Unterschätzte Belastung: Epilepsie, Parkinson, MS und Co beeinträchtigen Sexualität
Kongress: Neurologische Erkrankungen können das Intimleben gehörig durcheinanderbringen
Kopenhagen (pts009/29.05.2016/12:55) Lustlosigkeit, Erektionsprobleme, Unfruchtbarkeit: Neurologische Erkrankungen können die Sexualität massiver beeinträchtigen als häufig angenommen, bei Männern wie bei Frauen. Darunter leiden Selbstwert, Liebesleben und Partnerschaft, doch dieser Verlust an Lebensqualität muss nicht einfach hingenommen werden, sagte Prof. Dr. David B. Vodusek (Universität Ljubljana, Slowenien) beim 2. Kongress der European Academy of Neurology (EAN) in Kopenhagen.
"Es gibt viele Möglichkeiten, um den Betroffenen zu helfen, vorausgesetzt, Neurologinnen und Neurologen bringen mögliche Probleme mit dem Intimleben aktiv zur Sprache. Viele Patientinnen und Patienten haben den Eindruck, dass diesem Aspekt noch zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird", so der Vorsitzende des EAN Liaison Committee.
Wie neurologische Probleme aufs Liebensleben drücken
"Erektile Dysfunktion bei Männern und Orgasmusprobleme bei Frauen sind die häufigsten sexuellen Folgen von neurologischen Defiziten", erläuterte Prof. Vodusek. Hypothalamus-Hypophysen-Störungen drücken bei Männern auf das sexuelle Verlangen, bei Frauen führen sie zu ausbleibenden Regelblutungen, Unfruchtbarkeit, sexueller Unlust, verminderter vaginalen Lubrikation sowie Schwierigkeiten, zum Höhepunkt zu kommen. Besonders Läsionen der Frontal- und Schläfenlappen des Gehirns scheinen bei Patienten mit schwerwiegenden neurologischen Erkrankungen zu sexuellen Dysfunktionen zu führen, etwa nach einem Schlaganfall. Epilepsiepatienten leiden mitunter an komplexen sexuellen Problemen, die sich zwischen Hypersexualität und der viel häufigeren verminderten sexuellen Erregbarkeit bewegen.
Männliche Parkinson-Erkrankte berichten oft von erektiler Dysfunktion und Problemen mit Orgasmus und Ejakulation. Frauen wie Männer beklagen, dass ihr sexuelles Verlangen infolge der Parkinson-Erkrankung nur noch schwach ausgeprägt sei - abgesehen davon, dass auch ihre eingeschränkte Beweglichkeit der Leidenschaft abträglich ist. Multiple Sklerose kann zu ähnlichen sexuellen Dysfunktionen wie Parkinson führen sowie zu einer gestörten Sensorik in den Genitalien. Bei Männern, die unter diabetesbedingter Polyneuropathie leiden, ist nicht nur erektile Dysfunktion häufig, darüber hinaus kann es auch zu einer retrograden Ejakulation (Samenerguss in die Blase) kommen. Bei Frauen mit Polyneuropathie wird es oft schwierig mit der sexuellen Erregbarkeit und dem Feuchtwerden der Vagina.
Von der Untersuchung bis zum Potenzmittel - was den Sex zurückbringt
"Ein engagierter Neurologe kann einfachere, krankheitstypische Sexualprobleme behandeln, und zieht in jedem Fall einen Urologen bei, wenn die Problemstellungen komplexer und die sexuellen Störungen hartnäckig sind", erläuterte Prof. Vodusek. Klinische Untersuchungen sind zentral, um sexuelle Störungen aufzuspüren. Auch wenn die Behandlung zunächst darauf abzielt, die neurologischen Symptome zu verbessern, muss auch die aktuelle Lebensqualität der Betroffenen betrachtet werden, Sexualleben inklusive.
"In diesem Zusammenhang ist eine Sexualberatung ein Muss. Partnerin oder Partner sollten in diese Gespräche unbedingt einbezogen werden", so der Experte. Ob Schmerzen in den Genitalien oder Panik vor dem nächsten Geschlechtsverkehr: Für viele Probleme lassen sich Lösungen finden, ist der Experte überzeugt: "Gegen Scheidentrockenheit gibt es Gleitmittel, gegen erektile Dysfunktion helfen orale Medikamente, vor allem solche, die auf Typ5 cGMP-Phosphor-Diesterase-Inhibitoren basieren", erklärte Prof. Vodusek. Bleibt die orale Therapie erfolglos, kann eine Injektion in den Penis helfen, dass dieser trotz neurogenetischer erektiler Dysfunktionen seinen Dienst tut. Parkinsonpatienten profitieren von einer Behandlung mit Dopamin, um das sexuelle Verlangen wieder zu normalisieren oder zu steigern.
Frage nach Sexualleben nie auslassen
"Eines der besten Mittel, um sexuelle Probleme in den Griff zu bekommen, sind einfühlsame, respektvolle Gespräche, die nicht nur um einzelne Köperteile kreisen, sondern den Patienten ganzheitlich betrachten", unterstrich Prof. Vodusek. "Das hilft, die Patienten für bestimmte Aspekte zu sensibilisieren, die im Zuge der Erkrankung auftreten können. Zeichnen sich dann bestimmte Dysfunktionen tatsächlich ab, fällt es den Betroffenen leichter, sie anzusprechen."
Quelle: EAN 2016 Special Session 04-3, Vodusek DB, Communicating on sexual dysfunction of neurological disorders
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