pts20050314046 Politik/Recht, Handel/Dienstleistungen

Gewerbeverein: Wie durch Tarifchaos aus der ÖBB eine ebaybay wird!

ÖBB-Fahrgäste müssen um ihren Ticketpreis erst feilschen!


Wien (pts046/14.03.2005/21:12) Ein Reisender steigt in einer Winternacht in der unbemannten Station Semmering in einen ÖBB-Zug ein. Rasch kommt der freundliche Zugbegleiter herbei und berechnet die Strecke Semmering nach Stadtgrenze Wien (innerhalb Wiens wurde schon mit einer Wiener Linien Jahreskarte bezahlt) mit 15,10 EUR.

Verwunderung auf beiden Seiten: Der Fahrgast zieht ein Ticket aus der Tasche, wonach einen Tag zuvor dieselbe Strecke in umgekehrter Richtung (also bergauf!) noch für 12,90 EUR zu haben war. Preisdifferenz somit 2,20 EUR oder 17 Prozent. Der Fahrgast weigert sich den Differenzbetrag zu zahlen, der nette Zugbegleiter kommt ins Schwitzen. Die Differenz klärt sich: In der einen Richtung wurde das Ticket von einem ÖBBler unter dem Namen Verkehrsverbünde NÖ/Bgld. ausgestellt. Wer allerdings ein Ticket ausstellt, sollte beim Preis belanglos sein, solange er ein ÖBBler-Amtskappl trägt - meint man im Österreichischen Gewerbeverein (ÖGV).

Nachdem der Zugbegleiter nun kapierte, woher die Preisdifferenz stammt, versuchte er seinen Kärntner Bordcomputer (der Zug kam aus Villach) auf Liesing und Verkehrsverbund umzustellen. Das gelang nicht. Der Fahrgast weigerte sich weiterhin mehr als 12,90 EUR zu bezahlen. Da bot der Schaffner in seiner Hilflosigkeit an, Semmering - Baden zu verrechnen. Nun blutete dem Fahrgast das Herz und er begann bitterlich zu weinen. Hatte er schon massiv Anteil an den 4,7 Mrd. EUR ÖBB-Bundeszuschuss, so wollte er sich nicht noch durch die Unbedarftheit des Schaffners und der Unzuverlässigkeit seines Gerätes bereichern. Er feilschte sich an Guntramsdorf heran, das näher an der Wiener Stadtgrenze liegt. Mödling wurde daraus und ein Fahrpreis von 11,30 EUR. Die ÖBB verschenkte somit 1,60 EUR.

Besonders pikant wird die Angelegenheit, wenn man auf die ÖBB-Homepage schaut. Dort gibt es nämlich eine vierte und fünfte Preisangabe: Nämlich jene, dass für das Standardticket "kein Preis/Ticket für diese Verbindung verfügbar" ist und jene, dass ein 1-PLUS-Freizeitticket (inkl. Fahrrad) in der 2. Klasse um wohlfeile 16,10 EUR zu haben ist!

Die Lehren, die man aus dieser Story zieht:
+ Misstraue den ÖBB grundsätzlich! Jeder Zugbegleiter sollte zumindest den fairsten = günstigsten Tarif anbieten. Ein Bahnkunde aus Dschibuti muss ja nicht wissen, wie komplex das heimische Bahnsystem organisiert ist. Und dass es dort auch Gruppierungen gibt, die auf "Bünde" enden! Offenbar für den Kunden Geheimbünde!
+ Die vom Zugbegleiter mitgeführte Software und jene der Homepage scheint nicht am neuesten Stand zu sein. Auch das darf nicht Problem des Kunden sein. . Es ist traurig, dass der Laie (Kunde) dem Experten (Zugbegleiter) beweisen muss, wie der Tarif lautet. Ist denn die Übersetzung von ÖBB wirklich ebaybay - ohne dem gut organisierten Versteigerungshaus nahe treten zu wollen? Daher niemals eine Referenzkarte wegwerfen - der Beweis macht den Schaffner un- und den Reisenden sicher!

Bevor die ÖBB dran geht, immer noch längere Tunnel für unser liebes Steuergeld zu graben, sollte sie dieses eher in die Ausbildung ihres Personals und die Programmierung ihrer Bord- und Internetcomputer stecken - meint man im ÖGV.

(Ende)
Aussender: Österreichischer Gewerbeverein
Ansprechpartner: Herwig Kainz
Tel.: +43/1/587 36 33
E-Mail: h.kainz@gewerbeverein.at
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