pts20060810014 in Leben

Pharmig: "Die Krankenkassen spielen das alte Spiel"

Die veröffentlichten Zahlen sprechen für sich


Wien (pts014/10.08.2006/11:40) Nach der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse (NÖGKK) warnt nun auch Franz Bittner, Obmann der Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK), im heutigen STANDARD vor einer angeblichen Kostenexplosion bei den Medikamenten-Ausgaben. Ähnlich wie die NÖGKK pflegt auch der Wiener Kassen-Chef eine sehr selektive Sicht der Daten und Fakten: Er behauptet, "wenn das so weitergeht, werden noch heuer die Kosten für die Medikamente höher sein als die Ärztehonorare".

Pharmig-Generalsekretär Jan Oliver Huber meint dazu: "Die Ärzte verschreiben Medikamente nicht aus Jux und Tollerei, sondern weil ihre Patienten die Therapien benötigen." Die tatsächlichen Zahlen, wie sie aus den veröffentlichten Gebarungen der Wiener bzw. der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse hervorgehen, sprechen übrigens eine ganz andere Sprache:

-> Die letzte veröffentlichte Gebarung der WGKK bezieht sich zwar auf das Jahr 2004, widerlegt die Argumentation Bittners aber eindeutig: Die WGKK gab für Arzthonorare (ohne Zahnbehandlung) 574 Mio. Euro, für Medikamente 470 Mio. Euro (brutto) aus. Nach Abzug der Mehrwertsteuer für Medikamente, die der Kasse vom Finanzminister refundiert wird, bleiben 392 Mio. Euro an Medikamenten-Ausgaben. Nach dem weiteren Abzug des als "Rezeptgebühr" bekannten Patienten-Selbstbehalts betragen die Netto-Medikamenten-Ausgaben der WGKK noch 328 Mio. Euro. Das entspricht 57,1 Prozent der Ausgaben für Arzthonorare.

-> Die NÖGKK zahlte laut der letzten veröffentlichten Gebarung für 2005 Arzthonorare (ohne Zahnbehandlung) in der Höhe von 370 Mio. Euro, für Medikamente gab sie 352 Mio. Euro (brutto) aus. Nach Abzug der Mehrwertsteuer bleiben 294 Mio. Euro an Medikamenten-Ausgaben. Nach dem Abzug der Rezeptgebühr betragen die Netto-Medikamenten-Ausgaben der NÖGKK noch 242 Mio. Euro. Das entspricht 65,4 Prozent der Ausgaben für Arzthonorare.

Zu den Aussagen von Franz Bittner sagt Huber außerdem: "Bittner hätte korrekterweise - so wie vor kurzem der Tiroler Kassen-Direktor Öhler - dazusagen sollen, WIE die prognostizierte Steigerung bei den Medikamenten-Ausgaben zustande kommt. Das sind nicht nur Ausgaben für moderne Therapien. Ein zweiter wesentlicher Faktor ist, dass Therapien immer öfter nicht in den Krankenhäusern durchgeführt werden, sondern von niedergelassenen Ärzten und in Tageskliniken. Viele Krankenhäuser versuchen so, ihre steigenden Ausgaben auf die Krankenkassen abzuschieben. Letztere werfen diese Kostenverlagerung dann z.B. den niedergelassenen Ärzten oder der Pharma-Industrie als angebliche 'Kostenexplosion' vor. Das ist ein altbekanntes Spiel der Krankenkassen und greift nicht mehr."

Huber unterstreicht, dass endlich mehr Transparenz in der Finanzierung des Gesundheitswesens angesagt sein sollte: "Aufgrund der bestehenden Intransparenz ist es für die Öffentlichkeit nicht nachvollziehbar, welcher Anteil der Ausgabensteigerungen im Krankenkassen-Bereich auf erhöhten Bedarf der Patienten oder auf den medizinischen Fortschritt zurückgeht und welcher Anteil auf eine reine Ausgabenverlagerung aus dem Spitalswesen. Übrigens liegen die Industriepreise für Medikamente im viertreichsten EU-Staat Österreich um 17,16 Prozent unter dem EU-15-Schnitt und im Schnitt der EU-25."

(Ende)
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