Bedeutung neurologischer Erkrankungen von der Gesundheitspolitik anerkannt
Neuer WHO-Atlas zeigt Ungleichheiten bei Ressourcen und in der Versorgung
Genf/London/Kyoto (pts001/16.09.2017/09:00) Rechtzeitig zum Auftakt des Weltkongresses für Neurologie wurde heute der neue Neurologie-Atlas veröffentlicht, der den Stand der neurologischen Versorgung weltweit zusammenfasst. Auch wenn sich in den vergangenen eineinhalb Jahrzehnten die Ressourcen-Situation verbessert hat, bestehen noch immer große regionale Ungleichheiten in der Versorgung, die überwunden werden müssen, stellen Experten fest. Denn die großen Fortschritte in Diagnostik und Therapie kommen nicht allen Menschen in gleicher Weise zugute. Die gute Nachricht: Neuerdings wird die große Bedeutung neurologischer Erkrankungen auch von internationalen Organisationen und politischen Entscheidungsträgern zunehmend anerkannt.
"Es gibt keine Gesundheit ohne Gehirngesundheit. Und es ist sehr erfreulich, dass diese Einsicht zunehmend auch von den gesundheitspolitischen Entscheidungsträgern auf verschiedenen Ebenen aufgegriffen wird und dass internationale Organisationen ebenso wie Regierungen zu diesem Thema aktiv werden", sagt der Präsident der Weltföderation für Neurologie (WFN), Prof. Raad Shakir, im Vorfeld des Weltkongresses für Neurologie (WCN 2017). Das wissenschaftliche Großereignis findet vom 16. bis 21. September in Kyoto, Japan, statt und führt tausende Experten aus aller Welt zusammen.
Neurology Atlas zeigt Ungleichheiten in der Versorgung auf
Auf dem Kongress werden viele neue Daten präsentiert, die nicht nur einmal mehr die große Bedeutung der neurologischen Erkrankungen, deren Häufigkeit und deren ökonomische Konsequenzen aufzeigen, sondern auch die weltweite Versorgungslage dokumentieren - so etwa eine neue Studie zur globalen neurologischen Krankheitslast und der neue Country "Neurology Atlas - Resources for Neurological Disorders". Der Atlas, dessen zweite Auflage heute erschienen ist, ist ein Projekt der WHO, in enger Zusammenarbeit mit der WFN. Er stellt ein wichtiges Instrument für die Planung und Entwicklung von Versorgungsressourcen für Neurologie-Patienten dar. Die Daten stammen aus 132 Ländern und zwei Territorien, damit sind 94 Prozent der Weltbevölkerung abgebildet.
"Die neuen Daten liefern uns viele neue Argumente, dass auf allen Ebenen ausreichend Ressourcen für Prävention und Therapie neurologischer Erkrankungen zur Verfügung gestellt werden müssen", so WFN-Präsident Shakir. "Der heute veröffentliche Atlas zeigt uns einmal mehr, dass es, bei allen Verbesserungen gegenüber den Vergleichsdaten aus 2004 immer noch große regionale Ungleichheiten gibt, die es zu beseitigen gilt. Es darf einfach nicht davon abhängen, wo eine Person lebt, ob sie Zugang zu fundamentalen therapeutischen Optionen hat oder nicht."
Dass heute allerdings die Ressourcen für die neurologische Diagnostik und Therapie und der Zugang zu neurologischer Versorgung im globalen Rahmen noch höchst ungleich verteilt sind, zeigt der neue Atlas anhand zahlreicher Beispiele auf. So liegt etwa die Zahl neurologischer Behandler (Neurologen, Neurochirurgen und Kinderneurologen zusammengenommen) weltweit im Durchschnitt bei 3,1 pro 100.000 Einwohnern. In Ländern mit niedrigem BIP ist dieser Wert nur 0,1/100.000, während in den Ländern mit hohem Einkommen durchschnittlich 7,1/100.000 neurologische Behandler zur Verfügung stehen. Die regionalen Unterschiede sind erheblich: Während die WHO-region Europa mit 9 neurologischen Behandlern pro 100.000 Einwohnern versorgt ist, liegt dieser Wert in Afrika bei 0,1 und in Südost-Asien bei 0,3.
Ein anderer besorgniserregender Befund, so Prof. Shakir: Auf der Ebene der Primärversorgung gibt es in vielen Teilen der Welt einen unzureichenden Zugang zu essentiellen Medikamenten. Nur die Hälfte der Länder (55 Prozent) berichten, dass zumindest ein Antikonvulsivum immer zur Verfügung steht - die Hälfte der Menschen mit Epilepsie weltweit hat also keinen gesicherten Zugang zu solchen Medikamenten.
Prof. Shakir: "Seit der ersten Ausgabe des Atlas im Jahr 2004 sehen wir deutliche Verbesserungen, wobei diese aber wiederum in den Einkommen stärksten Ländern am meisten spürbar sind."
Andere Ergebnisse des neuen WHO-WFN-Berichtes betreffen politische Strategien für die Neurologie, Gesetzgebung in diesem Bereich oder die Finanzierung. Nur 24 Prozent der Länder berichten, dass es eigenständige gesundheitspolitische Strategien für die Neurologie gibt, wobei wiederum in den Ländern mit niedrigem Einkommen die größten Defizite bestehen. 41 Prozent der Länder berichten, dass es gesetzliche Regelungen zum Thema Epilepsie gibt, bei 30 Prozent der Länder ist das für Demenz der Fall. In 58 Prozent der Länder gibt es finanzielle Unterstützung für Menschen mit neurologischen Erkrankungen, bezogen auf die Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen liegt dieser Wert bei nur 24 Prozent.
Politische Unterstützung
"Wir können mit Fug und Recht sagen, dass die Gehirngesundheit und die Prävention und Behandlung neurologischer Erkrankungen auf der politischen Agenda endlich jenen Stellenwert bekommt, der ihnen gebührt", betont Prof. Shakir. "Sie werden zunehmend auch im Rahmen internationaler Organisationen thematisiert, insbesondere den Vereinten Nationen und der WHO." So betont etwa der globale WHO Aktionsplan zu nichtübertragbaren Krankheiten (NCDs) 2013 - 2020 die große Bedeutung neurologischer Erkrankungen und deren Prävention. Die Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen postulieren bis 2030 eine 30prozentige Reduktion von NCDs.
"Wir werden bald auch die Möglichkeit haben, unsere Expertise in die von der WHO organisierte Global Conference on Noncommunicable Diseases einzubringen und wollen sicherstellen, dass neurologische Erkrankungen hier angemessen Beachtung finden", so WFN-Präsident Shakir.
Die Konferenz findet auf Einladung des Präsidenten von Uruguay vom 18. bis 20. Oktober 2017 in Montevideo statt. Die Ergebnisse sollen unter anderem in die 71. World Health Assembly und das Dritte High-level Meeting der Vereinten Nationen 2018 einfließen.
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