pts20180406016 Medizin/Wellness, Forschung/Entwicklung

Groß-Studie bestätigt: Übergewicht erhöht das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen signifikant

Umstrittenes "Fettleibigkeits-Paradoxon" gilt nur für die wenigsten Patienten


Mannheim (pts016/06.04.2018/10:25) "Seriöse Einschätzungen gehen davon aus, dass unter den Übergewichtigen nur fünf bis maximal 15 Prozent das Glück haben, dass das vermehrte Körperfett nicht gleichzeitig auch ein vermehrtes Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen mit sich bringt", berichtet Prof. Dr. Nikolaus Marx (Aachen) auf der 84. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie in Mannheim (4. bis 7. April), bei der 8.500 aktive Besucher erwartet werden. "Fakt ist: Ein erhöhter Body Mass Index steht eindeutig mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Krankheiten in einem Zusammenhang. Das hat eine soeben im European Heart Journal erschienene Studie mit beinahe 300.000 Teilnehmern wieder eindrucksvoll bewiesen."

Neue Studie zeigt: Herzrisiko steigt bereits ab einem BMI von 22

Die Probanden, allesamt weiße Europäer mit einem Durchschnittalter von rund 55 Jahren, hatten am Beginn der Studie keinerlei kardiovaskuläre Erkrankungen. Sie wurden zwischen 2006 und 2010 rekrutiert und mussten sich 2015 einer abschließenden Untersuchung stellen. Das Ergebnis lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig: Bei 3,3 Prozent der Frauen und 5,7 Prozent der Männer trat im Untersuchungszeitraum ein kardiovaskuläres Event ein. Dabei zeigte sich, dass jene mit einem BMI zwischen 22 und 23 kg/m2 das geringste Risiko hatten. Darüber stieg es pro 5,2 kg/m2 um jeweils 13 Prozent an. Prof. Marx: "Das bedeutet, dass sogar innerhalb der bislang als gesund erachteten BMI-Spanne von 18-25 kg/m2 bereits ein Risikoanstieg zu verzeichnen ist."

Ähnliche Ergebnisse brachte auch die Messung des Bauchumfanges: Verglichen mit einem Umfang von 74 und 83 Zentimetern, stieg das Risiko bei Frauen pro 12,6 weitere Zentimeter um zehn Prozent, bei Männern sogar um 16 Prozent pro zusätzlicher 11,4 Zentimeter.

"Die Schlussfolgerungen der Studienautoren kann man nur ausdrücklich unterstützen", so Prof. Marx. "Wer danach trachtet, seinen BMI zwischen 22 und 23 zu behalten, kann sein Risiko, an einer Herzkrankheit zu leiden oder daran zu sterben, deutlich reduzieren. Zudem gilt: Je weniger Fett sich insbesondere um den Bauchraum ansammelt, desto geringer ist das Risiko einer zukünftigen Herzerkrankung."

Umstrittenes "Fettleibigkeits-Paradoxon"

"Weil die einfache Botschaft 'Übergewicht ist schädlich' wenig Schlagzeilenpotential hat, tauchen in jüngster Zeit vermehrt Meldungen in den Medien auf, dass Dicksein per se noch kein Problem sei", so Prof. Marx. Dazu haben auch einige wissenschaftliche Studien beigetragen, die suggeriert haben, dass Übergewicht oder sogar Fettleibigkeit insbesondere bei älteren Menschen keinen Effekt auf kardiovaskulär bedingte Todesfälle hätten. Manche unterstellten sogar, dass ein Zuviel an Leibesfülle gar schützend wirken könnte, insbesondere, wenn Menschen einen Fitness-fördernden Lebensstil hätten. "Diese Ergebnisse sind als 'Fettleibigkeits-Paradoxon' bekannt. Doch das ist heftig umstritten und gilt - wenn überhaupt - nur für bestimmte Gruppen von Menschen und Patienten", so Prof. Marx.

Mehr Unterstützung bei der Lebensstilumstellung

Wichtig sei, dass insbesondere übergewichtige Menschen rechtzeitig einen Arzt aufsuchen und prüfen lassen, ob weitere Risikofaktoren wie Diabetes, Bluthochdruck oder Fettstoffwechselstörungen vorliegen. Prof. Marx: "In dem Zusammenhang sind auch wir Mediziner und die politisch Verantwortlichen gefordert. Gemeinsam müssen wir die Anstrengungen in der Gesundheits-Aufklärung und Hilfe bei ggf. notwendigen Lebensstilumstellungen intensivieren. Das sind vergleichsweise geringe Investitionen, mit denen sich aber potenziell große Effekte erzielen lassen: Sie könnten lebensrettend sein."

Quelle: "The impact of confounding on the associations of different adiposity measures with the incidence of cardiovascular disease: a cohort study of 296 535 adults of white European descent", by Stamatina Iliodromiti et al. European Heart Journal. doi:10.1093/eurheartj/ehy057

(Ende)
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