pte19981127001 Forschung/Entwicklung, Medien/Kommunikation

Sekundärer Analphabetismus nimmt dramatisch zu

Industrieländer weisen erschreckend hohe Rate auf


Wien (pte001/27.11.1998/08:06) Während der Analphabetismus in den Dritte-Welt-Ländern langsam zurückgeht (1980: 41 % Analphabeten - 1990: 35 %), wird er in den Industrieländern wieder auffällig (1980: 2, 1% - 1990: 4, 4 %). In den Industrieländern handelt es sich dabei vor allem um den sogenannten "funktionalen" oder "sekundären" Anaphabetismus. Damit ist gemeint, daß die Betroffenen zwar im Prinzip lesen und schreiben können, aber mit diesen Fähigkeiten kaum etwas anfangen können, weil sie mit den schwierigen Texten einer immer komplexeren Umwelt nicht umgehen können. Sie haben Schwierigkeiten, Rundfunknachrichten zu verstehen, Beipackzettel zu lesen oder bei einem Amt einen schriftlichen Widerspruch gegen einen Bescheid einzureichen.

Derzeit beschäftigt sich eine Tagung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften http://www.oeaw.ac.at/ unter dem Titel "Kommunikationsverlust im Informationszeitalter" mit der brisanten Thematik. In Österreich wird die Zahl der funktionalen Analphabeten auf ca. 300.000 geschätzt. Diese Zahl erhöht sich noch, wenn man unter funktionale Analphabeten auch jene faßt, die moderne Medien wie Fax, Computer und Internet nicht nutzen können, deshalb immer unsicherer in ihrem Kommunikationsverhalten werden und sich mehr und mehr aus der öffentlichen Kommunikation zurückziehen.

Bei der Tagung geht es darum, zunächst einmal die Tabuisierung des Themas zu überwinden, die derzeitige Lage in verschiedenen Gesellschaften zu analysieren und Vorschläge zu erarbeiten, wie z.B. Bildungseinrichtungen dem funktionalen Analphabetismus entgegenwirken können. Wenn nichts gegen den fortschreitenden funktionalen Analphabetismus unternommen wird, so die Sprachwissenschaftler, gibt es bald eine tiefe Kluft zwischen "texterfahrenen" und "textunerfahrenen" Bürgern. Erstere werden an der Informationsgesellschaft teilhaben können, letztere werden in die Sprachlosigkeit abgedrängt. (Österreichische Akademie der Wissenschaften, wa)

(Ende)
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