pts20211004013 Bildung/Karriere, Umwelt/Energie

"Denken in Kasterln verbrennt die Zukunft"

"Tag der Lehrenden" an der Pädagogischen Hochschule Niederösterreich


Baden (pts013/04.10.2021/08:40) Zum Jahresthema der Hochschule "Futures Literacy" referierten die Physikerin Ille Gebeshuber und der Trendforscher Harry Gatterer. Ihre Conclusio: Wir Menschen müssen der Zukunft nicht hilflos entgegenblicken!

Als "Futures Literacy" definiert Gebeshuber die Fähigkeit, mögliche Entwicklungen der Zukunft vorherzusehen und uns gut darauf vorzubereiten. Schule könne helfen, indem sie das notwendige Wissen bereitstellt, und noch mehr, indem sie den jungen Menschen einen Wertekompass mitgebe. "Das Wichtigste in der Vorbereitung auf die Zukunft ist nicht, zu wissen was wird, sondern zu wissen, wer wir sind. Dann wird die dunkle Weite der Unsicherheit zu einem Meer der Möglichkeiten, das wir gerne befahren."

Auftrag für Lehrpersonen: Empowerment

In ihrer Keynote zum "Tag der Lehrenden" an der Pädagogischen Hochschule Niederösterreich geht die Physikerin vom Paradox aus, dass wir Menschen zwar durch unser Verhalten den Planeten massiv beeinflusst haben, uns selbst aber als Individuen im Kampf um die Rettung desselben als machtlos und insignifikant sehen: "Wir wissen, dass die Welt einer dringenden Veränderung bedarf, zweifeln aber daran, dass ausgerechnet unser persönliches Engagement eine Veränderung bewirken kann."

Die Menschen seien aber als Individuen nicht machtlos, sondern können auf vielfältige Weise Veränderungen bewirken. Besonders Lehrpersonen komme dabei eine bedeutende Aufgabe zu, so Gebeshuber: Empowerment. Es gehe darum, "menschliche Menschen auszubilden, die bereit sind, aktiv zu werden" und nicht auf irgendwelche Rankings internationaler Leistungsmessungen zu achten. Wichtig sei die Förderung kleiner Aktionen im eigenen Wirkungsbereich. "Wir dürfen nicht nur medial beleuchtete große Aktionen vor Augen haben. Wichtig ist, dass jede und jeder in ihrem und seinem Wirkungsbereich sein Ding macht. Wir können jetzt nicht völlig verzweifeln und sagen, jetzt ist es aus und alles ist hin."

Zukunft ist ein Möglichkeitsraum, der vom Tun der Menschen geprägt ist

Sehr ähnlich sieht das auch der Trendforscher Harry Gatterer, der zweite Referent des Tages. Der Geschäftsführer des Zukunftsinstituts warnt davor, die Zukunft als prognostischen Raum zu betrachten. Die Frage "Was kommt auf uns zu?" sei falsch, weil sie davon ausgehe, dass wir nur passiv die Zukunft auf uns zukommen lassen könnten. Dabei sei die Zukunft vielmehr ein Möglichkeitsraum, der vom Tun der Menschen geprägt sei. Die Aufgabe von Lehrpersonen sei es, den Schülerinnen und Schülern "ihr Vermögen, die Zukunft zu gestalten, vor Augen zu führen und die Werkzeuge dafür in die Hand zu geben."

Fünf Determinanten für soziale Konstruktion der Zukunft

Der Zukunftsforscher definiert fünf bestimmende Faktoren für die gemeinsame Konstruktion der Zukunft: In erster Linie sei ein ehrlicher Dialog notwendig, "einander zuzuhören, statt sich gegenseitig fertige Meinungen um die Ohren zu schmeißen." Darüber hinaus sei es wichtig, eine gemeinsame Richtung einzuschlagen und dabei visionäre Ideen zuzulassen. Beweglichkeit im Denken halte uns mit der komplexer und vernetzter werdenden Welt in Verbindung: "Wenn die Welt komplexer wird, können wir sie nicht gedanklich vereinfachen, sondern müssen unsere Komplexitätsfähigkeit erhöhen. Das Denken in Kasterln verbrennt Zukunft."

Als vierte Determinante definiert Gatterer die "Sicherheit zu wissen, dass ich aus der Reihe tanzen darf, ohne verurteilt zu werden. Dass ich Ansprechpartner habe, dass ich als Mensch menschlich behandelt werden kann". Die fünfte Voraussetzung für eine positive Gestaltung der Zukunft sieht Gatterer schließlich in der Versöhnung der Menschen mit der Technologie: "Wir können sie nicht verteufeln. Daten, Dinge und Menschen sind immer mehr miteinander vernetzt. Das müssen wir annehmen können. Zukunft ist, dass wir Menschen kommunizieren mit der Technologie. Das ist kein Hype, sondern das war immer schon so. Wenn wir auf die Toilette gehen, denken wir ja auch nicht daran, dass das irgendwann einmal Zukunftstechnologie war."

Zuversicht schlägt Ungewissheit

Sowohl Gebeshuber als auch Gatterer sehen der Zukunft also durchaus zuversichtlich entgegen - wenn es den Menschen gelinge, gemeinsame Visionen dafür zu entwickeln. Diese Zuversicht steht schließlich auch in den Grußworten von Rektor Erwin Rauscher im Mittelpunkt: "Zuversicht ist eine Fassade, an der ständig Zweifel nagen, doch der Grundsubstanz nichts anhaben können. Zuversicht ist Einsicht auf Aussicht. Wer Schach spielt, der weiß: Zuversicht schlägt Ungewissheit."

(Ende)
Aussender: Pädagogische Hochschule Niederösterreich
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