pte20101130028 Politik/Recht, Handel/Dienstleistungen

IT-Branche: Chinas Arbeiter kämpfen um Rechte

Hungerlöhne und Überstunden machen Fabriksarbeitern zu schaffen


Chinesische Elektronikfabrik: Arbeiter sind von Überstunden erschöpft (Foto: flickr.com/clean-it.at)
Chinesische Elektronikfabrik: Arbeiter sind von Überstunden erschöpft (Foto: flickr.com/clean-it.at)

Wien/Peking (pte028/30.11.2010/13:45) Während der Elektrohandel in Österreich zur Weihnachtszeit brummt, kämpfen chinesische Angestellte des weltweit größten Elektronikherstellers Foxconn gegen ihre Ausbeutung. Die neue Generation der Arbeiter in China versucht sich seit vergangenem Jänner, durch eine Serie von Selbstmorden Gehör zu verschaffen. Jedoch haben sich die Arbeitsbedingungen nicht wesentlich verbessert. Die Kampagne Clean-IT http://clean-it.at fordert die öffentliche Hand auf, ihre Einkaufsmacht für eine Verbesserung der Arbeitssituation in den Produktionsländern zu nützen.

"Aus unserer Perspektive liegen Gründe für die Verzweiflung der Menschen in den Hungerlöhnen, Überstunden und in den gesundheitsgefährdenden Arbeitsbedingungen", erklärt Andrea Ben Lassoued, Leiterin der Clean-IT für faire Arbeitsbedingungen in der Elektronikindustrie. Foxconn beschäftigt in China 900.000 Personen und produziert zum Großteil für Markenunternehmen wie Apple, Nokia und HP. Die Preis- und Sicherheitspolitik der Firmen wirken sich ernorm auf die Arbeiter in den asiatischen Produktionsstätten aus.

Existenzängste und Übermüdung

Nach der Selbstmordserie kürzte Foxconn die monatlich erlaubten Überstunden auf 80, welche noch immer über dem gesetzlichen Maximum von 36 Stunden liegen. In einigen Werken müssen Arbeiter nun schriftlich zusichern, dass sie Überstunden "freiwillig" leisten. Doch ohne Zusatzstunden können die Angestellten kaum leben. Der Grundlohn macht oft nur 40 Prozent des Gesamtgehaltes aus, den Rest erbringen die Überstunden. Die ständigen Ängste und die Überarbeitung führen vor allem bei jungen Arbeitern zwischen 17 und 25 zu Selbstmord.

Hinzu kommen Erschwernisse seitens der Regierung auf die Arbeiter zu. In China sind Ummeldungen des Wohnortes nicht möglich. Zieht eine Arbeiterin vom Land in die Stadt, hat sie keine Ansprüche auf die dortigen Sozialleistungen oder Anspruch auf einen Schulplatz für ihr Kind. "China möchte so den Zuzug in die Städte verhindern, aber die Arbeiter kommen trotzdem", erklärt Ben Lassoued im Gespräch mit pressetext.

Philippinen: Jungfrauen bevorzugt

In anderen Teilen Asiens ist die Situation sehr ähnlich. So berichtet Cecilia Tuico von der philippinischen Arbeitsrechtsorganisation Workers Assistance Center (WAC) über den lebensgefährlichen Kampf um bessere Arbeitsbedingungen im Elektrosektor. Morde an philippinischen Gewerkschaftsführern zeigen das hohe Risiko, dem sich engagierte Arbeiter aussetzen. "Es ist sehr gefährlich, sich gewerkschaftlich zu organisieren und sich für bessere Arbeitsbedingungen einzusetzen. Obwohl das Recht darauf im Gesetz verankert ist", so Tuico.

Mit der Wirtschaftskrise hat die Kontraktarbeit zugenommen. Mehr als die Hälfte der Arbeiter sind über Personalvermittlungsagenturen angestellt. Studenten werden als billige Praktikanten angestellt, die nur 75 Prozent des Mindestlohns bekommen. Der ideale philippinische Arbeiter ist jung, weiblich, alleinstehend und ohne Forderung. Ben Lassoued war bei ihrer Reise auf den Philippinen von den "virginy tests" schockiert. "Arbeiterinnen müssen ihre Jungfräulichkeit beweisen, bevor sie für Hungerlöhne produzieren dürfen," so Ben Lassoued.

Handlungsbedarf seitens der öffentlichen Hand

Clean-IT sieht Handlungsmöglichkeiten für eine Verbesserung der asiatischen Produktionsbedingungen in der öffentlichen Beschaffung. Öffentliche Einrichtungen und Universitäten, die in Österreich jährlich 110 Mio. Euro für Elektronikprodukte ausgeben, können ihre Einkaufsmacht nützen und Druck auf die Markenunternehmen ausüben. "In der Ausschreibung kann man soziale Kriterien einfließen lassen", fordert Christina Schröder von Südwind http://suedwind-agentur.at .

Konsumenten rät Ben Lassoued: "Nachfragen, unter welchen Bedingungen der Computer hergestellt wurde und Informationen sich über aktuelle Entwicklungen einholen!" Wirkliche Alternativen zu den bisherigen Elektronikprodukten gibt es jedoch nicht. "Den fair-produzierten Computer gibt es noch nicht", so Lassoued.

(Ende)
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