Stiftung Mozarteum trauert um Professor Dr. Wolfgang Rehm (1929-2017)
Nachruf
Salzburg (ptp035/12.04.2017/16:00) Mit Wolfgang Rehm ist in der Nacht auf den 6. April 2017 der letzte der eigentlichen Gründungsväter der Neuen Mozart-Ausgabe (NMA) im 88. Lebensjahr verstorben. Er hat die Stiftung Mozarteum Salzburg durch seine Tätigkeit als Mitglied der Editionsleitung der Neuen Mozart-Ausgabe als Künstlerischer Leiter der Mozartwoche (1985 bis 1997) und als Mitglied der Akademie für Mozart-Forschung über Jahrzehnte begleitet und geprägt.
Wolfgang Rehm wurde am 3. September 1929 in München, der Studienstadt seines Vaters, des Literatur- und Kulturwissenschaftlers Walter Rehm, geboren. Nach Abschluss seiner Freiburger musikwissenschaftlichen Dissertation über den Komponisten Gilles Binchois ging Wolfgang Rehm 1954 zum Bärenreiter-Verlag nach Kassel, wo er für die neu etablierten Gesamtausgaben-Projekte des Verlagshauses zuständig war. Sein eigentliches Aufgabengebiet war dort bald die Neue Mozart-Ausgabe.
Bereits als 25-Jähriger legte er mit den Werken für Klavier zu vier Händen einen der beiden Startbände der Ausgabe vor. Von 1960 an betreute er die Ausgabe als Lektor und leitete sie nach dem Tode des ersten Editionsleiters Ernst Fritz Schmid gemeinsam mit Wolfgang Plath über viele Jahrzehnte. Im Bärenreiter-Verlag war Rehm als Mitglied der Geschäftsleitung aber auch für andere Ausgaben verantwortlich; besonders die Neue Schubert-Ausgabe wurde nachhaltig durch ihn geprägt.
Kritische Mozart-Editionen
Die Editionstätigkeit der NMA nahm unter den beiden Editionsleitern Plath und Rehm nach 1960 Fahrt auf, 1967 erschien der 50., 1984 der 100. Notenband, und 1991 kam schließlich die technisch einzigartige Dünndruck-Taschenbuch-Ausgabe heraus, als alle Notenbände aus dem Hauptteil der NMA erschienen waren. Als Mozart-Editor lagen Rehm Klaviermusik und Bühnenwerke besonders am Herzen, aber es dürfte wohl keinen Band geben, der in die Räume der Editionsleitung gelangte und von ihm vor der Drucklegung nicht mit größter Akribie durchgearbeitet worden wäre. Dabei kümmerte er sich um problematische Lesarten in einer selten gewordenen kritischen Genauigkeit.
Ein Anliegen war ihm auch der Kontakt zu privaten Eigentümern von Mozart-Autographen, was, wie er gestand, nicht immer einfach war. Andere Mitglieder der Editionsleitung schieden wieder aus, Rehm blieb und überlebte den fast gleichaltrigen schriftbeflissenen Kollegen WolfgangPlath um mehr als 20 Jahre. In den frühen 1980er-Jahren zog Rehm von Kassel nach Salzburg um und wirkte dort bis 1994 hauptberuflich als Mitglied der Editionsleitung. Gemeinsam mit Dietrich Berke brachte er 2007, schon im Ruhestand, die Neue Mozart-Ausgabe offiziell zu einem guten Ende. Heute kann die Digitale Mozart-Edition, ein Gemeinschaftsprojekt der Stiftung Mozarteum Salzburg und des Packard Humanities Institutes, Los Altos/California, auf die jahrzehntelange Editionsarbeit der von Rehm geprägten NMAaufbauen.
Noch in seinen Siebzigern war Rehm in große Editionsprojekte eingebunden, zuletzt in die siebenteilige Edition Mozarts Operas in Facsimile des Packard Humanities Institute. Seine Energie und sein Weckruf zum Widerspruch verstummten dann mehr und mehr; die letzten beiden Lebensjahre verbrachte er, inzwischen verwitwet, fern von Salzburg in der Nähe seiner Verwandten. Rehm war der Stiftung Mozarteum Salzburg aber nicht nur als Editionsleiter und als Mitglied der Akademie für Mozart-Forschung verbunden.
Nachdem er bis 1980 dieKasseler Musiktage geleitet hatte, trug auch die Salzburger Mozartwoche über Jahre die Handschrift ihres künstlerischen Leiters Wolfgang Rehm. Die Stiftung Mozarteum Salzburg verneigt sich vor dem Lebenswerk dieses bedeutenden, im Jahre 2007 mit der Goldenen Mozart-Medaille ausgezeichneten, Musikforschers. Vor unserem Hauptgebäude an der Schwarzstraße wird zur Ehre verstorbener, mit dem Haus verbundener Persönlichkeiten eine schwarze Fahne gehisst. Wir respektieren aber den Wunsch von Wolfgang Rehm, der sich das Hissen der Fahne zu seinem Gedenken noch zu Lebzeiten ausdrücklich verbeten hatte.
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Christine Forstner, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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