Gewerbeverein: Zahlen wir Dank Maastricht und EZB zu hohe Zinsen?
Die Realzinsen für Unternehmer sind in Österreich um 2,9% höher als in Irland
Wien (pts006/29.10.2002/08:30) Insbesondere die Deutschen und die Franzosen steigen wegen deren hohem Realzinsniveau auf die Barrikaden. So bezahlt man etwa in Deutschland um 3,5 Prozent höhere Realzinsen als in Irland - dem Billigstland in der EU. In Österreich zahlt man um 2,9 Prozent mehr als dort. Dies ist krass wettbewerbsverzerrend und in Zeiten der Investitions- und Konsumflaute für den Wirtschaftsstandort Österreich fatal - so der Österreichische Gewerbeverein (ÖGV).
Das Ganze rührt aus einer im Maastricht-Vertrag enthaltenen Klausel aus dem Stabilitäts- und Wachstumspakt, der solide Staatsfinanzen in der EU garantieren soll. Dagegen hat der ÖGV wahrlich nichts einzuwenden.
Allerdings sind die Auswirkungen dieser Regelung für Österreichs Wirtschaft existenziell gefährlich. Es ergeben sich nämlich dadurch von EU-Land zu EU-Land verschiedene Realzinsen. Ökonomen verstehen darunter jenen Zinssatz, den Kreditnehmer, gleichgültig ob Private oder Unternehmer, tatsächlich zu zahlen haben, nachdem der Einfluss der Inflation herausgerechnet wurde.
Im Grund genommen ist die zusammengefasste Botschaft: Wer niedrige Inflationsraten ausweist (Deutschland nach Berechnung der EZB ein Prozent, Österreich 1,6 Prozent), hat entsprechend höhere Realzinsen, da vom EZB-Leitzins (derzeit 3,25 Prozent) jeweils der Prozentsatz der Inflationsrate abgezogen wird. Das mag zwar stabilisierend wirken - verfehlt aber den Zweck.
Volkswirtschaften, wie insbesondere Deutschland, aber natürlich auch Österreich leiden derzeit unter einer beängstigenden Konsum- und damit Investitionsunlust. Sind nun die Zinsen für Unternehmer und Konsumenten hoch, dann wird diese Abstinenz noch verstärkt. Niedrige Inflationsraten sind zwar grundsätzlich zu begrüßen, im Maximalfall zeigen sie aber eine Deflation an. Da gilt es den Konsum zu stimulieren - und nicht wie es die Maastricht-Regelung bewirkt, zu bremsen. Österreich sollte sich daher Deutschland und Frankreich anschließen und eine Änderung der Berechnungsformel verlangen!
Für Unternehmen sind diese gefährlichen Rechenübungen, wie jene des steigenden Realzinses bei sinkender Inflationsrate und Nachfrage ebenso unsinnig, wie ein nicht Maastricht-konformes Euroland-Mitglied mit Strafzahlungen zu belegen - wie etwa Portugal: Man verschlimmert damit das Symptom lediglich!
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