Exportkreditagenturen streng bei Auflagen für türkisches Kraftwerk Ilisu
Erster Expertenbericht bestätigt umgesetzte Maßnahmen und sieht Verbesserungsbedarf
Wien (pts014/05.03.2008/11:00) Die türkischen Betreiber des Wasserkraft-Projektes Ilisu haben die Auflagen in den Bereichen Umwelt, Umsiedlungen und Kulturgüter bisher zu einem Teil erfüllt. Dies teilten die nationalen Exportkreditversicherer Österreichs, Deutschlands und der Schweiz anlässlich der Veröffentlichung des ersten unabhängigen Expertenberichtes zu Ilisu mit. Der Report bezieht sich auf den Stand von Dezember 2007, zur Behebung der Mängel wurden bereits Maßnahmen eingeleitet. Das Projekt ist derzeit um einige Monate verzögert.
150 strenge Auflagen und unabhängige Überwachung durch internationale Experten
Am Kraftwerksprojekt Ilisu sind Unternehmen aus Österreich, Deutschland und der Schweiz als Anlagenlieferanten sowie als Bau- und Ingenieur-Dienstleister beteiligt. Dabei sind sie mit staatlichen Exporthaftungen über die nationalen Exportkrediversicherer in Österreich (Oesterreichische Kontrollbank, OeKB), Deutschland (Euler Hermes) und der Schweiz (SERV) abgesichert. Voraussetzung für die Haftungen sind rund 150 Auflagen (sogenannte 'Terms of Reference', kurz TORs), die sicherstellen sollen, dass die Weltbank-Standards in den Bereichen Umwelt, Umsiedlungen und Kulturgüter eingehalten werden. Ob die TORs tatsächlich eingehalten werden, überwacht ein unabhängiges, international zusammengesetztes Expertenkomitee (Committee of Experts), dessen erster Bericht nun vorliegt.
Einige Auflagen zu Umwelt, Kulturgütern und Umsiedlung noch nicht erfüllt
Bei seinem Besuch im Projektgebiet hat das Committee of Experts im Dezember 2007 die Situation vor Ort analysiert und festgestellt, dass die mit dem Projektbetreiber DSI vereinbarten Maßnahmen teilweise nicht umgesetzt waren bzw. dass die Umsetzung hinter dem vereinbarten Zeitplan zurückliegt. Im Bericht schlagen die Experten konkrete Maßnahmen vor, mit denen die Mängel behoben werden können.
Die Experten verlangen in den Bereichen Kulturgüter und Umwelt einige zusätzliche Untersuchungen und Studien vorzulegen und bereits erstellte Dokumente zu ergänzen. Bei der Umsiedlung muss das bisherige Entschädigungsprinzip im Sinne der Weltbankstandards durch das Prinzip der Wiederherstellung der Lebensbedingungen ersetzt und die Bevölkerung im Baugebiet noch intensiver miteinbezogen werden.
Für Werner Schmied, Leiter der OeKB Projekt- und Umweltanalysen, bestätigt der Bericht den Eindruck, den die Exportkreditagenturen im Dezember vom Projektstatus hatten: "Der Expertenbericht hat jene Mängel aufgezeigt, auf die wir im Gespräch mit den Projektbetreibern Ende des letzten Jahres bereits hingewiesen haben. Erfreulich ist, dass mittlerweile an die Behebung der Mängel gegangen wurde." Hilfreich sei auch der prompte Hinweis der kritischen Öffentlichkeit auf Unstimmigkeiten bei den ersten Vorbereitungsarbeiten für die anstehenden Umsiedlungen zu sehen: "Die Projektbetreiber haben organisatorisch dazugelernt und sanieren gerade die unbefriedigende Situation", so Schmied, der in den nächsten Wochen gemeinsam mit Vertretern der beiden anderen Exportkreditversicherer und dem Expertenkomitee die Berichtsergebnisse sowie die laufenden Maßnahmen mit den Ilisu-kritischen NGOs besprechen will.
Konkrete Maßnahmen laufen bereits
Als erste wesentliche Verbesserungsmaßnahme wurde im Januar 2008 die Projektleitung (Project Implementation Unit, kurz PIU) definitiv installiert. Diese Projektgruppe plant, koordiniert und setzt die geforderten Maßnahmen um. In die PIU sind neben dem Projektbetreiber DSI alle beteiligten Ministerien und Behörden sowie ein Vertreter einer lokalen Nichtregierungsorganisation integriert. Bei den nächsten Besuchen im Projektgebiet im März und April 2008 wird das Expertenkomitee mit der PIU die aktuelle Lage erörtern und gemeinsam mit ihr einen neuen Zeitplan für das Projekt festlegen. Da sich der Projektverlauf bis jetzt um ein paar Monate verzögert hat, soll neu definiert werden, in welchem Zeitrahmen die von den Experten empfohlenen Maßnahmen durchzuführen sind. Denn erst danach kann mit dem Bau des Kraftwerkes begonnen werden.
Mit den von den Experten vorgeschlagenen Maßnahmen sollen die Auflagen, an deren Erfüllung die Haftung der drei nationalen Exportkreditversicherer geknüpft ist, tatsächlich eingehalten und umgesetzt werden. Das Wasserkraftwerk Ilisu ist das erste Projekt der involvierten Exportkreditversicherer, das mit einem solch anspruchsvollen Begleitprozess versehen wurde, welcher flankierende Maßnahmen nicht nur vorsieht, sondern deren Erfüllung auch sehr aufwändig kontrolliert.
Das Projekt Wasserkraftwerk Ilisu
Der Standort für das türkische Wasserkraftwerk Ilisu liegt am Tigris in Ostanatolien. Bei einer Leistung von 1.200 MW soll es jährlich 3.830 GWh elektrischer Energie für rund zwei Millionen Haushalte liefern. Die Türkei will damit den steigenden Energiebedarf des Landes mit jährlichen Zuwachsraten von sechs bis acht Prozent stillen und gleichzeitig die Trinkwasserversorgung für die lokale Bevölkerung verbessern. Gegenüber der Stromerzeugung durch ein Kohlekraftwerk spart das Wasserkraftwerk Ilisu 3 Mio. Tonnen CO2 pro Jahr ein. Die Verlagerung und Rettung wesentlicher historischer Kulturstätten, die Umsiedlung und Entschädigung der betroffenen Menschen und die Einhaltung entsprechender internationaler Umweltstandards und -richtlinien sind integrale Teile des Projekts.
Mehr Informationen und die Downloads der Expertenberichte finden Sie unter
http://www.ilisu-wasserkraftwerk.com
Rückfragehinweis:
Oesterreichische Kontrollbank AG (OeKB)
Peter Gumpinger
Leiter Öffentlichkeitsarbeit
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