ptp20180831008 Forschung/Entwicklung, Bildung/Karriere

Offener Brief zur Unterstützung des FWF

An den Herrn Bundespräsidenten und die für F&E zuständigen Mitglieder der Österr. Bundesregierung


Astrocytes interacting with ß-amyloid plaques (Foto: C.Humpel, MedUni Innsbruck)
Astrocytes interacting with ß-amyloid plaques (Foto: C.Humpel, MedUni Innsbruck)

Wien/Linz/Graz/Salzburg/Innsbruck (ptp008/31.08.2018/10:15) An
Herrn Bundespräsident Univ.-Prof. Dr. Alexander Van der Bellen
Herrn Bundeskanzler Sebastian Kurz
Herrn Vizekanzler Heinz-Christian Strache
Herrn Bundesminister Univ.-Prof. Dr. Heinz Faßmann
Herrn Bundesminister Ing. Norbert Hofer
Herrn Bundesminister Hartwig Löger
Frau Bundesminister Mag. Dr. Margarete Schramböck

Wien, im August 2018

Sehr geehrter Herr Bundespräsident, sehr geehrter Herr Bundeskanzler, sehr geehrter Herr Vizekanzler, sehr geehrte Frau Minister, sehr geehrte Herren Minister!

Im Regierungsprogramm heißt es: "Wissenschaft und Forschung sind Voraussetzungen echter Persönlichkeitsentfaltung in einer Gesellschaft und Basis für eine positive Zukunft unseres Heimatlandes", und weiter: "Ziel der Bundesregierung ist es, das österreichische Wissenschafts- und Forschungssystem zu einem der wettbewerbsfähigsten der Welt zu machen. Dafür müssen wir gerade als kleines Land im Hochschulsektor strategische Schwerpunkte setzen".

Eine entscheidende Voraussetzung zur Erreichung solch ambitionierter Absichten ist die solide finanzielle Ausstattung der kompetitiven Forschungsförderung - für Österreichs Grundlagenforschung synonym mit dem Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung - FWF. Der FWF fördert Einzelprojekte, Schwerpunkt-, Verbund-, und Doktoratsprogramme; er fördert die internationale Mobilität der jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit Schrödinger-Stipendien und dem Lise Meitner-Programm; und er fördert die wissenschaftliche Karriereentwicklung mit dem Firnberg- und dem Richter-Programm.

Die Bedeutung der Grundlagenforschung im Zusammenspiel mit angewandter und wirtschaftsorientierter Forschung für die Entwicklung und Prosperität eines Landes ist vielfach dokumentiert. Während die anwendungsorientierte Forschung einen starken Fokus auf gegenwärtige Problemstellungen hat, sind die Erkenntnisse der Grundlagenforschung unsere (einzige) Versicherung für die - großteils noch unbekannten - Herausforderungen der Zukunft. Fast alle heute als selbstverständlich eingesetzten Technologien und Anwendungen sind auf Erkenntnisse der Grundlagenforschung zurückzuführen. Nicht zuletzt deshalb fordern sowohl der "Rat für Forschung und Technologieentwicklung" als auch der "Österreichische Wissenschaftsrat" seit Jahren eine substantielle Aufstockung des chronisch unterdotierten FWF Budgets. Beide Institutionen wurden von vorangegangen Bundesregierungen zur Beratung in Fragen der Österreichischen Innovations- und Wissenschaftspolitik eingerichtet. Trotz all dieser Mahnungen wurde bedauerlicherweise der FWF in der Vergangenheit nicht in demselben Maße mit Budgetmitteln ausgestattet, wie dies notwendig gewesen wäre.

Die Auswirkungen des derzeitigen Geldmangels sind dramatisch: Im Jahr 2017 konnten vom FWF rund 220 Projekte mit einem Antragsvolumen von etwa 83 Millionen Eur nicht bewilligt werden, obwohl sie in einem rigorosen, hoch-kompetitiven internationalen Begutachtungsprozess als höchst förderwürdig beurteilt wurden. Diesen Anträgen sind wochen- bis monatelange Recherchen und Vorarbeiten vorangegangen - eine enorme Geld- und Talentevernichtung. Auch die Arbeitszeit der Gutachterinnen und Gutachter (geschätzte rund 600 volle Arbeitstage) wird dadurch vergeudet, weshalb sich diese (unbezahlten) Expertinnen und Experten wohl fragen werden, warum ihre ausführlichen (positiven) Gutachten offensichtlich gering geschätzt werden, und warum ihre Empfehlungen somit keine Beachtung finden.

Minister Faßmann hat namens der Bundesregierung im Vorfeld der Erstellung des Doppelbudgets 2018/2019 zugesagt, dass dem FWF bis zum Jahr 2021 zusätzliche 110 Millionen Euro bereitgestellt werden. Es ist dies ein dankenswerter, wenn auch dringend notwendiger, erster Schritt, Versäumnisse der letzten Jahre wettzumachen und damit die Konkurrenzfähigkeit der österreichischen Wissenschaft zu garantieren. Wir verhehlen nicht, dass wir mehr finanzielle Unterstützung erwartet - und in Anbetracht der Leistungen der österreichischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler - auch verdient haben. Noch zum Jahreswechsel 2017/2018 wurde dem FWF bis zum Jahr 2021 eine reale Budgetaufstockung um 280 Millionen Euro in Aussicht gestellt.

Bezogen auf die Einwohnerzahl verfügt der FWF über ein Jahresbudget von 25 Euro pro österreichischem Einwohner. Dazu einige Schwestergesellschaften des FWF im Vergleich: Die deutsche DFG: 38 Euro pro Einwohner; die holländische NWO: 55 Euro; die Academy of Finland: 82 Euro; der Schweizer SNF: 101 Euro. Ein FWF Budget, das dem der Schweiz (2016: 830 Millionen Euro, 8.4 Millionen Einwohner) oder Hollands (914 Millionen Euro, 17 Millionen Einwohner) entspricht, dürfen wir wohl nicht erwarten. Um den ambitionierten Plänen gerecht zu werden, sollte sich die Bundesregierung als mittelfristiges Ziel an der DFG orientieren, was einem FWF Jahresbudget von rund 300 Millionen Euro entspräche. Wir trauen uns zu, damit trotz weiter bestehender Wettbewerbsnachteile (wie einer wesentlich breiteren Förderlandschaft in Deutschland) in Europa in der ersten Liga mitspielen zu können.

Eine der ersten Fragen, die uns bei Berufungen von Professorinnen und Professoren gestellt werden, lautet: Wie kann ich meine Forschung finanzieren? Wenn diese Frage nicht zufriedenstellend beantwortet wird, werden wir diese Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an die übermächtige Konkurrenz in den USA, Deutschland, Schweiz, Niederlande, etc. verlieren. Nicht genug damit - auch unsere Besten, die wir mit erheblichen Mitteln ausbilden, wandern ab und kehren danach mangels Ressourcen nicht mehr in ihr Heimatland zurück. Eine konstruktiv-kompetitive - nicht frustrierende - Förderlandschaft, ist die Grundlage, die besten Köpfe anzuwerben bzw. sie zu halten.

Der FWF feiert 2018 sein 50-jähriges Bestehen. Zu diesem Anlass wird im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft Anfang September vom FWF ein mehrtägiges Wissenschaftsfestival veranstaltet. Zum Abschluss des "BE OPEN - Science & Society Festival" werden auch die diesjährigen START- und Wittgensteinpreise überreicht. Die europäische Bühne dieses offiziellen EU-Präsidentschaftsevents wäre eine einzigartige Gelegenheit, ein starkes Signal in Österreich und nach Europa zu senden. Die Beauftragung der im Regierungsprogramm erwähnten Exzellenzinitiative, verbunden mit der stufenweisen Aufstockung des FWF-Budgets auf DFG-Niveau, wären dabei Maßnahmen, die als bedeutende Meilensteine in die wissenschaftspolitische Geschichte Österreichs eingehen würden.

Die unterzeichneten Präsidentinnen und Präsidenten bzw. Vertreterinnen und Vertreter der angeführten Wissenschaftlichen Gesellschaften Österreichs, die mehr als 22.000 Forscherinnen und Forscher in Österreich repräsentieren.

Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Hannes Stockinger
Verband der Wissenschaftlichen Gesellschaften Österreichs
c/o Zentrum für Pathophysiologie, Infektiologie und Immunologie
Medizinische Universität Wien
Kinderspitalgasse 15
1090 Wien

Univ.-Prof. Dr. Sigismund Huck
Österreichische Gesellschaft für Neurowissenschaften
c/o Zentrum für Hirnforschung
Medizinische Universität Wien
Spitalgasse 4
1090 Wien

* Univ.-Prof. Dr. Alexandra Ganser, Austrian Association of American Studies
* Alice Laciny, MSc., Arbeitsgemeinschaft Österreichischer Entomologen
* Univ.-Prof. Mag. Dr. Herwig Peterlik, Chemisch-Physikalische Gesellschaft
* Dr. Stephan Immanuel Teichgräber, Dokumentationsstelle für Ost- und Mitteleuropäische Literatur
* Günter Ofner, Familia Austria - Österreichische Gesellschaft für Genealogie und Geschichte
* Univ.-Prof. Dr. Silke Meyer, Generalversammlung Empirische Kulturwissenschaft in Österreich
* Priv.-Doz. Dr. Lars Allolio-Näcke, Gesellschaft für Kulturpsychologie
* Mag. Renate Bukovski, MSc, Gesellschaft für Logotherapie und Existenzanalyse
* Dr. Ernst Gruber, Dipl.-Ing. Dr. Josef Wendrinsky, Gesellschaft Österreichischer Chemiker
* Mag. Dr. Cornelius Zehetner, Gesellschaft für Phänomenologie und kritische Anthropologie
* Univ.-Prof. Dr. Erika Thurner, Gesellschaft für politische Aufklärung
* Univ.-Prof. Dr. Johann Hüttner, Grillparzer-Gesellschaft
* Dr. Mohammed Omar, Internationale Friedrich Hebbel-Gesellschaft
* Mag. Gerhard Hofbauer, Internationale Gesellschaft für Polyästhetische Erziehung
* MR Dipl.-Ing. Karl Zimmel, Internationale Nestroy-Gesellschaft
* Clemens M. Brandstetter, Kartierung der Wirbellosen in Vorarlberg und Liechtenstein
* Univ.-Prof. Dr. Brigitte Mazohl, Kommission für Neuere Geschichte Österreichs
* Dr. Anton Drescher, Naturwissenschaftlicher Verein für Steiermark
* DSP Dipl. Päd. Markus J. Daimel, Österreichischer Arbeitskreis für Gruppentherapie und Gruppendynamik
* Mag. Dr. Thomas Stockner, Österreichische Biophysikalische Gesellschaft
* Univ.-Doz. Mag. Dr. Ruth Kutalek, Österreichische Ethnomedizinische Gesellschaft
* Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Barbara Bohle, Österreichische Gesellschaft für Allergologie und Immunologie
* Univ.-Prof. Dr. Manuel Güdel, Österreichische Gesellschaft für Astronomie und Astrophysik
* Prim. Univ.-Prof. Dr. Hans Edmund Eckel, Österreichische Gesellschaft für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Kopf- und Halschirurgie
* HR Dr. Karl Schütz, Univ.-Prof. Dr. Eva Berger, Österreichische Gesellschaft für Historische Gärten
* Univ.-Prof. Dr. Birgit Willinger, Österreichische Gesellschaft für Hygiene, Mikrobiologie und Präventivmedizin
* Mag- Dr. Dr. Daniela G. Camhy, Österreichische Gesellschaft für Kinderphilosophie
* Priv.-Doz. Dipl.-Ing. Dr. Angela Sessitsch, Univ.-Prof. Dr. Josef Glößl, Österreichische Gesellschaft für Molekulare Biowissenschaften und Biotechnologie
* Univ.-Prof. Dr. Eugen Trinka, Prim. Univ.-Doz. Dr. Elisabeth Fertl, Österreichische Gesellschaft für Neurologie
* Univ.-Prof. DDr. Gabriele Sachs, Univ.-Prof. Dr. Siegfried Kasper, Österreichische Gesellschaft für Neuropsychopharmakologie und Biologische Psychiatrie
* Prof. Peter Mulacz, Österreichische Gesellschaft für Parapsychologie und Grenzbereiche der Wissenschaften
* Univ.-Prof. Dr. Gerald Höfler, Österreichische Gesellschaft für Pathologie
* Univ.-Prof. Dr. Anne Siegetsleitner, Österreichische Gesellschaft für Philosophie
* Dr. Monika Mühlböck, Dr. Michael Blauberger, Österreichische Gesellschaft für Politikwissenschaft
* Univ.-Prof. Dr. Aljoscha Neubauer, Österreichische Gesellschaft für Psychologie
* Univ.-Prof. Dr. Martin Weichbold, Österreichische Gesellschaft für Soziologie
* Univ.-Prof. Dr. Frank Edenhofer, Österreichische Gesellschaft für Stammzellenforschung
* Univ.-Prof. Dr. Christian Egarter, Österreichische Gesellschaft für Sterilität, Fertilität und Endokrinologie
* Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Heinz Brandl, Österreichischer Ingenieur- und Architekten-Verein
* Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Barbara Kaltenbacher, Österreichische Mathematische Gesellschaft
* Univ.-Prof. Dr. Frank Melcher, Österreichische Mineralogische Gesellschaft
* Univ.-Prof. Mag. Dr. Irmgard Krisai-Greilhuber, Österreichische Mykologische Gesellschaft
* Univ.-Prof. Dr. Thomas Griesbacher, Österreichische Pharmakologische Gesellschaft
* Univ.-Prof. Dr. Reinhold Koch, Österreichische Physikalische Gesellschaft
* Univ.-Prof. Dr. Margarethe Geiger, Österreichische Physiologische Gesellschaft
* Dipl.-Ing. Dr. Helmut Riedl, Österreichische Gesellschaft für Vakuumtechnik
* Dr. Walter Keidel, Dr. Ernst Michael Reicher, Österreichische Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde
* MR Dipl.-Ing. Karl Zimmel, Raimundgesellschaft
* Univ.-Prof. Dr. Peter Mader, Salzburger Juristische Gesellschaft
* Univ.-Prof. Mag. Dr. Roland H. Grabner, Steirische Gesellschaft für Psychologie
* Gen Dir. i.R. Hon.-Prof. Dr. Lorenz Mikoletzky, Verband österreichischer Historiker und Geschichtsvereine
* Dr. Teresa Kaserer, Dr. Andreas Lieb, Verein für lokale Wissenschaftskommunikation
* Dr. Michael Strähle, Mag. Christine Urban, Wissenschaftsladen Wien

Wir haben im Rahmen unserer Möglichkeiten die Wissenschaftlichen Gesellschaften in Österreich kontaktiert und bitten um Entschuldigung, dass wir zahlreiche Vereinigungen nicht auf unserem Verteiler hatten. Wenn Sie wünschen, der Liste der Unterzeichner nachträglich hinzugefügt zu werden, kontaktieren Sie bitte den Verband der Wissenschaftlichen Gesellschaften Österreichs (VWGÖ) über office@vwgoe.at.

(Ende)
Aussender: VWGÖ - Verband Wissenschaftlicher Gesellschaften Österreichs
Ansprechpartner: Elisabeth Mayer
Tel.: +43 1 40160 - 33105
E-Mail: office@vwgoe.at
Website: www.vwgoe.at
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