pts20070621018 Unternehmen/Wirtschaft, Forschung/Entwicklung

Europa im globalen Innovationswettlauf

Roland Berger: China und Indien holen rasant auf


Wien (pts018/21.06.2007/10:00) Europa droht im globalen Wettbewerb zunehmend ins Hintertreffen zu gelangen. Besonders deutlich zeigt sich das bei den Ausgaben für Forschung und Entwicklung (F&E). Gerade hier haben Schwellenländer in den vergangenen Jahren massiv aufgeholt. Staat und Unternehmen müssen verstärkt in diesem Bereich investieren und klare Prioritäten setzen, um auch in Zukunft erfolgreich zu sein. Das erklärte Prof. Roland Berger, Gründer und Aufsichtsratschef von Roland Berger Strategy Consultants, beim traditionellen Summernight Symposium der Strategieberatung in Wien.

"Wir müssen die Bedrohung unserer globalen Wettbewerbsfähigkeit erkennen. Vor allem Schwellenländer wie China und Indien haben ihre F&E-Aufwendungen in den vergangenen Jahren stark erhöht, um Marktanteile im High-Tech-Bereich zu gewinnen. Bis 2020 werden voraussichtlich fast 40 Prozent aller weltweiten F&E-Investitionen in China erfolgen", erklärte Berger. Allerdings, so der Berater, gingen diese Steigerungsraten von einem geringen Niveau aus. So betrugen die Ausgaben für F&E 2005 in Österreich 873 US-Dollar (USD) pro Kopf, in Deutschland 846 USD, in China 23 USD und in Indien nur 4 USD. Auch melden diese Länder noch weit weniger Patente an als europäische Nationen.

"Nur zunehmende Konzentration auf Innovationen kann die globale Wettbewerbsfähigkeit dieses Kontinents nachhaltig sichern", rät der Strategieberater. Wobei für Berger Innovationen nicht nur Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten bedeuten, sondern auch die Durchsetzung auf dem Markt. Europas globale Wettbewerbsfähigkeit werde vor allem fünf Formen unternehmerischer Innovation stärken:

1. Produkt- und Leistungsinnovationen
Mit der Reife einer Technologie steigt der Aufwand für F&E. Unternehmen müssen F&E-Investitionen auf Technologien und Produkte mit hohem Wachstums- und Leistungspotential am Beginn von Innovationszyklen fokussieren. In der Praxis geschieht dies häufig über Kooperationen und Forschungsnetzwerke. So nutzt der Healthcare-Konzern Roche den "Kosmos der Innovation", um mittels effizient vernetzter Strukturen neue Produkte zu entwickeln. Um die firmeneigene F&E-Abteilung "kreisen" in "Umlaufbahnen" Allianz-, Kooperations- und Lizenzpartner sowie Spin-offs, die eng zusammenarbeiten. Procter & Gamble arbeitet im Rahmen der "Connect and Develop"-Strategie eng mit externen Partnern zusammen. Dazu zählen Universitäten und Forschungsinstitute ebenso wie Agenturen und Lieferanten. Mit diesem Modell konnte das Unternehmen seine F&E-Produktivität seit 2000 um fast 60 Prozent steigern.

2. Geschäftsmodellinnovationen
Die Globalisierung steigert besonders in den hochentwickelten Industrieländern den Druck, Unternehmensstrukturen effizienter zu gestalten. Innovative Geschäftsmodelle schaffen Wachstum und Gewinn durch höheren Kundennutzen und Verdrängung bestehender Wettbewerber vom Markt. So hat die Firma Safechem ein System zum "Chemikalien-Leasing" bei wieder verwertbaren Chemikalien entwickelt. Der Erzeuger stellt dabei die gewünschte Substanz zur Verfügung und nimmt nach der Verwendung die Chemikalie zur Aufbereitung zurück.

3. Marketinginnovationen
"Gerade bei sehr reifen Technologien, die ihre maximale Leistungsfähigkeit erreicht haben, können Innovationen auch zur Differenzierung sinnvoll sein", meinte Berger. Ein neues Produktdesign, innovatives Branding oder kreative Distributionskanäle können dabei den entscheidenden Wettbewerbsvorteil schaffen. Ein gutes Beispiel dafür ist Red Bull, die mit Sponsoring von Extremsportarten und der Übernahme kompletter Teams oder Vereine die Marke weltweit bekannt gemacht haben. In der Automobilindustrie wiederum spielt Design eine wesentliche Rolle. Für 80 Prozent der Mini-Käufer ist Ästhetik entscheidend.

Innovation passiert auch durch die Erschließung neuer Distributionskanäle. So vertreibt Paul McCartney sein neues Album exklusiv über die Kaffeehauskette Starbucks. Und in einigen US-Filialen können sich Kunden Musik selbst zusammenstellen, brennen und kaufen.

4. Prozessinnovationen
Die wachsende Produktivitätssteigerung in den USA gegenüber der EU nach 1996 basiert auf innovativen IT-basierten Arbeitsprozessen. Prozessinnovationen sind in der globalisierten Welt von großer Bedeutung. Fiat zum Beispiel konnte durch die neuartige, CAD-basierte Konstruktion des Bravo in der C-Klasse einen "first-mover advantage" erlangen. Innerhalb von 18 Monaten schaffte das Unternehmen es, seine Absatzzahlen um 30% gegenüber der Planung zu steigern.

5. Strukturinnovationen
Strukturinnovationen wirken sich nachweislich positiv auf Wirtschafts- und Beschäftigungswachstum aus. So war es vor allem der rasante Wandel hin zur Dienstleistungsgesellschaft, der den USA in den vergangenen Jahren hohe Wachstums¬raten in beiden Bereichen beschert hatte.

Neue Aufgaben für Staat und Unternehmen
Für Unternehmen sieht der Strategieberater eine Handvoll zentraler Erfolgsfaktoren: "Es gilt, eine Innovationskultur zu begründen, die aus Mitarbeitern Unternehmer macht. Es müssen klare Innovationsstrategien definiert und ein professionelles Knowledge Management eingeführt werden. Darüber hinaus müssen funktionsübergreifende und externe Wissensquellen systematisch genutzt werden. Innovationsführerschaft kann letztlich nur durch den berühmten 3-S-Prozess - speed, share, scale - erreicht werden."

Im staatlichen Bereich fordert Berger die rasche Umsetzung der Lissabon-Strategie auf EU- und nationaler Ebene. Im Endeffekt sieht der Berater sieben Elemente, die eine europäische Innovationsstrategie braucht: "Die europäischen Staaten müssen staatliche Aufwendungen für F&E, aber auch für Bildung und die Förderung von Eliten noch deutlich anheben. Es braucht bessere regulatorische Rahmenbedingungen für F&E und eine stärkere Marktorientierung weg von der Invention hin zur Innovation. Europaweit abgestimmte Projekte zwischen Staat und Wirtschaft sind ein wesentlicher Punkt", so Berger. Mehr Risikokapital für High Tech-Firmen und ein verbessertes Klima zur Gründung innovativer Unternehmen komplettieren die Forderung des Strategieberaters.

Roland Berger Strategy Consultants, 1967 gegründet, ist eine der weltweit führenden Strategieberatungen. Mit 33 Büros in 23 Ländern ist das Unternehmen erfolgreich auf dem Weltmarkt aktiv. 1.700 Mitarbeiter haben im Jahr 2006 einen Honorarumsatz von rund 555 Mio. Euro erwirtschaftet. Die Strategieberatung ist eine unabhängige Partnerschaft im ausschließlichen Eigentum von mehr als 140 Partnern.

Eine detaillierte Presseinformationen zum gestrigen Summernight Symposium folgt zu Mittag.

Weitere Informationen:
Roland Berger Strategy Consultants
Mag. Rupert Petry
Managing Partner
Freyung 3/2/10
1010 Wien
Tel. +43-1-536 02-301
E-Mail: rupert_petry@at.rolandberger.com

Roland Berger Strategy Consultants
Mag. Matthias Sturm
Marketing- & PR-Advisor
Freyung 3/2/10
1010 Wien
Tel. +43-1-536 02-110
E-Mail: matthias_sturm@at.rolandberger.com

(Ende)
Aussender: Temmel, Seywald & Partner Communications
Ansprechpartner: Mag. Franz Ramerstorfer
Tel.: +43 1 402 48 51 DW 173
E-Mail: ramerstorfer@tsp.at
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