pts20031009010 Unternehmen/Wirtschaft, Politik/Recht

Droht österreichischen Pensionskassen die Pleite?

Neue Studie übt heftige Kritik an der Wirtschaftlichkeit der überbetrieblichen Pensionskassen


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Wien (pts010/09.10.2003/10:00) Eine neue Studie von Mercer Consulting, einem auf Personenvorsorge-Beratung spezialisierten Unternehmen, stellt den österreichischen Pensionskassen ein schlechtes Zeugnis aus. Negative Performances und unprofessionelles Asset Liability Management, gepaart mit fehlenden Geldreserven zur Abfederung von Finanzmarktschwankungen, machen die heimischen Pensionskassen zu veritablen Geldvernichtern, so die Experten.

Nach dem Jahr 2000 legt Mercer HR Consulting nun eine neue Studie zur Situation der überbetrieblichen Pensionskassen vor. Die Experten orten akuten Handlungsbedarf auf mehreren Ebenen.

Zu geringe Eigenkapitalausstattung

Generell verlangt das Pensionskassengesetz, dass jede Pensionskasse im Interesse der Einhaltung ihrer Funktionsfähigkeit über ausreichendes Eigenkapital verfügen muss. Das Mindestgrundkapital beträgt fünf Mio. EUR. Die Mindesteigenkapitalausstattung beträgt 1 % der Summe der Deckungsrückstellungen für alle Veranlagungs- und Risikogemeinschaften (VRG), für die keine Nachschussverpflichtung besteht.

Für die Autoren der Studie hat sich folgendes Bild ergeben: Die Eigenkapitaldecke der Pensionskassen ist äußerst dünn. Nur zwei Kassen haben ein nennenswert höheres Eigenkapital als die vorgeschriebenen 1 %. Vier Pensionskassen liegen nur marginal über der genannten Grenze. Eine Kasse hat die Auskunft schlichtweg verweigert.

Mangelnde Transparenz

Hinsichtlich Auskunftsfreudigkeit kann grundsätzlich gesagt werden, dass "Reden ist Silber, Schweigen ist Gold" die Maxime der heimischen Pensionskassen sein dürfte. Lediglich eine einheitliche monatliche Performancemessung - durchgeführt von der Österreichischen Kontrollbank - gibt bis dato Auskunft, über den aktuellen Veranlagungserfolg der Kassen. Freiwillige Informationsleistungen sind nur mit viel Nachdruck zu erzielen. Ein Umstand, der auch die Durchführung der vorliegenden Studie wesentlich erschwert hat.

Negative Performance

Besonders der Vergleich der Performances aller offenen VRGen der überbetrieblichen Pensionskassen in Österreich zeigt wenig Erfreuliches: Bereits 2001 haben fünf der sieben Pensionskassen eine negative Performance erwirtschaftet. Im Jahr danach konnte dann keine einzige Kasse mehr ein positives Ergebnis erzielen. Diese schlechten Veranlagungsergebnisse bringen entweder massive Nachschussverpflichtungen seitens des Arbeitsgebers bzw. massive Kürzungen für die Pensionsbezieher.

Betrachtet man die Detailergebnisse in Relation zur Haftung der Pensionskassen für einen Mindestanlageerfolg, wurden durch die anhaltend schlechte Kapitalmarktlage beträchtliche Ausgleichszahlungen seitens der Pensionskassen spruchreif. Diese Zahlungen wurden aber durch Novellierung des Pensionskassengesetzes im letzten Moment verhindert.

Die neue Regelung besagt, dass bei Nichterreichen des Mindestertrages nur noch jene Beträge aus Eigenmitteln der Pensionskasse nachgezahlt werden müssen, die zur Finanzierung der Jahrespensionen erforderlich sind.

Des weiteren haben die Pensionskassen nunmehr zur Finanzierung allfälliger Mindestertragsverpflichtungen ab 2003 eine Rücklage zu bilden. Woher die Mittel für die Dotierung dieser Rücklagen allerdings kommen sollen, sagt der Gesetzgeber (noch) nicht.

Asset Allocation Management: Unprofessionell bis gar nicht vorhanden

Ein Vergleich der strategischen Asset Allocation durch Mercer zeigt, dass fast alle überbetrieblichen Pensionskassen trotz der schlechten Aktienmarktentwicklung an ihrer "alten" Veranlagungsstrategie aus 30 % Aktien und 70 % Anleihen festhielten. "Man hätte in dieser schwierigen Zeit basierend auf Asset-Liability-Studien andere Veranlagungsstrategien festlegen müssen. Damit wäre die negative Perfomance-Entwicklung mit großer Wahrscheinlichkeit rechtzeitig aufzuhalten gewesen. Diese Chance wurde von den Pensionskassen bis dato großteils nicht genutzt," so Mag. Michaela Plank, Leiterin der Studie bei Mercer Consulting.

In der Studie zeigt sich auch, dass nur drei Pensionskassen regelmäßige ALM-Studien durchzuführen. Eine Pensionskasse macht fallweise ALM-Studien, drei verzichten gänzlich auf professionelles Asset-Liability-Management. Ein Umdenken in diesem Punkt wird hinsichtlich besserer Performance-Entwicklung von den Experten dringend eingefordert. Ziel sollte auch sein, den Jahresabschluss um die Rechnungslegung zur Finanzlage zu ergänzen. Nur so wäre es möglich, eine solide Grundlage zur Bewertung der einzelnen Pensionskassen zu erhalten.

Fazit: Fehlmanagement und geringe Finanzkraft gefährden Pensionen

Die Experten von Mercer gehen davon aus, dass nur zwei bis drei Pensionskassen "überleben" werden. Sie geben aber Entwarnung: Das Vermögen von Anwartschafts- und Leistungsberechtigen wäre im Falle einer Insolvenz nicht gefährdet.

Dr. Kurt Bednar, Geschäftsführer von Mercer abschließend zu den Ergebnissen der Studie: "Die Studie ist ein Indikator für die Entwicklungen und Veränderungen der Pensionskassen in den letzten Jahren. Sie macht deutlich, dass es praktisch keine Reserven in den Pensionskassen gibt und dies unmittelbare negative Auswirkungen auf das Veranlagungsergebnis hat. Die mangelnde Auskunftsfreude der Pensionskassen macht diesen Umstand nur noch schlimmer. Es besteht also in jeder Hinsicht massiver Handlungsbedarf. Im Sinne der veranlagten Unternehmen und im Sinne einer Sicherung der Pensionen besser heute als morgen."

Weitere Informationen zur vorliegenden Studie bei:

Mercer HR Consulting
Mag. Michaela Plank
Tel. 01/5339766-38
michaela.plank@mercer.com

oder

Agentur comm.in
Mag. Andrea Pfennigbauer
Tel. 01/319 41 01 oder 0676/3770310
a.pfennigbauer@commin.at

Mercer ( http://www.mercerhr.com ) ist weltweit mit 137 Büros in 40 Ländern vertreten. 13.000 MitarbeiterInnen erwirtschafteten 2002 einen Umsatz von 2,1 Mrd. EUR. Mercer Österreich betreibt Standorte in Wien, Graz und Innsbruck (Dornbirn) und konnte 2002 mit 18 Mitarbeitern einen Umsatz von 1,8 Mio. EUR erzielen. Tätigkeitsschwerpunkte liegen im Bereich Employee Benefits (u.a. betriebliche Personenvorsorge, Vergütungsberatung) und Investment Consulting (Optimierung von Pensionskassenverträgen und Veranlagungen).

(Ende)
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