LED-Bildschirme verändern die innere Uhr
Eingriff in die Produktion des Dunkelheitshormons Melatonin
Laptop mit LED-Backlight: Sorgt abends für mehr Munterkeit (Foto: FlickrCC/Henri) |
Basel/Stuttgart (pte013/25.03.2011/11:05) Wer abends vor Laptop- oder Flachbildschirmen mit LED (Light Emitting Diode)-Hintergrundbeleuchtung sitzt, ist dabei wacher und kann konzentrierter arbeiten als bei konventioneller Beleuchtung. Zugleich verschiebt er damit jedoch seine innere Uhr deutlich. Das berichten Basler Schlafforscher http://www.chronobiology.ch und Kollegen des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation http://www.iao.fraunhofer.de in der Fachzeitschrift "Journal of Applied Physiology".
Blaues Licht hält hellwach
LED-Beleuchtung bietet monochromatisches Licht, das im Gegensatz zu den meisten anderen Lichtquellen nur eine bestimmte Wellenlänge abgibt. "Das Intensitätsmaximum liegt bei LED-Screens bei ungefähr 464 Nanometern Wellenlänge. Das ist ein blaues Licht, auf das unsere Augen besonders empfindlich reagieren", erklärt Studienleiter Christan Cajochen im pressetext-Interview. Über die so genannten Melanopsin-Rezeptoren auf der Netzhaut aktiviert blaues Licht den Nucleus suprachiasmaticus im Gehirn, den Sitz der inneren Uhr, der wiederum das Dunkelheitshormon Melantonin und damit indirekt die Schläfrigkeit steuert.
Der Nachweis dafür gelang den Forschern durch Versuchspersonen, die abends fünf Stunden lang teils vor Computer mit LED-Bildschirme, teils vor solchen mit anderer Beleuchtung gesetzt wurden. Die LED-Gruppe reagierte um durchschnittlich 20 Prozent schneller, fühlte sich wacher und schnitt in kognitiven Tests und Wortpaar-Lerntests besser ab. Zudem blieb die abendliche Melatonin-Produktion länger unterdrückt. "Einen so deutlichen Effekt hatten wir nicht erwartet, war doch das Licht mit rund 80 Lux relativ schwach und das Wellenlängen-Spektrum mit Ausnahme des Blaulicht-Peaks ähnlich", berichtet Cajochen.
Hormonspiegel verändert sich
Geteilter Meinung ist der Chronobiologe über die Bedeutung des Ergebnisses. "Wer abends arbeiten muss, profitiert von LED-Licht. Dennoch verändert sich scheinbar auf Dauer der Schlaf-Wach-Rhythmus." Der Melatonin-Spiegel steigt üblicherweise eine Stunde vor dem Zubettgehen an. Im Test war dessen Kurve nach einem Versuchstag um 50 Minuten, nach dem zweiten bereits um eine Stunde nach hinten verschoben. Direkte negative Effekte auf den nächtlichen Schlaf wurden allerdings bisher nicht sichtbar, berichtet Cajochen. "Licht mit hohem Blauanteil beschäftigt vor allem frontale Hirnregionen. Im Anschluss erholten sich die Testpersonen gut."
Möglichst unberührt würde die innere Uhr bei einem programmierbaren LED-Bildschirm bleiben, dessen Wellenlängenprofil sich dem jeweiligen Lichtverhältnis der Tageszeit dynamisch anpasst - was auch das Interesse des Stuttgarter Fraunhofer-Forschungspartners darstellt. Wer abends leistungsfähig sein müsse, könne dann das Spektrum entsprechend anpassen. "Die LED-Beleuchtung wird die Schlafforschung noch länger beschäftigen - ist doch in Zukunft aufgrund ihrer Vorteile eine hohe Verbreitung zu erwarten", betont der Basler Schlafforscher.
Details zur Studie unter http://0-jap.physiology.org.library.pcc.edu/content/early/2011/03/10/japplphysiol.00165.2011.abstract
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