Beschwerde gegen COVID-19-Abstimmung vor Bundesgericht
Wegen Verletzung der Abstimmungsfreiheit soll der Urnengang vom 13. Juni annulliert werden
Solothurn (pts033/10.06.2021/14:30) Der Bundesrat beachtet bei der Information der Stimmberechtigten "die Grundsätze der Vollständigkeit, der Sachlichkeit, der Transparenz und der Verhältnismässigkeit". So verlangt es Art. 10 des Bundesgesetzes über die politischen Rechte.
Diesen Grundsatz soll der Bundesrat mehrfach verletzt haben, argumentiert der Zürcher Rechtsanwalt Philipp Kruse in einer Abstimmungsbeschwerde, die er nach Ablehnung durch den Zürcher Regierungsrat nun beim Bundesgericht eingereicht hat.
"Es sei förmlich festzustellen", heisst es in der Beschwerde, "dass durch die wahrheitswidrige und irrefuhrende Informationslage im Vorfeld der Volksabstimmung vom 13. Juni 2021 betreffend das COVID-19-Gesetz die Abstimmungsfreiheit des Beschwerdefuhrers und der Stimmburger im allgemeinen im Sinne von Art. 34 Abs. 2 der Bundesverfassung verletzt wurde." Der Beschwerdeführer verlangt die Annullierung oder Verschiebung der Abstimmung.
"Es geht nicht um das Impfen", schreibt zum Beispiel der Bundesrat wahrheitswidrig und in einem Kasten auf Seite 41 des Abstimmungsbüchleins zum COVID-19-Gesetz. Das stimmt nur in Bezug auf die Fassung des Gesetzes, die bei Beginn der Referendumsfrist im vergangenen Herbst gültig war. Das seither ins Gesetz aufgenommene Impfzertifikat oder die Benachteiligung von Ungeimpften sind ebenfalls Gegenstand der Abstimmung. Das wusste der Bundesrat bei Drucklegung. Die letzte Änderung des Abstimmungsbüchleins erfolgte nämlich am 28. März, ein paar Tages nach der Schlussabstimmung der Eidg. Räte über die letzten Änderungen.
Die Impffrage ist nur das auffälligste, aber bei weitem nicht das einzige Beispiel für die irreführende Information des Bundesrates. Beschwerdeführer Kruse bemängelt unter anderem die behauptete Alternativlosigkeit des Gesetzes fur Finanzhilfen. So schreibt der Bundesrat auf Seite 44 der Abstimmungsbotschaft: "Wurde das Gesetz abgelehnt, so wurde ab Ende September 2021 die gesetzliche Grundlage fur viele Unterstutzungsmassnahmen fehlen, auch wenn diese weiterhin nötig sein sollten." Tatsache ist: Das Parlament kann mit Bundesbeschlüssen jederzeit notwendige Finanzmittel sprechen, wie es dies regelmässig tut.
Scharf kritisiert wird in der Beschwerde ferner das "Verheimlichen des wahren Regelungsumfangs bzgl. grundrechtsbeschränkender Regelungen". "Die Abstimmungsbotschaft des Bundesrates vermittelt den Eindruck, das COVID-19-Gesetz sei primär dem Ziel der Wirtschaftshilfe gewidmet", schreibt Kruse. Die "schwerwiegenden Einschränkungen im Bereich der Grundrechte und des täglichen Lebens sowie die Ausweitung bundesrätlicher Kompetenzen werden von der Botschaft dagegen vollständig ausgeklammert."
Die Abstimmungsbotschaft lässt die Stimmbürger auch über wesentliche Eingriffsmöglichkeiten des Bundesrates im Unklaren. In Art. 1a heisst es beispielsweise: "Der Bundesrat legt die Kriterien und Richtwerte fur Einschränkungen und Erleichterungen des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens fest. Er berucksichtigt nebst der epidemiologischen Lage auch die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Konsequenzen."
Kruses Einschätzung: "Daher ist davon auszugehen, dass der Bundesrat inskunftig bei der Bestimmung der Kriterien und Richtwerte fur Einschränkungen und Erleichterungen des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens, uber seine bisherigen Kompetenzen hinauszugehen will, respektive das Parlament ihm diesen zusätzlichen Freiraum verschaffen wollte. Damit schafft diese Bestimmung dem Bundesrat Befugnisse, die uber die Möglichkeiten der besonderen Lage (Art. 6 EpG) hinausgehen und vom Status der ausserordentlichen Lage (Art. 7 EpG) nicht mehr unterschieden werden können."
Neben dem Bundesgesetz über die politischen Rechte sieht der Beschwerdeführer eine Verletzung weiterer Rechtsnormen, allen voran des Grundsatzes von Treu und Glauben. "Staatliche Organe und Private handeln [und informieren!] nach Treu und Glauben" bestimmt Art. 5 der Bundesverfassung. Und Art. 9 besagt: "Jede Person hat Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkur und nach Treu und Glauben behandelt zu werden."
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