pts20040922012 Unternehmen/Wirtschaft, Politik/Recht

Pensionskassengesetz-Reform: Eine krasse Enttäuschung


Wien (pts012/22.09.2004/10:00) Die vom Finanzministerium unter Zeitdruck ausgearbeitete Mini-Reform des Pensionskassengesetzes (PKG) gilt für Experten als unbrauchbar. Sie fordern: Zurück an den Start.

Am vergangen Freitag endete die Frist zur Begutachtung des Reformentwurfes zum Pensionskassengesetz (PKG). Wie von Experten bereits seit längerem befürchtet, hat der brancheninterne Streit um das Geschäft das Finanzministerium dazu bewogen, den Pensionskassen nur eine Mini-Reform zu verpassen. Die nun vorliegende Novelle kann als "netter Versuch", aber keinesfalls als brauchbare Reform des umstrittenen Pensionskassengesetzes angesehen werden. Um doch noch eine intelligente Umsetzung der EU-Richtlinie in nationales Gesetz zu erzielen und damit auch dem Finanzmarkt Österreich etwas Gutes zu tun, müssten statt ein paar marginalen Schönheitskorrekturen rasch die heißen Eisen wie Mindestertragsrücklage oder Kündigungsfristen ernsthaft angegriffen werden. Dafür fehlte anscheinend bisher nötige Mut oder Reformwille. Aber die Zeit drängt.

Es war vorauszusehen: Seit einem Jahr liegt ein Expertenpapier von Mercer (siehe PDF Datei) - einem auf Pensionskassenlösungen spezialisiertes Beratungsunternehmen - als Forderungskatalog beim Finanzminister (siehe PDF Datei). Mercer ( http://www.mercerhr.at ) macht darin als "Anwalt" seiner Kunden konstruktive Vorschläge für eine intelligente Umsetzung der EU-Pensionsfonds-Richtlinie in nationales Recht und fordert längst überfällige Korrekturen an den Geschäftsgrundlagen der Pensionskassen. Tatsächlich herausgekommen ist nun ein im Schnellschussverfahren vom Finanzminister ausgearbeitetes Reformpapier, das für die Praxis unbrauchbar ist.

Was sind die wesentlichen Inhalte des Entwurfes aus dem Finanzministerium:

Mindestertragsrücklage wird gekappt

Lange brodelt schon die Gerüchteküche, jetzt ist das Menü serviert. Die Kunden der Kassen können auf den Mindestertrag, den die Kasse zu erzielen hätte, verzichten. Vorteil: Der Kunde erspart sich die Bezahlung der Rücklage, welche die Kasse sonst einzuheben berechtigt wäre. Dabei drückt sich der Entwurf aber um viele Fragen, an denen sich die leidgeprüfte Praxis der letzten Monate spießt:

  • Ist die Rücklage eine Versicherungsprämie?
  • Muss die Rücklage wirklich jeder zahlen, egal welche Konstruktion gewählt wurde?
  • Warum legt Grasser noch seine KöSt drauf?
  • Kündigt der Kunde, sollte er eigentlich die Rücklage mitnehmen, da das Risiko nicht mehr schlagend werden kann.
  • Wo ist der Beitrag der Branche, die damals 1990 das große Geschäft witternd auf dieses Thema schlichtweg vergessen hat? Lag also von Beginn an eine Mogelpackung vor?

    Besonders verärgert hat den Markt das Körberlgeld, das sich Grasser über die Besteuerung der Rücklagendotierung holen möchte. Mercer erwartet u.a. auch aus diesem Grund ein Abgehen des Marktes vom Mindestertrag und damit den de facto Wegfall der Rücklage. Hierbei wird sich betriebsintern noch so mancher Streit entfachen. Die Garantie war nämlich ein Sicherheitsnetz, das zugunsten der Arbeitnehmer gespannt gewesen ist.

    EU-Markt: Wieder eine Chance verpasst

    Besonders schade ist die vergebene Chance am europäischen Markt. Seit Monaten weist Mercer darauf hin, dass die Richtlinie der EU die einmalige Chance böte, in anderen (insbesondere neuen) Mitgliedsländern auf Basis der bereits gemachten Erfahrungen Fuß zu fassen. Bei Umsetzung des vorliegenden Entwurfes ist zu erwarten, dass der Finanzplatz Wien sehr wahrscheinlich sogar einige Kassen mit ausländischem Hintergrund verlieren wird.

    Veranlagung - neue Regeln, aber keine Pflicht zu professionellem ALM

    Ebenfalls im Zusammenhang mit der EU steht die Öffnung bei der Veranlagung. So stehen nun nicht mehr quantitative Limite im Vordergrund (z.B. 50 Prozent Aktien als Maximum) sondern die international übliche Prudent Person Rule. Die Auswirkungen werden vorerst marginal sein, zumal erst die Finanzmarktaufsicht (FMA) über Verordnung die bekannten Veranlagungskategorien festsetzen wird. Dabei soll Raum für Innovation bleiben, d.h. neue Produkte sollen über die Kategorie "sonstige Vermögenswerte" ihre Chance erhalten.

    Erfreulich ist, dass die FMA auch über Verordnung Mindeststandards für Risiko-Management publizieren wird. Damit wurde ein Teil einer Mercer-Forderung eingelöst. Nämlich mehr Professionalität in der Veranlagung. Für eine Regelung, dass die Kassen in Zukunft zu professionellem Asset Liability Management verpflichtet sind, um die Ertragssituation zu verbessern, hat es aber leider nicht gereicht.

    Kündigungsrecht - keine Verbesserungen in Sicht

    Bei den rechtlichen Rahmenbedingungen für Kassenkunden wird sich nach der PKG-Novelle nichts ändern. Alle Nachteile bleiben aufrecht. Ein Beispiel:

    Für später auszuzahlende Pensionen hebt die Kasse eigens Kosten ein und stellt sie rück. Kündigt der Kunde die Kasse, sollte zumindest die nicht verbrauchte Rücklage mitgegeben werden. Mangels Vorschrift bedarf es aber mühsamer Verhandlungen, um dieses Recht geltend zu machen.

    Wer die Kasse kündigen möchte, muss im Extremfall an die zwei Jahre mit dem ungeliebten Partner weitermachen. An der Kündigungsfrist von einem Jahr rüttelt der Entwurf überhaupt nicht.

    Herr Finanzminister, mehr Mut zu wirklichen Reformen!

    Noch ist die Frist für die Gestaltung eines brauchbaren Reformpapiers nicht abgelaufen, denn laut EU-Recht muss die innerstaatliche Umsetzung erst spätestens am 15. September 2005 - also ziemlich genau in einem Jahr - erfolgt sein.

    Schon im Vorjahr hat Mercer gemeinsam mit Kunden der Pensionskassen eine Schutzgemeinschaft initiiert. Sie thematisiert in der Öffentlichkeit und in den zuständigen Gremien sachlich die offenkundigen Widersprüche und Mängel der gegenwärtigen Gesetzeslage.

    Kurt Bednar, Mercer Österreich-Geschäftsführer und Initiator der Schutzgemeinschaft fasst es zusammen (siehe Foto): "Bevor sich die Gerüchte bewahrheiten, dass dieses Minimal-Programm bereits so gut wie beschlossen ist, möchten wir die Öffentlichkeit darauf hinweisen, dass wieder einmal am Markt vorbei agiert wird. Nicht die Interessen einzelner Pressure-Groups dürfen bei der Änderung des Gesetzes im Vordergrund stehen, sondern die Absicherung der betrieblichen Pensionssäule. Dieses Ansinnen ist im vorliegenden Entwurf nicht zu erkennen. Mercer fordert deshalb im Namen aller Pensionskassen-Kunden die Abhaltung eines Experten-Hearings im Finanzausschuss des Parlaments. Und mehr Mut des Finanzministers zu einer echten Reform des Pensionskassengesetzes."

    Mercer ( http://www.mercerhr.com ) ist weltweit mit 137 Büros in 40 Ländern vertreten. 13.000 MitarbeiterInnen erwirtschafteten 2002 einen Umsatz von 2,1 Mrd. EUR. Mercer Österreich betreibt Standorte in Wien, Graz und Innsbruck (Dornbirn) und konnte 2002 mit 18 Mitarbeitern einen Umsatz von 1,8 Mio. EUR erzielen. Tätigkeitsschwerpunkte liegen im Bereich Employee Benefits (u.a. betriebliche Personenvorsorge, Vergütungsberatung), Investment Consulting (Optimierung von Pensionskassenverträgen und Veranlagungen) sowie Human Capital ( Vergütungsmodelle, Performancemanagementmessung.

    Weitere Informationen bei:

    Mercer HR Consulting
    Dr. Kurt Bednar
    Tel. 01/5339766
    kurt.bednar@mercer.com
    http://www.mercerhr.at

    oder

    Agentur comm.in
    Mag. Andrea Pfennigbauer
    Tel. 01/319 41 01 oder 0676/3770310
    a.pfennigbauer@commin.at
    http://www.commin.at

    (Ende)
    Aussender: pts - Presseinformation (A)
    Ansprechpartner: Dr. Kurt Bednar
    Tel.: +43-1-5339766
    E-Mail: kurt.bednar@mercer.com
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