pts20030822004 Bauen/Wohnen, Politik/Recht

Gewerbeverein: Im Feuilleton liest man, wie die Bauordnung ausgetrickst wird

Für rote Bauten wird im roten Wien auf Garagen-Ausgleichsabgabe verzichtet


Wien (pts004/22.08.2003/08:15) Wie man kreativ mit der Wiener Bauordnung umgehen kann, liest man im Feuilleton der deutschen taz. Unzweifelhaft sind die architektonischen Leistungen bei der Wohnhausanlage Sargfabrik - nicht umsonst wurden diese mit dem Adolf-Loos-Architekturpreis ausgezeichnet.

Um alle architektonischen Vorstellungen verwirklichen zu können, bedurfte es jedoch eines Kunstgriffs der Bauherren: Sie definierten die Anlage als "Wohnheim" und waren damit in der Lage, manch hinderliche oder auch kostentreibende Vorgabe der Wiener Bauordnung zu umgehen. So ersparte man sich etwa die obligaten Vorräume und durfte Standardgrößen von Zimmern unterschreiten - zugunsten individueller Lösungen für die künftigen Bewohner.

Auch das Garagengesetz, demzufolge für jede Wohnung ein Abstellplatz zu schaffen ist, schreibt für Wohnheime nur eine zehnprozentige Deckung vor. Drei dieser erforderlichen Garagenplätze wurden in der Sargfabrik als Carsharing-Plätze konzipiert, auf der verbleibenden Stellfläche drängen sich heute die Fahrräder der Bewohner.

Allein der Verzicht auf eine Tiefgarage ermöglichte die Finanzierung zahlreicher Gemeinschaftseinrichtungen. Kein Wunder, sieht doch das Wiener Garagengesetz vor, dass nur dort wo der gesetzlichen Stellplatzverpflichtung nicht entsprochen werden kann, eine Ausgleichsabgabe in Höhe von 8720,74 EUR pro nicht gebauter Garage zu entrichten ist. Wobei ja bei einem Neubau sehr wohl eine teure Tiefgarage zu installieren gewesen wäre!

Im Österreichischen Gewerbeverein (ÖGV) sieht man diese Ungleichbehandlung von "roten" Prestigebauten gegenüber der normalsterblichen Allgemeinheit nicht so lustig, wie Stadtplaner Seiß.

Das vorgeschriebene Mindestmaß bei Raumhöhen beträgt 2,50 Meter - in der Sargfabrik ging man teilweise auf 2,26 Meter herunter, was für Badezimmer und Toiletten völlig ausreicht. Ebenso für Schlafzimmer, die mit dieser Geschosshöhe allerdings als Abstellräume definiert werden mussten.

Echt spaßig und kreativ, ein Wohnhaus als Wohnheim (Modell Wurlitzergasse) zu bezeichnen und die Allgemeinheit um einige 100.000 EUR Stellplatzabgabe zu schießen und noch heiterer, Schlafzimmer in Abstellplätze umzuwidmen - warum wird das nicht jedem Bauherrn zugestanden?

(Ende)
Aussender: Österreichischer Gewerbeverein
Ansprechpartner: Dr. Herwig Kainz
Tel.: 01-587-36/3330
E-Mail: h.kainz@gewerbeverein.at
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