner in diesem Projekt sind PD Dr. Dr. Camilo Roldán, Mund-Kiefer-Gesichtschirurg am Katholischen Kinderkrankenhaus Wilhelmstift in Hamburg, und PD Dr. med. Jan Gliemroth, Neurochirurg am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Lübeck. Beide Ärzte haben sich seit mehr als zehn Jahren einen Namen in der Kinderchirurgie gemacht und umfangreiche Erfahrungen mit operativen Eingriffen gesammelt, die Fehlbildungen von Schädeln ausgleichen. Sie wenden etablierte Verfahren an, die immer in Bezug auf den aktuellen Fall angepasst werden müssen und eine sorgfältige Planung erfordern. "Wir freuen uns sehr, dass wir diese namhaften Spezialisten für eine enge Zusammenarbeit gewinnen konnten", erklärt Daniel Seitz, der das Projekt in Kooperation mit der Friedrich Baur-Stiftung auf den Weg gebracht hat. "So können aktuelle Erfahrungen aus der chirurgischen Praxis unmittelbar in das Design der benötigten Schädelmodelle einfließen."
Von der Computertomographie bis zum 3D-Druck
Es ist ein komplexes High-Tech-Verfahren, das in Bayreuth angewendet wird. Damit eine möglichst exakte 'Kopie' eines fehlgebildeten kindlichen Schädels erstellt werden kann, müssen zunächst computertomografische Aufnahmen angefertigt werden - mit einer für Kleinkinder besonders niedrigen Strahlenbelastung. Diese CT-Daten werden mit einer speziellen Software so umgewandelt, dass sie am Rechner für die Konstruktion eines dreidimensionalen Schädelmodells genutzt werden können. Damit liegen aber noch längst nicht alle benötigten Daten vor: Einige Knochenregionen müssen in Rücksprache mit dem Arzt ergänzt werden, weil die Computertomografie nicht alle Schädelpartien mit der gleichen Präzision abbildet. Darüber hinaus muss weiteres biologisch-medizinisches Wissen in die Modellierung einfließen. Denn auch das individuelle Krankheitsbild des Kindes, sein Alter sowie die voraussichtliche Entwicklung seiner Knochen sind bei der Konstruktion eines Modells zu beachten, das sich für die Vorbereitung einer Operation eignen soll.
Wenn Daniel Seitz zu dem Ergebnis kommt, dass alle relevanten Daten mit der erforderlichen Präzision berücksichtigt worden sind, gibt er das Modell frei. Die Konstruktionsdaten werden an ein Steuerungsprogramm übermittelt, das die Daten in kleinere 'Pakete' aufteilt und gleichsam scheibchenweise an einen besonderen 3D-Drucker schickt. Diese Maschine druckt in ein Pulverbett, das aus einer besonderen Gipsmischung besteht, und erstellt so eine 1:1-Kopie der Schädelknochen des Patienten. "Wenn das Modell schließlich fertig ist, hat es eine ähnliche Konsistenz und Farbe wie echter Knochen - eine ideale Grundlage, um Operationen daran zu planen und zu üben", freut sich Daniel Seitz.
Operationserfolge ermutigen zu weiterer Forschung und Entwicklung
Dr. Camilo Roldán in Hamburg, der sich auf Schädel- und Gesichtsfehlbildungen spezialisiert hat, bestätigt diese Einschätzung: "Anhand der Modelle konnten wir aufwändige Operationen schneller und sicherer durchführen und teilweise sogar Verbesserungen in der Operationstechnik erarbeiten." Mithilfe von Schädelmodellen, an denen gesägt und geschnitten werden kann, können komplizierte Eingriffe gründlicher vorbereitet und Operationsrisiken gesenkt werden. Halterungen und neuartige Osteosyntheseplatten, die bei der Korrektur von Schädelnähten verwendet und nach der Heilung resorbiert werden sollen, lassen sich an den Modellen realitätsnah erproben. In Kooperation mit den chirurgischen Teams in Hamburg und Lübeck will Daniel Seitz die Techniken und Materialien, die bei der Modellierung und dem 3D-Druck der 'Test-Schädel' zum Einsatz kommen, weiter optimieren - mit dem Ziel, dass künftig eine größere Zahl von Kliniken die Chancen nutzt, die sich für eine bestmögliche Vorbereitung von Schädeloperationen bieten. Der Bayreuther Biologe leitet an der Universität Bayreuth eine Arbeitsgruppe für regenerative Medizin, die am Lehrstuhl für Tierphysiologie angesiedelt ist und mit der
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