pts20001012019 Umwelt/Energie, Forschung/Entwicklung

Herz-Kreislauferkrankungen: Der Körper kann sich selbst schützen

Genügende Stickstoffmonoxidproduktion senkt das Risiko


Zürich (pts019/12.10.2000/12:00) Das körpereigene blutbildende Hormon Erythropoietin (EPO) ist verantwortlich für die Bildung von roten Blutkörperchen bei Sauerstoffmangel. In der Medizin wird es zur Behandlung von "Blutarmut" (Anämie) eingesetzt. Auf der anderen Seite ist bekannt, dass Patienten mit hohem Hämatokritwert (erhöhter Volumenanteil roter Blutkörperchen im Blut) ein viel grösseres Risiko für oft auch tödliche Herz-Kreislauferkrankungen haben. Der Körper schützt sich vor diesen mit selbst produziertem Stickstoffmonoxid. Soeben publizierte neuste Forschungsergebnisse aus Zürich beweisen, dass Menschen mit genügender Stickstoffmonoxidproduktion vor solchen Risiken besser geschützt sind.

Ohne Sauerstoff können wir nicht leben. Der in der eingeatmeten Luft vorhandene Sauerstoff ist eine Grundvoraussetzung für die Bereitstellung von Energie in allen Zellen unseres Körpers.

EPO schützt natürlich bei Sauerstoffmangel

Tritt ein Sauerstoffmangelzustand ein, beispielsweise durch das Einatmen sauerstoffarmer Luft im Hochgebirge oder durch unfallbedingten Blutverlust, so ist unser Körper gewappnet: die Nieren produzieren grosse Mengen des blutbildenden Hormons Erythropoietin (EPO). Es wird ins Blut abgegeben. Über die Blutbahn gelangt EPO ins Knochenmark, die Produktionsstätte von roten Blutkörperchen. Dort kurbelt es die Reifung der roten Blutkörperchen an. Diese wiederum sind mit rotem Blutfarbstoff (Hämoglobin) gefüllt. Die Funktion des Hämoglobins besteht darin, die eingeatmeten Sauerstoffmoleküle zu binden und via Blutstrom im Körper zu verteilen. Auf diese Weise werden die Zellen im Körper mit Sauerstoff versorgt.

In der Klinik hat EPO, eines der ersten gentechnologisch hergestellten Medikamente, seinen festen Platz eingenommen. Das Hormon wird häufig eingesetzt bei Patienten mit stark vermindertem Hämoglobingehalt (Anämie), wie bei Patienten mit schweren Nierenerkrankungen, deren eigene EPO-Produktion stark vermindert ist.

Doping im Sport mit EPO ist sehr gefährlich

Leider wird aber häufig bereits bei Gesunden zur EPO-Spritze gegriffen. Unter anderem durch Doping im Radrennsport ist EPO in die negativen Schlagzeilen geraten. Wichtig im Zusammenhang mit der körpereigenen Produktion dieses wichtigen Hormons ist der Volumenanteil von roten Blutkörperchen im Blut (Hämatokrit).

Ein gesunder Mensch hat einen Hämatokritwert von ungefähr 45%, ein Ausdauerathlet einen von knapp 50%. Ein Hämatokritwert von deutlich über 50% weist bei einem gesunden Sportler jedoch verdächtig auf Doping mit EPO hin. Gedopte Sportler wie auch Patienten mit krankhaft erhöhtem Hämatokrit (Polyglobulie) zeigen ab einem Hämatokritwert von über 55% ein deutlich erhöhtes Risiko für Herzkreislaufkomplikationen, insbesondere erhöhten Blutdruck und Durchblutungsstörungen, bis hin zum Schlaganfall.

Vor Herz-Kreislauferkrankungen schützen

Zur Untersuchung der Wirkung von EPO und hohem Hämatokrit auf den Organismus hat die Forschergruppe aus dem Universitätsspital und der Universität Zürich das Erbgut einer Maus gezielt dahingehend verändert, dass die Maus übermässig viel EPO produziert. Dieser erhöhte Gehalt von EPO führt zu einer massiv gesteigerten Produktion von roten Blutkörperchen, zu einer Verdoppelung der Blutmenge und zu einem Anstieg des Hämatokrits von rund 42% bei gesunden Tieren auf etwa 80% bei Mäusen mit verändertem Erbgut.

Die Forscher waren sehr überrascht, dass trotz einer Verdoppelung der Anzahl roter Blutkörperchen und einem Hämatokritwert von 80% (!), diese sog. transgenen Mäuse gesund waren und insbesondere keine Erhöhung des Blutdruckes und der Herzfrequenz zeigten. Die Untersuchung dieser Mäuse zeigte, dass die Blutgefässe der transgenen Mäuse stark erweitert sind.

Die wichtigste körpereigene Substanz, die eine Gefässerweiterung bewirken kann, ist das kurzlebige Gas Stickstoffmonoxid (NO). Es ist nicht nur ein guter Gefässerweiterer, sondern verhindert auch das Gefässzellwachstum und die Bildung von Thromben. In der Tat konnten die Forscher feststellen, dass die Produktion an NO in den Zellen, die die Blutgefässe auskleiden (endotheliale Zellen) stark erhöht ist. Blockiert man die NO-Produktion, so können unsere Tiere nicht mehr adaptieren.

Mit Risikofaktoren weniger Stickstoffmonoxid

Insgesamt zeigen diese Beobachtungen, dass NO eine schützende Rolle im lebenden Organismus ausübt. Insbesondere dann, wenn der Hämatokritwert erhöht ist. Diese Untersuchungen weisen zudem daraufhin, dass Patienten vor EPO (oder Gesunde nach EPO-Doping) und Hämatokrit assozierten Komplikationen geschützt sind, solange ihre Gefässe genügend NO produzieren. Bei Patienten mit Risikofaktoren für Herzkreislauferkrankungen, insbesondere Rauchen, hohes Cholesterin, Diabetes mellitus, hoher Blutdruck und Stress, ist die NO Produktion jedoch stark vermindert. Zudem werden beim Rauchen die Endothelzellen in den Blutgefässen massiv geschädigt. Patienten mit den bekannten Risikofaktoren können eine Erhöhung des Hämatokrit nicht mehr ausgleichen und steigern damit ihr Risiko für Herzkreislaufkomplikationen zusätzlich.

Quelle:

Ruschitzka FT, Noll G, Lüscher TF, Gassmann M:
Nitric Oxide Prevents Cardiovascular Disease and Determines Survival in Polyglobulic Mice Overexpressing Erythropoietin. Proc Natl Acad Sci, USA, Vol 97, 21, p 11609-11613, Oct 10 (2000)

12. Oktober 2000 / 5343 Zeichen

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Dr. med. Frank Ruschitzka
Abteilung Kardiologie
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