pte20230630002 Politik/Recht, Forschung/Entwicklung

Verschwörungstheorien entmenschlichen stark

Laut Untersuchung der University of Toronto werden mit Metaphern gezielt Gedanken gesteuert


Dollar: Verschwörungstheorien verändern das Gehirn dauerhaft (Foto: pixabay.com, M G)
Dollar: Verschwörungstheorien verändern das Gehirn dauerhaft (Foto: pixabay.com, M G)

Toronto (pte002/30.06.2023/06:05)

Ansprachen von Diktatoren wie Mussolini, Stalin, Putin und Hitler benutzen entmenschlichende Metaphern, um den Hass anderen einzuflößen und ihn damit zu verbreiten - ganz wie heutige Verschwörungstheoretiker es tun. Derartiges Sprechen zielt darauf ab, jene anzugreifen, die nicht dem Mainstream angehören - inklusive ethnische Minderheiten oder Menschen mit anderen sexuellen Orientierungen, wie eine Analyse von Marcel Danesi von der University of Toronto zeigt.

"Schädlinge, Reptilien, Parasiten"

Während des Nationalsozialismus wurden Ausdrücke wie "Schädlinge", "Reptilien" und "Parasiten" verwendet, um Außenseiter und Minderheiten mit Tieren zu vergleichen. Im August 2017 benutzten Anhänger der Theorie von der Überlegenheit der Weißen in Charlottesville bei Protesten Metaphern aus dem Tierreich und von Dreck. Auch der ungarische Premierminister Viktor Orban charakterisierte 2016 Flüchtlinge und Migranten als "Gift".

Die aktuelle Studie zeigt, dass derartige entmenschlichende Metaphern deshalb so mächtig sind, weil sie sich auf bestehende Schaltkreise im Gehirn auswirken, die wichtige und hervorstechende Bilder und Gedanken miteinander verbinden. Tatsächlich ist es so, dass diese Metaphern höhere Zentren für kognitives Denken umgehen und damit die Gedanken dahingehend lenken, dass sie sich auf bestimmte Dinge konzentrieren und andere ignorieren. Je stärker diese Schaltkreise aktiviert werden, desto fester werden sie auch im Gehirn verdrahtet, so Danesi.

Das geht soweit, dass es fast unmöglich wird, sie zu deaktivieren. Gleiches gilt für den Umgang mit Verschwörungstheorien. Personen, die daran glauben, entwickeln weniger flexible neuronale Pfade. Damit wird es auch hier schwieriger, Situationen neu zu bewerten. "Treffen wir auf eine große Lüge oder eine Verschwörungstheorie, kann sie unsere Gedanken formen, ohne dass es uns überhaupt bewusst ist." Durch den Kontakt mit bestimmten Metaphern entwickelt der Mensch gegenüber bestimmten Gruppierungen feindselige Gefühle. "Aus diesem Grund verwenden Hassgruppen auch Metaphern, um die Schalter zu aktivieren, um Menschen zum Beispiel zu gewalttätigem Aktivismus zu motivieren", sagt Danesi.

Meinungen kaum veränderbar

Die Forschung zur Verdrahtung des Gehirns zeigt aber auch, dass Menschen, sobald sie damit beginnen, an Lügen zu glauben, unwahrscheinlicher ihre Meinung ändern. Das gilt sogar dann, wenn sie mit Beweisen konfrontiert werden, die ihren Auffassungen widersprechen. Im Gegenteil werden diese Personen nach Informationen suchen, die ihre Auffassungen bestätigen und alles vermeiden, das ihnen widerspricht.

Das kann sogar so weit gehen, dass die widersprechenden Informationen auf den Kopf gestellt werden, nur damit sie den eigenen Annahmen entsprechen. Aus dem Grund ist es laut Danesi daher auch unwahrscheinlich, dass Menschen mit starken Überzeugungen je ihre Meinung über etwas ändern werden. Dies kann jedoch laut dem Experten verheerende Folgen haben. Die Forschungsergebnisse stammen Danesis Buch "Politics, Lies and Conspiracy Theories".

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