Mehr Achtsamkeit schützt vor Gewalt
Symposium stellt Schutz von Frauen und Kindern vor Gewalt in den Mittelpunkt
St. Pölten (pts021/25.11.2019/13:40) Beim Symposium "Achtsames Miteinander. Leben ohne Gewalt!" wurden Synergien im Bereich Gewaltprävention für Frauen und Kinder sowie im schulischen Bereich geschaffen.
Aufgrund der heurigen Gewalttaten an Frauen in Niederösterreich stellen die beiden Landesrätinnen Christiane Teschl-Hofmeister und Ulrike Königsberger-Ludwig die Bedeutung von Schutz von Frauen und Kindern als eine ihrer zentralen Aussagen an den Anfang des Symposiums mit 160 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus dem Bereich Schule, Frauen- und Jugendarbeit am vergangenen Mittwoch.
Die gesamte Vormittagsveranstaltung des zweiteiligen Symposiums im Bildungshaus St. Hippolyt in St. Pölten steht im Zeichen der internationalen Kampagne "16 Tage gegen Gewalt an Frauen" und fokussiert auf Gewaltprävention für Frauen und Kinder, Opferrechte und die Arbeit mit Täterinnen und Tätern.
Nach den Keynotes sprechen die beiden Landesrätinnen Christiane Teschl-Hofmeister und Ulrike Königsberger-Ludwig mit Elisabeth Eckhart, Leiterin der Frauenberatungsstelle Waldviertel, Michaela Egger, Leiterin des Gewaltschutzzentrums NÖ und dem Männlichkeits- und Gewaltforscher Erich Lehner über die vorhandenen Möglichkeiten, die das Land Niederösterreich bereits bietet, um Frauen und deren Kindern ein Leben ohne Partnergewalt zu ermöglichen.
Vor allem die Präventionsarbeit im Kinder- und Jugendbereich sei ein wichtiger Schritt, um gewaltfreie Alternativen des Umgangs miteinander zu erlernen und zu üben. Allen Beteiligten der Diskussionsrunde ist es ein Anliegen, dass Frauen sich trauen, die vorhandenen Möglichkeiten im Bereich des Gewaltschutzes auszuschöpfen und Hilfe in Anspruch nehmen, wenn es notwendig ist.
Trainingsprogramm für mehr Achtsamkeit
Am Nachmittag weitet sich die inhaltliche Perspektive in Richtung Achtsamkeit. Psychiater und Psychotherapeut Helmut Renger erklärt unter anderem physiologische Vorgänge zur Erstehung von aggressivem Verhalten und warum aggressives Verhalten von Schülern manchmal als aus-dem-Nichts-kommend erlebt werde: "Frühere Gewalterfahrungen treten oft zeitverzögert in Form eines höheren Aggressionspotentials wieder zum Vorschein."
In weiterer Folge stellt der Achtsamkeitstrainer das Programm "Mindfulness Based Stress Reduction" vor. Es gehe dabei um achtsamkeitsbasierte Stressreduktion, erklärt Renger: "Das Problem unseres Hirns ist, dass die Aufmerksamkeit dorthin geht, wo es am lautesten oder am unangenehmsten ist. Man kann aber üben, die Aufmerksamkeit dort zu haben, wo man sie haben will."
Das Programm sehe dafür etwa spezielle Joga-Übungen oder Sitzmediationen vor. Dadurch werde auf der Ebene des Stammhirns der Grundtonus gesenkt, die Aufmerksamkeit werde geschult und die Teilenehmerinnen und Teilnehmer können ihre Emotionen und Gedanken besser wahrnehmen, so Regner: "Wenn Lehrerinnen und Lehrer das selbst üben, wird Achtsamkeit auch in mehr Raum in ihrem Unterricht einnehmen."
Achtsamkeit als Form Pädagogischer Liebe
Der Rektor der Pädagogischen Hochschule Niederösterreich Erwin Rauscher schlägt in seiner Ansprache eine weitere Brücke vom Achtsamkeitstraining zur Gewaltprävention in der Schule, und zwar über eine neue Dialog-Kultur. Er versteht schulische Achtsamkeit weniger als mindfulness-based stress reduction, mehr als care im Sinn von Aufmerksamkeit, Fürsorge, Helfen und Rücksicht-nahme und interpretiert Prävention, Resilienz und Kohärenz als Handlungsoptionen für Lerngesundheit gegenüber schulischer Gewalt.
Lehrerinnen und Lehrer sollen "in ihren Schülern die Überzeugung fördern, Kontrolle über sich und die Welt behalten zu können und nicht befürchten zu müssen, dass alles über den Kopf wächst". Das Vertrauen in die eigene Leistung und Neugier solle gefördert werden, so Rauscher: "Machen wir die schulische Achtsamkeit zu einer Form der Pädagogischen Liebe: in Distanz, durch Achtung und Geltung, aus Güte."
Klimawandel im Klassenzimmer gefordert
Bildungsdirektor Johann Heuras ruft in seinen Grußworten ebenso zu einer Verbesserung der Schulkultur auf: "Ich bin für einen Klimawandel in so manchem Klassenzimmer, in so mancher Schule. Direktorinnen und Direktoren sollen sich die Frage stellen: Welcher Geist herrscht in meinem Haus?". Der Nährboden für Gewalt sei der Umgang miteinander, aber "wir können etwas tun, damit die Wertschätzung in unserer Schule gelebt wird".
Workshops zur Gewaltpräventionsarbeit
Mit Workshops zu den verschiedenen Bereichen der Gewaltpräventionsarbeit für Kinder, Jugendliche und Erwachsene schließt der Nachmittag ab. Veranstaltet wurde das Symposium von der Pädagogischen Hochschule Niederösterreich, der Fachstelle für Gewaltprävention im Jugendreferat der Niederösterreichischen Landesregierung sowie dem Referat Generationen. Durch das Symposiumsprogramm führte ORF-Journalistin Lisa Gadenstätter.
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