Gewerbeverein: Ist es Verständnis- oder Verantwortungslosigkeit?
Wenn der Kokon der hohen Politik den Blick auf das Wesentliche trübt
Wien (pts033/07.11.2006/11:27) Wenn zwei Partner gemeinsam ein großes Vorhaben beginnen, sind sie gut beraten, alle Ideen, Ansätze und Informationen zusammenzutragen und gut zu prüfen. Über Divergenzen muss diskutiert werden, immer darauf bedacht, dass das zukünftige Projekt auch langfristigen Nutzen stiftet. Ob es nun zustande kommt, wenn statt über das Programm, über neue Posten und Pfründe gesprochen und eine Gesprächskultur via Gericht gepflogen wird, bezweifelt der Österreichische Gewerbeverein (ÖGV).
Wie schnell Verhandlungen zur Bildung einer neuen Bundesregierung aus dem Tritt geraten können, wenn persönliche Emotionen hochgespielt werden, sich zu mangelndem Fachwissen eine unzureichende Beratung gesellt, zeigt die allgemeine Initiativen- und Ratlosigkeit, die wir in den letzten Wochen erleben durften. Im ÖGV registriert man mit stetig wachsender Besorgnis, wie durch leichtfertiges Geplänkel um Macht und Posten, die Entwicklung großer Projekte für eine große Regierung auf Monate hinaus verhindert wird.
Die globale Wirtschaft wartet aber nicht auf die Klärung österreichischer Befindlichkeiten. Wichtige Entscheidungen müssen schnell und fundiert gefällt werden: ein politischer Stillstand beschädigt den Wirtschaftsstandort Österreich und bringt schwere Nachteile, besonders im direkten Wettbewerb mit unseren mitteleuropäischen Nachbarn.
Der Österreichische Gewerbeverein gewinnt jeweils mit guten Gründen, keiner der diskutierten Regierungs- und Neuwahlszenarien großen Reiz ab, er fordert aber alle agierenden Personen dazu auf, sich Ihrer Verantwortung bewusst zu werden. Mangelnde Handlungsbereitschaft kann rasch zur Blockade mutieren. Der ÖGV fordert daher eine zügige und zielorientierte Vorgangsweise, die abseits des parteipolitischen Taktierens den Mut zu langfristigen, finanzierbaren und innovationsträchtigen Lösungen aufbringt.
An dringenden Themen mangelt es freilich nicht, in willkürlicher Reihenfolge seien beispielhaft angeführt: eine Allparteien-Strategie zur langfristigen Sicherung des Wirtschaftsstandortes in einer globalisierten Welt, ohne diesen durch kleinliche Klientelpolitik leichtfertig zu beschädigen; eine auch für Unternehmen finanzierbare und faire Absicherung von Arbeitslosen, Kranken und Pensionisten; eine Bildungsinitiative auf allen Ebenen: Schüler, Lehrer und Eltern - Lehrlinge, Maturanten, Studenten und sich Weiterbildende; eine Informationskampagne, die verdeutlicht, dass eine gute Aus- & Weiterbildung das persönlichste Zukunftskapital überhaupt ist; ein akkordiertes Vertreten österreichischer Interessen in Brüssel, ohne die EU ständig herabwürdigen zu müssen; eine grundlegende Verwaltungsreform, die den Mittelbau, Bezirke und Länder abbaut; eine steuerliche Erleichterungen für Personengesellschaften, damit das Tragen eines persönlichen Risikos zumindest finanziellen Anreiz erfährt; die Förderung des unternehmerischen Denkens bei Arbeitern und Angestellten; eine Simplifizierung der Dienstvertragsregelungen; eine berechenbare und langfristig finanzierbare Wirtschaftspolitik, die Verantwortung und Konsequenzen nicht an die nächsten Generationen auslagert; ein massive Flexibilisierung der Arbeitsverhältnisse und die größtmögliche Minimierung der Lohnnebenkosten und des damit verbundenen, innerbetrieblichen Verwaltungsaufwands; eine arbeitsrechtliche und steuerliche Rücksichtnahme auf KMUs, als Träger sämtlicher Beschäftigungsinitiativen; eine Überprüfung aller Gesetze bereits vor deren Inkrafttreten hinsichtlich Kosten für Betriebe und Allgemeinheit; ein Eindämmen der Regulierungswut und damit einhergehenden Gesetzesflut; das programmatische Verhindern des politischen Stillstandes, um Unternehmensfinanzierungen und -gründungen nicht zu gefährden; die Förderung einer neuen Generation von Politikern, die sich ihrer Verantwortung bewusst sind und auch danach handeln, usw., usw.
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