pts20050710001 Politik/Recht

ÖGV: ÖBB - die Hüterin des Arbeitsrechts, biegt dieses, wie sie's braucht!

Dafür gehen diese Rechtsbieger dann mit 47 in den wohlverdienten Ruhestand!


Wien (pts001/10.07.2005/22:09) Allgemein war ja die ÖBB bisher als immer währender Hort gegen jede Aufweichung des Arbeitsrechts bekannt. Immerhin gehen die Grundsätze ihres betrieblichen Zusammenwirkens zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern auf das vorvorige Jahrhundert zurück. Nun kam die Trendwende - aber so darf es halt auch nicht sein - meint der Österreichische Gewerbeverein (ÖGV)!

Wer Arbeitsrecht im ersten Semester studiert, muss wissen, dass es in dieser Materie unabdingbare Rechte gibt. Dazu gehört neben dem Verzicht auf Urlaub oder Abfertigung natürlich auch das Verbot einer Zustimmungserklärung zu einer unzulässigen Schlechterstellung nach dem gesetzlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Dem damals amtierenden ÖBB-Personaler war dies offenbar egal. Der OGH war da im Juli 2004 (jetzt veröffentlicht) aber anderer - nämlich legaler - Meinung: "Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz steht in Fällen, wie bei jenem, der bei der ÖBB zu beurteilen war nicht zur Disposition und kann durch die im vorliegenden Fall eingeholte Erklärung des Arbeitnehmers über die Anerkennung einer benachteiligenden Einstufung nicht umgangen werden. Andernfalls wäre es der ÖBB möglich, das von ihr selbst vorgesehene Entlohnungsschema nach Belieben zu umgehen."

Merkwürdig: Zum Zeitpunkt der Findung des OGH-Erkenntnisses war ein gewisser Wolfgang Moldaschl (47) noch oberster ÖBB-Personaler. Kurz danach wurde er zwangsweise in Frühpension geschickt. Der Grund dafür waren "unüberbrückbare Differenzen".

Die Pensionierung des 47-Jährigen war rechtlich gedeckt: Die ÖBB durfte Mitarbeiter, für die sie keine Verwendung mehr hatte, zwangsweise in den Ruhestand versetzen. Das entsprechende Gesetz stammt aus dem Jahr 1898. Warum man das bei Moldaschl nicht so gebogen hat, wie die Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ist leicht nachzuvollziehen!

Heftige Kritik an der Absetzung Moldaschls kam damals von der Gewerkschaft. Moldaschl sei ein kompetenter und erstklassiger Experte, erklärte ÖBB-Gewekschaftsboss Wilhelm Haberzettl. Gerade in der Gründungsphase der neuen Bahn-Gesellschaften spielt der Personaldirektor eine Hauptrolle - so Haberzettl. Außerdem entsteht eine "fatale Außenwirkung" wenn man für einen 47jährigen Spitzenjuristen keine Verwendung im Unternehmen findet.

Dass ein OGH-Arbeitsrechtsverfahren dem ÖBB-Oberpersonaler nicht bekannt gewesen sein könnte, hält man im ÖGV für unwahrscheinlich. Auch ein ÖBB-Gewerkschaftsboss, der dem Vernehmen nach mit dem Personaler sehr gut konnte, musste von diesem Verfahren wissen.

Da haben also zumindest zwei "erstklassige Experten" - einer davon Spitzenjurist - bis in die dritte Instanz ein Verfahren auf Steuerzahlers Kosten durchgefochten, von dem jeder Arbeitsrechts-Taferlklassler von Anfang an aus Gründen der Logik die Finger gelassen hätte.

Was wird denn der erstklassige Experte Moldaschl nun tun? Hoffentlich gibt er nicht Jemandem arbeitsrechtliche Ezzes!

(Ende)
Aussender: Österreichischer Gewerbeverein
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