pts20060417002 Politik/Recht, Auto/Verkehr

Gewerbeverein: Warum irrt man sich stets bei der Prognose von Tunnelkosten?

Für Prestigeprojekte wird der Generationenvertrag überstrapaziert!


Wien (pts002/17.04.2006/20:59) Nach einer Studie der Wirtschaftsuniversität Wien werden die Kosten von Infrastrukturprojekten - insbesondere Tunnelbauten - im Bahnbereich stets systematisch unterschätzt. So wird aus heutiger Sicht etwa der noch nicht einmal begonnene Brenner-Basistunnel 520 Prozent teurer sein, als 2002 geschätzt. Und bis zur Fertigstellung werden da noch einige Milliarden EUR hinzukommen. Im Österreichischen Gewerbeverein (ÖGV) vermutet man, dass hier politisches Kalkül vor der Wahrheit steht. Einen halbfertigen Tunnel kann ja niemand stehen lassen. Dann ist einfach Weiterarbeit - koste sie was sie wolle - geboten.

Der ÖGV freut sich über jeden Auftrag, der an die Wirtschaft ergeht. Nur gibt man zu bedenken, dass die Wirtschaft auch Steuerzahler ist. Unsinnige Aufträge sollten daher in sinnvolle umfunktioniert werden.

Es sind ja nicht gerade die Bauindustrie und die ihr zuarbeitenden Unternehmen, die von zu niedrig geschätzten Baukosten und nachträglichen Erhöhungen profitieren. Das Vergaberecht hat ja zwischenzeitlich dazu geführt, dass die Baupreise verfallen.

Dass Tunnel stets teurer zu Buche schlagen, als zuerst angegeben, belegt die WU-Studie geradezu umfassend. So lag die ursprüngliche Schätzung der Kosten des Semmering Basistunnels bei 0,8 Mrd. EUR, derzeit stehen wir bei 1,25 Mrd.. Wobei der zuletzt genannte Wert überrascht. Der Kilometerpreis Tunnel wäre unter dem Semmering mit 43 Mio. EUR rund 70 Prozent billiger als der Kilometer Brenner-Basistunnel.

Studienautor Sebastian Kummer kritisiert weiters zu Recht, dass in den Schätzungen auch stets höhere Passagieraufkommen und Tonnagen angenommen, als tatsächlich erreicht werden.

Der ÖGV fordert nunmehr vom Rechnungshof, alle in letzter Zeit abgeschlossenen und in Planung und Bau befindlichen größeren Infrastrukturprojekte der ÖBB zu prüfen. Da die Unterschätzung der Kosten durchgehend vorliegt, wäre es erfreulich, im Vorhinein zu wissen, wie die Kosten-/Nutzenrelation denn wirklich ist.

So ist etwa Haiders Lieblingsprojekt Koralmtunnel schon heute um 90 Prozent oder 3,8 Mrd. EUR teuerer, als in der ersten Schätzung angenommen.

Die Prestigedinger müssen aber von künftigen Generationen zurück bezahlt werden. Insoferne wäre es ein Gebot der Fairness, wenn man nicht hier schon wieder den Generationenvertrag zu Lasten der Jungen überstrapaziert!

(Ende)
Aussender: Österreichischer Gewerbeverein
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