Bewerbung: KI entscheidet, wer Job bekommt
Trend hin zu Online-Interviews statt persönlichen Gesprächen - EU und USA wollen prüfen
Job-Interview: persönliches Gespräch wird seltener (Foto: unsplash.com/Tim Gouw) |
Oxford (pte002/17.06.2021/06:05)
Wer sich in nächster Zeit für einen neuen Job bewerben will, sollte sich darauf einstellen, dass er womöglich zu keinem persönlichen Gespräch mit einem Personalverantwortlichen eingeladen wird. Immer mehr Unternehmen greifen nämlich auf unpersönliche Online-Interviews zurück, bei denen letztendlich nicht mehr Menschen über eine mögliche Einstellung entscheiden, sondern Algorithmen. Ob diese Praxis tatsächlich vorurteilsfrei ist und nur die Besten für den Job finden kann, soll nun in der EU und den USA genauer überprüft werden.
[b]Diskussion um Vorurteile[/b]
„Die Nachfrage nach Recruiting-Services, bei denen Bewerber aus der Ferne via Laptop oder Handy befragt werden, ist während der COVID-19-Pandemie rapide angestiegen und verharrt auch in einer Zeit, in der die Wirtschaft wieder aufsperrt und es eine Knappheit an Arbeitskräften gibt, auf hohem Niveau", heißt es in einem Bericht von „Associated Press". Diese Systeme locken aus Sicht des Arbeitgebers damit, dass sie Geld und Zeit sparen, nicht anfällig für versteckte Vorurteile sind und die Palette an potenziellen Kandidaten erweitern. „Viele greifen inzwischen auch auf Künstliche Intelligenz zurück, um herauszufinden, was Bewerber drauf haben", so die Schilderung.
Experten sehen diese Entwicklung allerdings kritisch. „Algorithmen, die programmiert worden sind, den Besten für einen Job zu finden, können genauso mit Vorurteilen behaftet sein, wenn sie sich nach Vorgaben einer Branche richten, in der es rassistische und geschlechtsspezifische Ungleichheiten gibt", meint etwa Aislinn Kelly-Lyth, Research Assistant an der University of Oxford http://ox.ac.uk. „Wenn Sie sich für einen Job bewerben und Sie bekommen ihn nicht, weil ein Algorithmus voreingenommen ist, würden Sie das nicht erfahren", gibt die Forscherin zu bedenken. Bei einem persönlichen Gespräch könnte man etwaige Diskriminierungen viel eher erkennen, ist Kelly-Lyth überzeugt.
[b]Umfassende Prüfung[/b]
Auch auf politischer Ebene ist der Trend zum Algorithmus-gestützten Online-Recruiting und die Bedenken, die damit zusammenhängen, nicht unbemerkt geblieben. Angesichts des starken Zuwachses derartiger Praktiken bei den Arbeitgebern haben Regierungen sowohl in Europa als auch in der USA angekündigt, eine umfassende Prüfung in dieser Sache durchzuführen. Dabei soll unter anderem geklärt werden, welche Möglichkeiten es gibt, entsprechende Services gesetzlich zu regulieren und zu kontrollieren.
Die EU hat etwa bereits im April einen Vorschlag für ein Regelwerk vorgestellt, dass die Anbieter von Recruiting-Tools, bei denen Bewerber mittels KI und Algorithmen ausgewählt werden, zur strengen Einhaltung von bestimmten Vorgaben verpflichten soll. Im Zentrum stehen dabei vor allem die Forderung hinsichtlich der Einhaltung von wesentlichen Kriterien wie Genauigkeit, Transparenz und Haftbarkeit.
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