pts20060419044 Politik/Recht, Handel/Dienstleistungen

Gewerbeverein: Lehrstellenproblem - und wo ist das Problem?

5.215 Lehrstellen Suchenden stehen 3.378 offene Lehrstellen gegenüber!


Wien (pts044/19.04.2006/22:38) Offenbar wird die Lehrstellenproblematik wie eine tibetanische Gebetsmühle weiter gebetet, auch wenn sie bereits nicht mehr existent ist. Im Februar 2006 (neuere Daten liegen nicht vor) suchten in ganz Österreich 5.215 Aspiranten eine Lehrstelle. Denen standen 3.378 offene Lehrstellen gegenüber. Für die 311.694 allgemein Arbeitslosen gibt es gerade einmal acht Prozent offene Stellen. Existiert wirklich ein Lehrlingsproblem, das in Österreich so oft herbeigeredet wird, fragt der Österreichische Gewerbeverein (ÖGV)?

Natürlich gibt es das. Aber für die Arbeitgeber. So sucht etwa der Lebensmittelkonzern Rewe österreichweit 250 Lehrlinge. Allerdings: Im Osten Österreichs fehlen vor allem qualifizierte Lehrlinge. In Wien alleine gibt es 100 freie Rewe-Lehrstellen. Wenn Rewe charmant meint, es fehlen qualifizierte Lehrlinge, dann erklärt das wohl auch die oben gezeigte Lücke zwischen 5.215 Lehrstellen Suchenden und 3.378 offenen Lehrstellen. Könnte es sein, dass möglicher Weise einige Lehrlingsanwärter schlicht zu dumm sind? Oder dass andere partout darauf bestehen, ihr Gesichtspiercing stolz weiter einher zu tragen? Dann gibt es ja noch die Ausweichmöglichkeit, Hilfsarbeiter zu werden. Ist das denn so unschicklich?

Wir sind schon gespannt, ob auch heuer im Fremdenverkehr wieder das Tiroler Lehrlingsmysterienspiel aufgeführt wird. So gab es etwa im vergangenen Hochsommer - nur in Tirol - 147 offene Lehrplätze im Tourismus, denen lediglich 27 Suchende gegenüber standen.

Was haben denn die Lehrlingsstellen bei Rewe und im Fremdenverkehr gemeinsam? Man muss gleichermaßen freundlich zu Kunden sein und Service anbieten - grauslich.

Es kann nicht sein, dass in diesem Land immer wieder das Lehrlingsproblem hoch geredet wird und gar nicht existiert. Wenn sich unsere Jugend zu fein ist, Lehrstellen anzunehmen, die nicht mit dem Funfaktor 20 ausgestattet sind, dann mögen sie Hilfsarbeiter bleiben.

Aber auch das immer wieder zitierte Problem der lokalen Verfügbarkeit von Lehrstellen ist doch lediglich ein herbei geredetes. Man wird doch 15jährigen zumuten können, in diesem kleinen Land Österreich einmal ferne vom Hotel Mama zu leben.

Der Persönlichkeitsbildung wird es jedenfalls nicht schaden. Die Lehrstelle vor der Haustüre kann flächendeckend in ganz Österreich noch nicht geboten werden und das wird künftig so bleiben.

All jene, die bahnhofsmissionarisch die Jugend von der Straße - dort will sie der ÖGV auch nicht haben - in Lehrstellen bewegen wollen, sei gesagt: Holt sie lieber mit dem Taxi von zu Hause ab, wo sie sich genüsslich hinter dem elterlichen Kamin räkeln!

(Ende)
Aussender: Österreichischer Gewerbeverein
Ansprechpartner: Herwig Kainz
Tel.: +43/1/587 36 33
E-Mail: h.kainz@gewerbeverein.at
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