pts20050206002 Politik/Recht, Unternehmen/Wirtschaft

ÖGV: Freiwillige Abfertigung neben "Abfertigung neu": Voll zu versteuern!

Wie man - nach dem EStG-Text - den Fiskus (theoretisch) austricksen könnte!


Wien (pts002/06.02.2005/20:28) Die "Abfertigung neu" ist noch relativ jung. Jetzt kommen die ersten massiven Ungerechtigkeiten auf, die vom Grundsatz der Gleichberechtigung her dem Verwaltungs- und/oder Verfassungsgerichtshof noch einige Arbeit bescheren dürften, nimmt man im Österreichischen Gewerbeverein (ÖGV) an.

In einigen Fällen bezahlen Arbeitgeber - um einen "Golden Handshake" für eine einvernehmliche Lösungen des Dienstverhältnisses zu erzielen - freiwillige Abfertigungen. Für Mitarbeiter, die eine gesetzliche Abfertigung nach alter Art erhalten (Firmeneintritt vor dem 1.1.2003), sind darüber hinaus gehende freiwillige Abfertigungen bis zu drei Monatsgehältern mit einem fixen Satz von sechs Prozent zu versteuern. Nach der "Abfertigung neu" (die ja erst beim Übertritt in die Pensionierung anfällt) gerät man mit einer freiwilligen Abfertigung aber voll in die Progression. Und der großzügige Unternehmer zahlt Länge mal Breite dafür Lohnnebenkosten.

Kommt es somit zu einer gleichzeitigen Kündigung zweier Mitarbeiter, von denen der eine am 15.12.2002 in ein Unternehmen eintrat und der andere am 1.1.2003, dann gibt es bezüglich der freiwilligen Abfertigung eine steuerliche Differenzierung von bis zu 44 Prozent beim Steuersatz (Sechs Prozent Fixsteuersatz für Variante alt versus 50 Prozent Höchststeuersatz für Variante neu). Ob das einer verfassungsrechtlichen Gleichbehandlung entspricht, bleibt dahin gestellt!

Charmanter - aber wahrscheinlich als ungesetzlicher Missbrauch der Gestaltungsmöglichkeit eingestuft - wäre allerdings nach Studium des einschlägig adaptierten §67/3 EStG folgendes Vorgehen: Dort steht nämlich, dass "zusätzliche Abfertigungszahlungen....für Zeiträume, für die ein Anspruch gegenüber einer Mitarbeiter-Vorsorge-Kasse (MV-Kasse) besteht, nach dem Lohnsteuertarif zu besteuern sind". Im ersten Monat einer Beschäftigung fallen allerdings keine Zahlungen an eine MV-Kasse an - somit auch keine Ansprüche.
Daraus könnte man ableiten:

Wer auch immer ausschließlich auf Honorarbasis arbeitet, könnte sich (dem Wortlaut des Gesetzes nach) für einen einzigen Tag mit einem Monatsgehalt von einer Mio. EUR anstellen lassen (das wird die Gebietskrankenkasse aber stutzig machen), um dann nach Beendigung der Tätigkeit als "Eintagsfliege" eine freiwillige Abfertigung von drei Mio. EUR (drei Monatsgehälter) mit sechs Prozent versteuert, kassieren. So niedrig ist nicht einmal die rumänische Flat Tax mit 16 Prozent! Übrigens könnte man solche Auszahlungen immer wieder vornehmen!

Vor einem Versuch, so abzurechnen, rät der ÖGV allerdings nachdrücklich ab. "Über Nebenwirkungen fragen Sie Steuerberater, Wirtschaftstreuhänder oder lesen Sie das Finanzstrafrecht."

Wenn man schon Gesetze schreibt - so der ÖGV - dann sollte man diese auch fair, deutlich, unzweifelhaft und nachvollziehbar formulieren.

(Ende)
Aussender: Österreichischer Gewerbeverein
Ansprechpartner: Herwig Kainz
Tel.: +43/1/587 36 33
E-Mail: h.kainz@gewerbeverein.at
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