pts20230512016 Unternehmen/Wirtschaft, Politik/Recht

Club20: Migration als Schlüsselfaktor für den Wirtschaftsstandort Österreich


Reinach (pts016/12.05.2023/09:30)

"Die Zeiten sind vorbei, in denen Österreich geil war."
"Was netto vom brutto bleibt, ist abschreckend.".
"Festung Österreich ist ein Spiel mit der Angst."

Österreich kämpft mit Fachkräftemangel, Überalterung, "brain drain". Welche Rolle spielt Migration bei der Lösung dieser Probleme? Und wie kann die politische Diskussion von negativen Emotionen, Ausländerfeindlichkeit und Vorurteilen befreit werden? Am Mittwoch wurde im Rahmen der Club20-Veranstaltungsreihe im Hotel InterContinental leidenschaftlich über das brennende Thema Migration diskutiert. Ein hochkarätig besetztes Podium war sich einig: Nur wenn anstelle der negativen Emotion harte Fakten und wissenschaftlich fundierte Zahlen treten, kann Österreich als Wirtschaftsstandort und Sozial- und Wohlstandsstaat gesichert werden.

Der Unternehmer und Club20-Initiator DDr. Michael Tojner hat den Anstoß zu dieser Diskussion geliefert. Mit der von ihm und der B&C Privatstiftung ins Leben gerufenen eXplore!-Initiative wurde vor wenigen Tagen ein neues Buch veröffentlicht: "Migration als Chance für Wachstum und Wohlstand" (Linde Verlag). Mit-Autor Tojner liefert darin politische Reformvorschläge für eine aktive, intelligente Migrationspolitik in Österreich.

In seiner Einleitung erinnerte Dr. Wolfgang Hofer, Stiftungsvorstand der B&C Privatstiftung an die großen Migrationsbewegungen des vergangenen Jahrhunderts, durch die der Schmelztiegel Wien und der wirtschaftliche Aufstieg Österreichs erst möglich wurde. "Auslöser waren meist Kriege und politische Umstürze, die Integration war oft nicht einfach, aber von den böhmischen Migrant:innen über die Gastarbeiter aus Ex-Jugoslawien und der Türkei bis zu den Geflüchteten des Balkan-Krieges waren es diese Menschen, die die österreichische Wirtschaft in Bewegung gehalten haben."

Univ.-Prof. Dr. Jesús Crespo Cuaresma von der Wirtschaftsuniversität Wien stellte die wissenschaftlichen Erkenntnisse aus dem neuen Buch kurz vor und sagte ganz klar: "Die Vorurteile von weggenommenen Arbeitsplätzen, dem Ausnutzen des Sozialsystems oder sinkenden Lohnniveaus sind wissenschaftlich klar widerlegbar." Er plädiert deshalb: weg mit der Emotion aus dem Thema Migration. Weg mit Populismus und dem Schüren von Ängsten. Migrant:innen sind meistens Nettozahler und unterstützen das Sozialsystem. Sie sind erfolgreiche Unternehmer und haben eine 27 % höhere Wahrscheinlichkeit zu gründen. Ohne Migration sinkt somit das Wirtschaftswachstum.

Priv.-Doz. Dr. Monika Köppl-Turyna, Direktorin von Eco Austria, konnte das aus ihren Forschungen bestätigen: "Wir sehen für Österreich, dass der fiskalische Effekt signifikant positiv ist und Migrant:innen nach spätestens 10 Jahren etwas beitragen. Sie drücken auch nicht die Löhne nach unten, wie das oft behauptet wird. Vielmehr wird durch Migration Nachfrage generiert und dadurch steigen langfristig die Löhne sogar."

Damian Izdebski, Gründer und CEO der techbold technology group: "Die Zeiten sind längst vorbei, in denen Österreich geil war und jeder hier leben und arbeiten wollte. Wir sind nicht mehr die erste Wahl und müssen uns anstrengen, im Wettlauf um die Talente mithalten zu können." Er spielte dabei darauf an, dass laut einer OECD-Studie gut ausgebildete Migrant:innen Österreich nicht attraktiv finden. Als Gründe dafür werden u.a. Bürokratiehürden, hohe Steuerbelastungen und eine mangelnde Willkommenskultur genannt. "Unsere Wirtschaft braucht aber Migration. Allein wir haben in den vergangenen 18 Monaten über 100 neue Mitarbeiter angestellt. 36 davon sind Migrant:innen.

Sepp Schellhorn, Unternehmer und ehemaliger Politiker, lieferte einen sehr konkreten Lösungsansatz: "Wir müssen im österreichischen Bildungssystem ansetzen und die Fremdsprachenkompetenz massiv ausbauen. Ich beschäftige derzeit Menschen aus 20 Nationen und eine Human Ressource-Mitarbeiterin, die fast rund um die Uhr auf der ganzen Welt Fachkräfte sucht und zu uns holt. Oft scheitert das dann aber an den hohen bürokratischen Hürden, bei denen man die Nerven verliert. Nach Ungarn ist Österreich das wohl ausländerfeindlichste Land Europas."

Er sprach auch die "Inaktivitätsfallen" an, weil die Besteuerung des Faktors Arbeit viel zu hoch sei. "Bei uns im Tourismus will niemand mehr arbeiten, wenn die anderen Freizeit haben." Dem schloss sich auch Monika Köppl-Turyna an: "Was netto vom Brutto bleibt ist abschreckend, es ist schwierig sich selbständig zu machen und die Rot-weiß-rot-Card ist viel zu wenig." Migration müsse in allen politischen Feldern mitgedacht werden: "Kinderbetreuung ist ein enormer Integrationsfaktor – nicht nur für die Kinder, sondern auch die Eltern – das muss man ausbauen. Wir sehen im Bildungsbereich den negativen Effekt des "early trackings". Dabei werden Migrant:innen durch bestehende Sprachprobleme in niedrigere Bildungsschienen gedrängt, obwohl sie intelligent und leistungsbereit wären."

Schellhorn sehr deutlich in Richtung Politik: "Der Begriff ‚Festung Österreich' sagt eigentlich schon alles. Es geht ums Abwehren und nicht ums Ermöglichen. Es ist das Spiel mit der Angst der Menschen, aber wenn wir nur eine Festung sein sollen, dann muss die Politik das den Unternehmen erklären, die händeringend Arbeitskräfte suchen."

Über den Club20
Club20 ist ein urbanes Veranstaltungsformat, wie es Wien als internationale Metropole braucht. Im legendären Hotel InterContinental diskutieren wir seit 2015 über Themen, die bewegen – offen, aktuell, kontroversiell. Hochkarätige Gäste aus Wirtschaft, Industrie, Politik und Wissenschaft reden Klartext und stellen sich den Fragen der Gäste. Club20 ist unabhängig, steht interessierten Besucher:innen offen und versteht sich auch als Vernetzungsplattform rund um spannende Themen unserer Zeit. https://www.club20.net

Über die eXplore! Initiative
eXplore! hat es sich zum Ziel gesetzt, die Erkenntnisse der Forschung und ihre Chancen besser zu nutzen, den Forscher- mit dem Unternehmergeist näher zusammenzubringen und so die wissenschaftliche Theorie mit der wirtschaftlichen Praxis stärker zu verbinden.

Im Rahmen dieser Initiative werden daher Forschungsprojekte in den Bereichen Entrepreneurship, Innovation und Wirtschaftsstandort mit insgesamt EUR 11 Mio. über einen Zeitraum von zehn Jahren gefördert. eXplore! stellt damit eine der größten privaten Förderinitiativen im österreichischen Hochschulsektor dar.

Als erste Kooperationspartnerin konnte die Wirtschaftsuniversität (WU) Wien gewonnen werden. 16 Wissenschafter und Wissenschafterinnen an vier Instituten forschen u.a. zur Relevanz von digitalen Technologien für die Industrie (IndustrialTech), an Faktoren für die erfolgreiche Expansion und Internationalisierung von Unternehmen sowie zur Rolle von Headquartern für den Wirtschaftsstandort Österreich. Zusätzlich werden entsprechende Lehrveranstaltungsformate entwickelt und eine Business Case Challenge durchgeführt, welche jährlich die unternehmerische Umsetzung einer Idee spielerisch und praxisnah vermittelt.

eXplore! wurde als unabhängige Plattform gegründet und steht weiteren Partnerorganisationen bzw. Akteure und Akteurinnen aus Wissenschaft und Wirtschaft offen. Dies betrifft sowohl die Initiative selbst als auch die unter eXplore! laufenden Projekte, die in Kooperation mit verschiedensten Industrieunternehmen bereits umgesetzt werden. Mit der Förderung des Entrepreneurship Center Network (ECN) unterstützt eXplore! zudem eine bessere Vernetzung des heimischen Hochschulsektors im Bereich der Ausgründungen. https://www.explore.university/die-initiative/

Über das Buch
"Migration als Chance für Wachstum und Wohlstand. Best-Practice-Beispiele und politische Reformvorschläge für Österreich", Linde Verlag 2023

Das von DDr. Michael Tojner in Zusammenarbeit mit Univ.-Prof. Dr. Jesús Crespo Cuaresma (WU Wien), Univ.-Prof. Dr. Nikolaus Franke (WU Wien) und Dr. Peter Vandor verfasste Lehrbuch zum Thema Migration analysiert die Rolle der Migration als Motor des Wirtschaftswachstums in den kommenden Jahrzehnten für die Europäische Union und insbesondere für Österreich und zeigt Gestaltungsmöglichkeiten auf.

»Migration als Chance für Wachstum und Wohlstand« führt anhand aktueller Zahlen, Daten und Fakten umfassend in die Grundlagen des Themas Migration ein, beschäftigt sich eingehend mit den volkswirtschaftlichen Auswirkungen und zeigt darüber hinaus Chancen und Möglichkeiten einer aktiven Migrationspolitik auf. Auf Basis aktueller Studien wird das wirtschaftliche Potenzial von Migration analysiert, die Migrationspolitik einzelner Länder anhand von Fallbeispielen verglichen und Reformvorschläge für eine aktive Migrationspolitik für Österreich formuliert.

Die Studie von Univ.-Prof. Dr. Nikolaus Franke und Dr. Peter Vandor beschäftigt sich eingehend mit dem Thema "Migrant Entrepreneurship" und zeigt unter anderem auch das Potenzial von Migrant:innenunternehmertum auf. So sind Migrant:innen häufiger Startup-Unternehmer:innen als Einheimische und schaffen so Wertschöpfung, Innovation und Arbeitsplätze in Österreich. Allein die Einzelunternehmer:innen mit Migrationshintergrund in Wien tragen mit einem Jahresumsatz von rund 6,4 Milliarden Euro zur Wirtschaftsleistung bei. Die Studie analysiert die aktuelle Datenbasis und skizziert zudem fünf ausgewählte österreichische Fallbeispiele: Anna Iarotska - Robo Wunderkind, Damian Izdebski - techbold und Ditech, Kilian Kaminski - refurbed, Familie Molcho - Neni Holding Gmbh, Ali Rahimi - Rahimi & Rahimi.

Prof. Dr. Jesús Crespo Cuaresma befasst sich in seinem Beitrag, der in Zusammenarbeit mit Jakob Zellner, BSc. Geschrieben wurde, mit der "Zukunft von Migration und Wirtschaftswachstum" und zeigt globale Migrationstrends sowie Determinanten und Triebkräfte auf. Mit Hilfe des ökonometrischen "Gravity Model of Migration" werden unter anderem die Aus- und Einwanderungsströme bis zum Jahr 2040 prognostiziert. Die vorgestellten statistischen Methoden bieten eine Reihe von Instrumenten, die für die Optimierung politischer Maßnahmen auf nationaler oder europäischer Ebene nützlich sein können.

Die Studien und das Buch "Migration als Chance für Wachstum und Wohlstand" sind in Zusammenarbeit mit dem Department of Economics, dem Institut für Entrepreneurship und Innovation und dem Social Entrepreneurship Center der WU Wien und durch eine Förderung der Forschungsinitiative "eXplore! – Neues unternehmen für Österreichs Wirtschaft" entstanden.

Zum Buch: https://www.lindeverlag.at/buch/migration-als-chance-fuer-wachstum-und-wohlstand-19729?page_id=45

Rückfragehinweis:
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(Ende)
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